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Mosaik

Mosaik

Titel: Mosaik
Autoren: Jeri Taylor
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konnte sie die Verletzungen der beiden Männer behandeln und sie warm halten, bis Rettung kam.
    Die Energie des ringförmigen Sperrstrahls nahm quälend langsam zu: fünfhundertachtzig Megawatt…
    sechshundertneunzig… siebenhundertvierzig… Wertvolle
    Sekunden verstrichen, als sich Kathryn mit ihrer ganzen mentalen Kraft auf die Anzeige konzentrierte, als könnte ihr beschwörender Blick dafür sorgen, daß sie sich schneller veränderte.
    Siebenhundertfünfundsiebzig… siebenhundertneunzig – und endlich waren die achthundert Megawatt erreicht, ermöglichten den Transfer beider Personen. Kathryn verlor keine Zeit, richtete den Fokus aus und deaktivierte den automatischen
    Kontrollvorgang, um einige Millisekunden zu gewinnen,
    aktivierte dann manuell den ringförmigen Sperrstrahl und drehte sich um.
    Der Rumpf des Schiffes war verschwunden, versunken im
    schwarzen Wasser. Ihr Vater und Justin materialisierten nicht neben ihr. Kathryn berührte Schaltflächen, wiederholte die Transferanweisung – es mußte möglich sein, die beiden Männer aus dem Meer zu beamen. Sie modifizierte die Daten, rejustierte den Transferfokus, aktivierte den Sperrstrahl erneut – ohne Erfolg.
    Sie hatte sowohl ihren Vater als auch Justin verloren.
    Wie betäubt stand sie da und starrte zum schwarzen Wasser, das noch immer brodelte und schäumte. Es dauerte eine Weile, bis sie den Schmerz in ihrem gebrochenen Bein bemerkte. Sie stampfte damit auf den Boden und versuchte, eine Agonie zu schaffen, in der sich die Seelenpein verlor.
    Als das unmöglich war, vergrub sie jene Pein so tief in ihrem Innern, daß sie das Leben fortsetzen konnte. Während der nächsten zehn Jahre stieg sie in der Hierarchie von Starfleet auf und wurde zum Captain befördert. Ihre Liebe zu Mark vertiefte sich, und sie schloß Freundschaft mit dem bemerkenswerten Tuvok. Sie bekam das Kommando über die Voyager und wurde mit ihrem Schiff siebzigtausend Lichtjahre weit in den Delta-Quadranten transferiert. Während all dies geschah, ruhte die bittere Wahrheit des Versagens in einem fernen Winkel ihres Selbst, eingekapselt wie ein gefährlicher Krankheitserreger, der ihr den Tod bescheren mochte, wenn er sich frei entfalten konnte.
    Und wie sollte sie sich nun vor ihm schützen? Es war
    unmöglich, die gräßliche Wahrheit noch einmal zu verdrängen und hinter eine verschlossene Tür zu verbannen. Von jetzt an würde sie immer bei ihr sein, sie langsam von innen her zerfressen.
    Nein. Nein, das durfte nicht geschehen. Zu viele Personen hingen von ihr ab, brauchten ihre Kraft und Unerschütterlichkeit.
    Sie durfte ihre Erwartungen nicht enttäuschen.
    Die Erinnerungen mußten irgendwie neutralisiert werden. Dabei handelte es sich nicht um einen bewußten Gedanken, sondern eine intuitive Erkenntnis, die ihrem Bewußtsein entsprang wie Athene dem Haupt des Zeus. Sie konnte sich nur dann von dieser Last befreien, wenn sie Gebrauch davon machte. Immerhin: Die Tür war nun geöffnet und erlaubte es, das Zimmer aufzuräumen.
    Janeway stellte sich vor, die stickige Dunkelheit darin durch Licht und frische Luft zu vertreiben. Der Traum würde sich jetzt bestimmt nicht mehr wiederholen. Es mußte eine Möglichkeit geben, seinen Schmerz in Kraft zu verwandeln.
    Sie stand auf, ohne es bewußt zur Kenntnis zu nehmen, trat zur Navigationsstation, deren Kontrollen von Paris bedient wurden –
    er steuerte das Schiff noch immer von der Sonne fort. Wieviel Zeit war vergangen? Es schien ein halbe Ewigkeit her zu sein, seit sie begonnen hatte, durch die Welt ihrer Erinnerungen zu reisen, doch in Wirklichkeit konnten es nur wenige Sekunden gewesen sein. Die Brückencrew war noch immer damit beschäftigt, Schadensberichte entgegenzunehmen und Reparaturgruppen in den Einsatz zu schicken.
    »Relativgeschwindigkeit null, Mr. Paris«, sagte Janeway, woraufhin der Navigator erstaunt den Kopf drehte.
    »Captain?«
    »Wir lassen die Landegruppe nicht im Stich. Wir fliegen zum Planeten und holen sie zurück.«
    Chakotay näherte sich und runzelte sorgenvoll die Stirn. »Haben Sie einen Plan, Captain?« fragte er.
    Janeway starrte ihn groß an. Nein, sie hatte keinen Plan, nur ihre Entschlossenheit – und damit allein ließ sich das Problem der Tokath nicht lösen. Gab es eine Möglichkeit, den Planeten zu erreichen, ohne einen neuerlichen Angriff zu riskieren?
    Sie spürte die Blicke aller Anwesenden auf sich ruhen. Die Gesichter zeigten Zuversicht – die Männer und Frauen vertrauten
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