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Morton Rhu - Leben und Werk

Morton Rhu - Leben und Werk

Titel: Morton Rhu - Leben und Werk
Autoren: Nicola Bardola
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eine Aufnahme in seine Modelkartei verkaufte, erhärtet sich. Während Shelby, erschüttert im Glauben an ihren Vater, weiter ermittelt, steigert Morton Rhue auf bewährte Art die Spannung: In regelmäßigen Abständen erhält Shelby E-Mails, in denen ihr ein Unbekannter vorwirft, nichts von den Taten ihres Vaters zu ahnen, oder sich hämisch freut, wenn Mr Sloan in der Presse an den Pranger gestellt wird.
    Ich nehme mal an, du hast heute schon nachrichten gesehen. was ist das für ein gefühl, so ein arschloch zum vater zu haben?
    Die schlimmste Erkenntnis für Shelby ist das Geständnis ihres Vaters, Affären mit einigen der Mädchen gehabt zu haben, denen er Hoffnungen auf eine Modelkarriere gemacht hatte (»Sie haben gesagt, dass sie über achtzehn sind.«) . Kirby Sloan zeigt sich reumütig und verspricht, eine Therapie zu beginnen. Er erzählt Shelby von dem Druck, den Wohlstandsansprüchen seiner Frau und vor allem denen seiner Tochter zu genügen, für die bis dahin als eine der Prinzessinnen von Soundview Blackberry, iPad, eigenes Auto und eigener Pool das Selbstverständlichste von der Welt waren. Auch wenn Shelbys Vertrauen in ihn zutiefst erschüttert ist, bietet Rhue den Lesern hier ein zaghaft hoffnungsvolles Vater-Tochter-Szenario.
    Die Herangehensweise an den Showdown schließlich wirkt wie eine gelungene Mischung aus den beiden Vorgängerbänden. Die actionreiche Schlussszene aus »Wish u were dead« wird auf ein packendes Minimum reduziert, dafür fügt der Autor psychologisch-analytische Elemente aus »Blood on my Hands« hinzu.
    So ist die Mörderin zwar eine Serienkillerin mit schwerer Persönlichkeitsstörung, stammt aber aus dem direkten Umfeld der Protagonistin, und ihre Motive werden ausführlich und für die Leser gut nachvollziehbar dargestellt: Shelbys Mutter ist verantwortlich für den Tod der drei Mädchen. Unfähig, die Schuld bei ihrem Mann zu sehen, dessen Treue und Liebe sie sich tagtäglich vorspielte, projizierte sie ihre gesamte Verletzung und Wut auf die jungen Frauen, die einen grausamen Erstickungstod sterben mussten.
    Shelby rettet am Ende schließlich – in der knapp gehaltenen Actionszene – ein viertes Mädchen vor dem gleichen Schicksal. Den finalen Kampf mit der eigenen Mutter meistert Morton Rhue in leisen Tönen:
    Whit war inzwischen wieder zu Bewusstsein gekommen. Er hockte auf dem Weg und betastete stöhnend seinen Kopf. Erschrocken stellte ich fest, dass zwischen seinen Fingern Blut hervorsickerte. Mom saß auf einem Felsen und blickte auf den See hinaus. Es war wie eine Szene aus einem surrealen Film.
    Ich weiß nicht, wie ich es schaffte, nicht heulend zusammenzubrechen, sondern ruhig zu bleiben und die Polizei anzurufen. Wahrscheinlich war es vor allem die Sorge um Whit, die mir die nötige Kraft verlieh.
    Als Shelby später noch einmal ausführlich von der Polizei befragt wird, nutzt das Morton Rhue, um noch ein weiteres moralisches Dilemma zu beleuchten, was sich geradezu aufdrängt, wenn es um Straftaten von geliebten Personen geht.
    Der verhörende Detective schaltet das Aufnahmegerät aus, als Shelby von den Affären ihres Vaters erzählen will:
    »Sie müssen nicht ins Detail gehen, wenn Sie Ihren Vater damit belasten, Shelby.«
    »Ich weiß«, sagte ich leise.
    Er sah mich ernst an. »Hören Sie, Shelby. Mindestens eines der fraglichen Mädchen war zum Zeitpunkt der Begegnung mit Ihrem Vater noch minderjährig. Bevor Sie weitersprechen, möchte ich Sie darauf hinweisen, dass ein sexueller Kontakt mit einem Mädchen unter siebzehn rechtlich als Vergewaltigung gilt. Das ist ein schwerwiegendes Verbrechen, für das Ihr Vater ins Gefängnis kommen könnte. Ich will nur, dass Sie wissen, was Sie tun, bevor Sie sich entscheiden, eine Aussage zu machen.«
    Mir war bewusst, dass ich Dad ernsthaft in Schwierigkeiten bringen konnte. Dass es vielleicht sogar bedeutete, dass er ins Gefängnis kommen würde. Und selbst wenn ihm eine Haftstrafe erspart bliebe, würde seine Karriere als Modefotograf damit unwiderruflich beendet sein.
    Aber dann dachte ich an die Mädchen und an Ashley.
    Und ich machte meine Aussage.
    Dadurch, dass Rhue hier nicht nur Shelby, sondern auch den Detective mit fundierten Argumenten zu Wort kommen lässt, muss man die Szene nicht als Plädoyer für Shelbys Entscheidung verstehen, sondern schlicht als Denkanstoß: Wie sehr dürfen wir unser Urteil mildern, und wie sehr geht das zu Lasten anderer Betroffener, wenn wir die Person, die ein
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