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Morphium

Morphium

Titel: Morphium
Autoren: Agatha Christie
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mangelhafter Orthographie, stand da auf billigem rosa Papier:
     
    Dieß ist eine Waarnung.
    Ich nenne keine Namen, aber Jemand tut Ihrer Tante schön, und wenn Sie nicht aufpassen, komen Sie um alles. Mädels sind sehr schlau, und alte Damen werden weich, wenn Junge sich bei ihnen ei n schmeicheln. Was ich sage, ist, Sie sollten herkomen und selbst schauen, was vorgeht, es ist nicht recht, dass Sie und der junge Herr um das komen, was Ihnen zusteht – und sie ist sehr schlau, und die alte Dame kann plöt z lich wegsein.
    Gut Freund.
     
    Elinor starrte noch immer mit Widerwillen auf dieses Schreiben, als sich die Tür öffnete. Das Mädchen meldete »Mr Welman«, und Roddy trat ein.
    Roddy! Wie immer, wenn sie Roddy sah, empfand Elinor einen leichten Schwindel, eine plötzliche Freude, ein Gefühl, das sie zwang, betont sachlich und unbewegt zu erscheinen. Weil so völlig klar war, dass Roddy, obwohl er sie liebte, doch nicht dieselben heftigen Gefühle für sie hegte wie sie für ihn. Bei seinem Anblick pochte ihr Herz so stark, dass es beinahe schmerzte. Lächerlich, dass ein Mann – ja, ein vollkommen gewöhnlicher junger Mann imstande sein sollte, einem das anzutun! Dass sein bloßer Anblick bewirkte, dass sich alles um einen drehte, dass man beim Klang seiner Stimme – nur ein klein wenig hätte weinen mögen… Liebe sollte doch eine freudige Empfindung sein – nicht etwas, das einem so schrecklich wehtat…
    Eines war klar: Man musste sehr auf der Hut sein, um nur ja recht ungezwungen und kühl zu wirken. Die Männer mochten Hingabe und Anbetung nicht. Roddy ganz bestimmt nicht.
    Sie sagte leichthin:
    »Hallo, Roddy!«
    »Hallo, Liebling. Du schaust ja ganz tragisch drein. Eine Rechnung?«
    Elinor schüttelte den Kopf.
    »Es ist ziemlich abscheulich. Ein anonymer Brief.«
    Roddys Augenbrauen hoben sich.
    Elinor wiederholte:
    »Es ist ziemlich abscheulich… wahrscheinlich ist es am besten, wenn ich ihn gleich zerreiße.«
    Roddy und anonyme Briefe waren zwei Dinge, die nichts miteinander zu tun haben sollten. Sie hätte den Wisch fortwerfen und einfach vergessen können. Roddy hätte sie nicht daran gehindert. Sein Widerwille gegen derlei war bei Weitem stärker als seine Neugier.
    Doch plötzlich entschied sie sich anders.
    »Vielleicht solltest du ihn doch erst lesen. Dann wollen wir ihn verbrennen. Es geht um Tante Laura.«
    Roddy zeigte sich erstaunt.
    »Tante Laura?«
    Er nahm den Brief, las ihn, runzelte angeekelt die Stirn und gab ihn zurück.
    »Ja«, sagte er, »am besten verbrennen! Wie merkwürdig manche Leute doch sind!«
    »Einer von der Dienerschaft – was meinst du?«
    »Vermutlich.« Er zögerte. »Ich möchte wissen, wer – wer die Person ist – die da erwähnt wird?«
    Elinor erwiderte nachdenklich:
    »Es muss Mary Gerrard sein.«
    Roddy zog die Stirn noch krauser und dachte nach.
    »Mary Gerrard? Wer ist das?«
    »Die Tochter der Leute im Pförtnerhaus. Du musst dich doch an sie erinnern! Tante Laura hatte sie immer recht gern. Sie zahlte für ihre Schule und Extra-Unterricht – Klavierstunden, Französisch und anderes.«
    »Ach ja, jetzt erinnere ich mich: ein mageres Ding, nur Arme und Beine, mit einer Menge wirrem blondem Haar.«
    Elinor nickte.
    »Ja, du hast sie wahrscheinlich schon ewig nicht mehr gesehen. Du warst natürlich nicht so oft in Hunterbury wie ich.«
    »Wie sieht sie jetzt aus?«, fragte Roddy.
    »Sie ist sehr hübsch geworden, hat gute Manieren und so weiter. Man würde sie nie für die Tochter des alten Gerrard halten.«
    »Ganz Dame geworden, wie?«
    »Ja. Ich glaube, deshalb vertragen sie sich im Pförtnerhaus auch nicht gut. Mrs Gerrard ist doch vor einigen Jahren gestorben, und Mary und ihr Vater kommen überhaupt nicht miteinander aus. Er verhöhnt sie wegen ihrer Erziehung und ihrer feinen Manieren… Sie ist vermutlich wirklich viel im Haus… Ich weiß, sie liest Tante Laura seit deren Schlaganfall vor.«
    »Warum kann ihr die Pflegerin nicht vorlesen?«
    »Schwester O’Brien hat einen irischen Akzent, der einem durch Mark und Bein geht! Ich wundere mich nicht, dass Tante Laura Mary vorzieht.«
    Roddy ging ein paar Minuten nervös im Zimmer auf und ab. Dann sagte er:
    »Weißt du, Elinor, ich glaube, wir sollten hinfahren.«
    »Wegen diesem da –?«
    »Nein, nein, durchaus nicht… ach, hol’s der Teufel, man muss ehrlich sein, nun ja! Gemein, wie die Mitteilung ist, ein Fünkchen Wahrheit mag drinstecken. Ich meine, die alte Frau ist recht krank –
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