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Morgenstadt - wie wir morgen leben

Morgenstadt - wie wir morgen leben

Titel: Morgenstadt - wie wir morgen leben
Autoren: Hans-Joerg Bullinger
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zweite große Standbein der Wärmeversorgung in der Morgenstadt werden Blockheizkraftwerke (BHKW) sein. Es handelt sich dabei um Verbrennungsmotoren auf Erdgas-, Biogas- oder Dieselbasis, wie man sie auch in Autos und Lkws findet. Stellt man sie in Siedlungen auf und verbindet sie mit einem Generator, erzeugen sie rund ein Drittel Strom und zwei Drittel Wärme. Fachleute nennen das Kraft-Wärme-Kopplung (KWK). Mit Biogas betrieben belastet sie die CO 2 -Bilanz nicht. Heute werden die Geräte im Allgemeinen so gesteuert, dass sie ausreichend Wärme erzeugen. Der dabei gleichzeitig entstehende Strom genügt jedoch nicht, um den Verbraucher vollständig zu versorgen, dieser holt sich den Rest aus dem öffentlichen Netz.
    In der Morgenstadt hingegen könnten die BHKW neben der Erzeugung einer gewissen Wärmegrundlast vor allem dann laufen, wenn Wind und Sonne gerade nicht ausreichen, um den nötigen Strom zu beschaffen: Sie füllen zu diesen Zeiten die entstehende Stromlücke. Die dabei automatisch parallel anfallende Überschusswärme wird entweder per Nahwärme an Verbraucher verteilt, die gerade Bedarf haben, oder gespeichert. Im umgekehrten Fall, nämlich dann, wenn momentan zu viel Strom im Netz angeboten wird, kann man die BHKW abschalten und elektrische Wärmepumpen anwerfen, die den Strom verbrauchen, Wärme erzeugen und ebenfalls Speicher aufheizen. „Die Kombination aus Blockheizkraftwerken und elektrischen Wärmepumpen hat also zwei Vorteile“, sagt Schmid: „Sie stabilisiert die Stromnetze und sorgt für die nötige Wärme.“
    Wenn es darum geht, Wärme nachhaltig zu erzeugen und geschickt zu verteilen, ist Dänemark ein Vorreiter. Es hat sich noch ehrgeiziger als Deutschland das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2050 seinen gesamten Strom aus erneuerbaren Quellen zu erzeugen. Außerdem soll zu diesem Zeitpunkt die solare Wärme 40 Prozent des Gesamtbedarfs decken. Zu diesem Zweck sind seit 2003 im ganzen Land 22 kleine und mittlere Sonnenkollektor-Felder entstanden, mindestens ebenso viele sind in Planung. Sie versorgen Haushalte und Industrie mit Warmwasser zu einem relativ günstigen Preis.
    Überschüsse speichert man in saisonalen Speichern, die Wärme vom Sommer in die kalte Jahreszeit retten. Dabei handelt es sich häufig um einfache Wasserbecken, die ohne Isolation zum Erdreich angelegt sind und einige Tausend Kubikmeter fassen. Eineetwa 10 Meter tiefe, flache Grube wird mit Folie nach unten abgedichtet, erhält einen Zu- und einen Ablauf und wird nach oben mit einer rund 50 Zentimeter dicken Gasbetonschicht und diversen Folien isoliert. Die Investitionskosten liegen bei rund 20 Euro pro Kubikmeter. 24
    Die Wasserbecken werden immer dann direkt aufgeheizt, wenn Sonnenwärme zur Verfügung steht, außerdem mit einer elektrischen Wärmepumpe, wenn Überschüsse aus Windstrom vorhanden sind. Reicht beides nicht aus, kann mit Bioenergie nachgeheizt werden. 25
    In der Morgenstadt wären derartige Wärmespeicher wohl zu flächenintensiv. Dort wird man sie eher in Form von Tanks unter der Erde anlegen. Bei der intelligenten Kombination von Sonnenwärme, Windstrom und Biomasse für städtische Quartiere lässt sich aber durchaus von den dänischen Erfahrungen profitieren. So wurde 2007 die Münchner Neubausiedlung „Am Ackermannbogen“, die 320 Wohnungen umfasst, mit 2900 Quadratmetern Sonnenkollektoren, einer 560-Kilowatt-Wärmepumpe und einem unterirdischen Wärmespeicher von 5700 Kubikmetern Wasser ausgerüstet. Die Heizung des Quartiers wird über ein Leitungsnetz aus dem großem Saisonalspeicher gespeist, dessen Wasserinhalt sich im Sommer auf ca. 90 Grad aufheizt. Im Winter wird dann umgekehrt die Wärme aus dem Becken entnommen und in die Wohngebäude transportiert. Bis in den Januar hinein kann die Siedlung komplett aus dem Speicher versorgt werden. Dann übernimmt die Fernwärme der Stadtwerke die Versorgung, die auch eine Reservefunktion gewährleistet 26 .
    Das Speichermedium muss aber nicht unbedingt Wasser sein. Auch andere Arten von Wärmespeichern werden derzeit erforscht. Welche Art sich letztlich durchsetzen wird, lässt sich heute noch nicht sagen. In Frage kommen sowohl Latentwärmespeicher als auch chemische oder thermochemische Speicher. Sie haben zum Teil wesentlich höhere Speicherkapazitäten als Wasser, sind aber heute noch sehr teuer. Auch viele technische Probleme der Be- und Entladung sind heute noch nicht gelöst. Für die Zukunft bieten sie jedoch vielfältige Optionen.
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