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Morgenrot

Morgenrot

Titel: Morgenrot
Autoren: Tanja Heitmann
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nachdem der Kollektor fast seine ganze Sammlung eingebüßt hat. Solch ein schwerer Schlag, und er sträubt sich hier so widerborstig. Trotz, jawohl!«
    »Wir können ruhig hier stehen bleiben und diskutieren, bis uns das Wasser eingeholt hat. Für mich führt sowieso kein Weg mehr nach draußen.«
    »Ihm ist schwindelig«, ließ der Kollektor mit bebender Stimme verlauten. Es folgten ein Ächzen und ein Geräusch, als wäre jemand unsanft auf den Boden aufgeschlagen.
    Adam nahm diese Worte als Startzeichen und überwand die letzte Distanz so behände, dass Leas Augen ihm kaum zu folgen vermochten. Abgehängt!, dachte sie und setzte ihm sogleich nach.
    Als sie sich über die Kante stemmte, musste Adam gerade von Randolf mit aller Kraft zurückgestoßen worden sein. Der Riese machte zwar einen angeschlagenen Eindruck - den linken Arm hielt er fest an den Körper gepresst und auch sein Stand wirkte unsicher -, dennoch ging er in eine Abwehrhaltung über. Nur sein Gesicht blieb seltsam ausdruckslos, als kümmere ihn der bevorstehende Kampf nicht länger.
    Adam fing sich sofort wieder und begann Randolf zu umkreisen. Anstatt sich ausschließlich auf seinen Gegner zu konzentrieren, flog Adams Blick immer wieder zu dem Stahlkäfig hinüber, der einladend an einem Aufzugsseil baumelte, das in einen engen, dunklen Schacht führte.
    Leas Augen hingegen blieben an Agatha hängen, die, lediglich mit einem transparenten Camisole und einem mit Rüschen besetzten Höschen bekleidet, die Wände abtastete. Es war ihr ein einziges Rätsel, wie dieses verhuschte Geschöpf auf den kompliziert geschnürten Wedges halten konnte - und das auch noch auf unebenem Grund. Wie gewohnt, kümmerte sich Agatha herzlich wenig um ihre Umgebung. Eigentlich gehörte sie mit ihrem entrückten Gesichtsausdruck in das Ambiente einer dieser Science-Fiction-Serien aus den 60er-Jahren, dachte Lea.
    »Gerade erst geliefert«, erklärte der Kollektor, der auf einem Vorsprung saß. Kurz deutete er mit seinem Fächer auf Agatha, dann fächelte er sich wieder Luft damit zu. Genau wie sein neuestes Objekt beeindruckte ihn der gerade eröffnete Zweikampf der beiden Männer, der nur ein paar Schritte von ihm entfernt stattfand, nicht sonderlich.
    »Hat Randolf einiges gekostet, seine Hand an dieses Prachtexemplar zu legen. Hätte der Tiger ruhig einmal darauf hinweisen können, dass ein passendes Gegenstück existiert, und noch dazu solch ein wehrhaftes. Exemplare, die einander durch Erkennen zugetan sind, sind bekanntlich nur schwierig zu trennen. Nun, der gute Randolf hat das Problem mit der anderen Hälfte des Objekts auf seine Weise gelöst, so dass der Kollektor sich darüber nun nicht mehr den Kopf zerbrechen muss. Jammerschade.« Er seufzte ergeben, während Agatha urplötzlich eine kunstvolle Pirouette drehte. »Nun, zumindest war es das wert.« Mit betont langsamen Bewegungen richtete Lea sich auf und ging in Richtung des schmalen Stahlkorbs, darauf bedacht, Agathas selbstversunkene Kreise nicht zu stören. Unterdessen hatte Randolf einen fluchenden Adam zu fassen gekriegt und schlug dessen Kopf mehrere Male gegen die Felswand. Bei diesem Anblick änderte Lea augenblicklich ihre Laufrichtung, um Adam zu Hilfe zu eilen, bis das Dröhnen eines Schusses sie unvermittelt zum Stehen brachte.
    Der Kollektor hatte den Fächer auf den Knien abgelegt und hielt nun eine kleine altertümliche Waffe in der Hand. »Hübsches Stück, nicht wahr?«, sagte er angesichts Leas nachdenklicher Miene, die Augen erfüllt mit Besitzerstolz. »Gehörte einst Maman, sie hatte eine Schwäche für derartige Apparaturen.«
    »Das ist keine gute Idee mit der Schießerei«, sagte Randolf und zog tatsächlich die Stirn kraus. Er ließ Adam los, der benommen in sich zusammensackte und den Oberkörper auf den Oberschenkel sinken ließ. »Die Detonation ist zu laut. Das nächste Beben könnte den Schacht verschütten.«
    »Schwarzseher«, entgegnete der Kollektor und winkte müde ab. »Nun schnappe er sich endlich das Objekt, und dann möge es aufwärtsgehen.«
    Randolf zuckte gleichgültig mit den Schultern, um im nächsten Moment ein schmerzerfülltes Stöhnen zwischen den Zähnen hindurchzupressen. Offensichtlich hatte es ihm Macavity wirklich nicht leicht gemacht, ihm sein Spielzeug wegzunehmen.
    Auf das Schmerzgeräusch reagierte Agatha wie auf ein Codewort: Mitten in der Bewegung fror sie die Pirouetten ein und verharrte wie ein Gefahr witterndes Reh. Ihre leeren Augen betrachteten
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