Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Morgen wirst du sterben

Morgen wirst du sterben

Titel: Morgen wirst du sterben
Autoren: Gina Mayer
Vom Netzwerk:
starrte sorgenvoll in den Innenhof.
    »Kannst du kochen?«, fragte Christian.
    »Ob ich … was? Natürlich kann ich kochen. Sehr gut sogar.«
    »Dann machen wir einen Deal. Ich bau dir deine Küche auf. Bin ja jetzt im Schwung, sozusagen. Und du kochst mir dafür ein geiles Essen. Drei Gänge, Wein, Kerzenlicht, der ganze Zauber. Wär das okay?«
    Julie zögerte. Der erste Teil der Abmachung war großartig. Wenn Christian ihr die Küche aufbaute, konnte sie dem teuren Küchenmonteur wieder absagen und sparte locker zweihundert Euro. Aber die Gegenleistung. Ein Candle-Light-Dinner mit Christian, dem Gutmenschen? Und wenn er sich danach Hoffnungen auf mehr machte und ihr nicht mehr von der Pelle rückte? Das konnte ganz schön lästig werden, immerhin wohnten sie im selben Haus.
    »Hey«, sagte Christian. »Ich will dich nicht anmachen oder so. Ich lebe nur seit Wochen von Pizza und Gyros. Meinetwegen können wir die Kerzen auch weglassen. Hauptsache, ein gutes Essen.«
    Das klang schon besser. Mehr als ein Dinner zu zweit war nämlich wirklich nicht drin, da war sich Julie ganz sicher.
    »Für mich ist der Deal super«, sagte sie. »Ich koch nämlich wirklich gerne. Aber bist du dir sicher, dass du dir den Stress mit der Küche wirklich noch mal antun willst?«
    »Für ein Drei-Gänge-Menü tu ich alles.«
    »Vier«, sagte Julie. »Ich mach dir sogar vier.«
    Christian schwitzte. Natürlich hatte Julie den Raum nicht richtig ausgemessen. Die Arbeitsplatte war viel zu lang und ein Schrank musste gegen einen schmaleren ausgetauscht werden.
    »Du fährst zu IKEA und regelst das mit dem Schrank«, sagte Christian. »Und ich leih uns im Baumarkt eine Stichsäge aus. Das kriegen wir schon hin.«
    Er brachte auch noch ein paar Bretter mit und zimmerte ihr ein Weinregal, das genau in den Leerraum passte, der zwischen Tür und Wand entstanden war.
    »Wow!«, sagte Julie. »Woher kannst du so was?«
    »Liegt mir im Blut«, erklärte er. »So wie dir das Theaterspielen. Erzähl mir doch mal von der Aufnahmeprüfung. Was musstest du denn machen?«
    »Ich habe einen Monolog aus Der Widerspenstigen Zähmung vorgetragen. Das hat den Prüfern offensichtlich so gut gefallen, dass sie mich in die zweite Runde gelassen haben. Da musste ich dann einen Dialog zwischen Faust und Gretchen spielen.«
    »Du als Gretchen«, sagte Christian. »Kann man sich schlecht vorstellen.«
    »Ich war ja auch nicht Gretchen. Ich hab den Faust gespielt.«
    »Haha. Wie bist du denn darauf gekommen?«
    »Ist doch die viel interessantere Rolle. Ich hab das Ganze als lesbische Tragödie angelegt, eine bescheuerte Idee. Aber immerhin fanden die Prüfer mich so interessant, dass sie mich noch eine Runde weitergelassen haben. Das war echt blöd.«
    »Hä? Wieso war das blöd?«
    »Ich hatte keine dritte Szene vorbereitet. Ich hatte doch nicht im Traum daran gedacht, dass ich so weit komme.«
    »Und? Was hast du gemacht? Geheult?«
    »Nee, ich hab ein Lied gesungen.«
    »Paranoia« hatte sie gesungen, weil es das einzige Lied war, das sie auswendig konnte. »Paranoia«, das Lied, mit dem ihre Mutter erfolgreich gewesen war, bevor Julie ihr einen Strich durch die Rechnung ihres Lebens gemacht hatte. Julie hatte Marianne nie erzählt, dass sie die Aufnahmeprüfung ausgerechnet mit ihrem Lied bestanden hatte. Sie hatte es niemandem erzählt. Die Jury hatte sich ja auch nicht wegen, sondern trotz des Liedes für Julie entschieden.
    »Das Stück ist total grausam«, hatte einer der Prüfer hinterher gesagt. »Aber du hast Potenzial.«
    »Also, ich find das grandios«, sagte Christian. »Dass du dich das traust. Dich einfach hinzustellen und loszusingen. Ich würde mir vor Aufregung in die Hose pissen.«
    »Da ist doch nichts dabei. Du baust aus ein paar Brettern und Platten eine Küche auf. Das ist tausendmal komplizierter.«
    »Die Küche schraubt dir jeder Idiot zusammen. Mit ein bisschen Geduld hättest du das auch selber hingekriegt. Aber Theater spielen, das kann nicht jeder.«
    Wie er sie jetzt ansah. So warm und sehnsüchtig. Alarmstufe Rot, dachte Julie. Wenn ich nicht höllisch aufpasse, wird das richtig kompliziert.
    »An der Ecke ist ein Starbucks«, sagte sie laut. »Ich hol uns mal zwei Latte. Die Nescafé-Plörre kommt mir schon zu den Ohren raus.«
    Warmes Spargelgemüse mit Hähnchenbrustfilet an Tomatenvinaigrette
    Basilikum-Rucola-Salat mit Erdbeeren
    Lammfilet auf Knoblauchpüree mit gebackener Zucchiniblüte
    Avocado-Himbeer-Tarte
    Das Menü hatte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher