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Morgen letzter Tag!

Morgen letzter Tag!

Titel: Morgen letzter Tag!
Autoren: C Süß
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eine empirische Grundlage zur Überprüfung der prophetischen Gabe des Propheten, und die machte ihn nicht glaubwürdiger. Da könnte man, selbst ganz Prophet, Enttäuschung bei den Finalophilen prognostizieren und deswegen eine Abwanderung der Anhängerschar vorhersehen. Aber das Gegenteil war der Fall! Die Gemeinde wurde größer.
    Jetzt werden Sie sagen, mei, halt noch ein paar Deppen mehr. Die Weltbevölkerung wächst, da braucht man sich nicht zu wundern, wenn es auch mehr Deppen gibt. Sicher. Aber das ganze muntere Reden von der Endzeit hat eine nicht zu kleine theologische und politische Bedeutung. Dazu später mehr.
    Zunächst aber eine kleine, total unvollständige Liste der Weltuntergangstermine, die die himmlischen Protagonisten Vater, Sohn und Geist nicht wahrgenommen haben:
    Das erste Jahrhundert schenken wir uns, da erwartete man zum Frühstück die Wiederkunft des Herrn, zum Mittagessen, zum Kaffee und zum Abendbrot. Und wenn’s nix war, dann halt am nächsten Morgen oder noch im Lauf der Nacht. Dann kühlte sich die Endzeit-now-Begeisterung doch ein wenig ab, und es mussten » begründete« Vorschläge gemacht werden.
    1 . Versuch
    Im 2 . Jahrhundert n. Chr. sah der Prophet Montanus das nahende Ende, weil der Geist über ihn gekommen war. Das veranlasste später die Kirche, die Besitzverhältnisse am » Geist« ein für alle Mal zu klären. Ergebnis: Der Heilige Geist gehört nur der Kirche. Propheten von außerhalb der heiligen Mutter Kirche können aus Prinzip nicht vom Geist beseelt sein. Deswegen blieb das Ende wohl auch aus. Die letzte Erwähnung finden die Montanisten im Jahr 714 , da verbrennt sich einer der Anhänger der Lehre selbst. Und da ja jeder Mensch eine kleine Welt für sich darstellt, endete sie also doch in diesem Jahr, für den armen Mann im Feuer. Grausig.
    2 . Versuch
    Der nächste sichere Termin war auf das Jahr 500 angesetzt, da man errechnet hatte, dass die Welt 5500 v. Chr. erschaffen wurde (ein Montag vermutlich). Und da man davon ausging, ihr Haltbarkeitsdatum würde nach 600 0 Jahren enden, sollte sie deswegen ordnungsgemäß im Jahr 500 vom Herrn aus dem Weltregal genommen werden. Aber wie bei so vielen Sachen war auch die Welt noch nach Ablauf der Haltbarkeit zu gebrauchen. Anschließend besann man sich und datierte die Erschaffung der Welt auf das Jahr 5200 v. Chr. vor. Also sollte es im Jahr 800 so weit sein. Ergebnis siehe oben.
    3 . Versuch
    Der Hammer-Termin schlechthin war freilich der 31 . 12 . 999 , da musste es klappen. Immerhin ist die Zahl 999 , wenn man sie auf den Kopf stellt, 666 . Und 1000 Jahre sind dann auch vorbei. Also an sich eine klare Sache. Das verkündete auch Papst Silvester II . Also, Papst Silvester verkündete an Silvester, dass das nun das letzte Silvester sein würde. Nach dem Riesenfeuerwerk würde der 1 . Januar nicht mehr stattfinden– mangels Welt. Das löste eine europaweite Hysterie aus. Als man dann am 1 . Januar aber doch wieder mit Kopfschmerzen erwachte, meinte der Papst klug, die Welt sei aufgrund seiner Gebete doch noch mal verschont worden. (Das Silvesterfest bekam seinen Namen allerdings von Papst Silvester I., der am 31 . 12 . 335 verstorben war.)
    4 . Versuch
    Als Nächstes war das Jahr 1000 freilich ein heißer Termin, weil » Millennium«. Das Jahr 1033 aber auch, weil Jesus, wie man ja weiß, 33 Jahre alt geworden war. 1000 Jahre nach dessen Tod müsste doch nun aber wirklich… Nein, wieder nichts.
    Im 10 . und 11 . Jahrhundert häuften sich die Zeichen. Immer wieder sahen Astrologen neue helle Sterne, die wir Ungläubigen heute als explodierende Supernovae deuten würden, oder der Halley’sche Komet kam wieder mal vorbei. Alles klare Zeichen für das Weltende. Und nicht die einzigen. Hartmann Schedel berichtet in seiner berühmten » Weltchronik 1493« über den betreffenden Zeitraum von der Geburt eines vierfüßigen Huhns. Außerdem wurde ein Schwein mit menschlichem Gesicht geboren. (Das ist danach allerdings auch noch öfter vorgekommen.) Und ein Junge kam mit Hundeleib zur Welt. (Das gab’s hoffentlich danach nie mehr. Könnte jedoch bald wieder so weit sein, wenn jemand dem unheimlich kreativen Genforscher Craig Venter von der Geschichte erzählt.) Und Blut geregnet hat es auch. Dennoch ließ der Herr die verschiedenen von Experten vorgeschlagenen Termine für das Weltende ungenutzt verstreichen.
    5 . Versuch
    Die Drei-Zeiten-Lehre von Abt Joachim von Fiore teilt das Dasein in drei Phasen: 1 . Die Zeit des
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