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Morgen letzter Tag!

Morgen letzter Tag!

Titel: Morgen letzter Tag!
Autoren: C Süß
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Freude. Aber er hat sich in den Menschen getäuscht, weil er sie nicht versteht. Denn die Menschen, jetzt mit Leiden und Sehnsüchten ausgestattet, sterben nach einer Generation aus. Ihre Analyse eines absurden Daseins im Zustand von Ohnmacht und Tod verbietet es rationalen Wesen wie ihnen, Nachkommen in die Welt zu setzen. Einige begehen auch Selbstmord. Kurz, Zeus hat zwar gewonnen, die (eingebildete) Bedrohung Menschheit ist beseitigt, aber dafür ist ihm wieder kreuzfad.
    Und er hat Prometheus vergessen. Der lässt sich nicht entmutigen und erschafft die Menschheit erneut. Und um sie gegen die Angriffe von Zeus zu wappnen, macht er sie noch rationaler und logischer als vorher. Zeus schickt also wiederum Pandora, das Ganze wiederholt sich. Nur der Untergang der Menschheit geht noch schneller. Als die noch rationaleren Menschen ihre Situation begreifen, begehen diesmal alle sofort Selbstmord. Aber die Götter sind grausam. Titanen auch. Prometheus erschafft erneut. Zeus schickt wieder Pandora, die Menschen sterben. Endlos. Wieder und wieder. Unendlich gleich, unendlich langweilig.
    Schließlich beschließt Zeus, etwas gänzlich Ungewöhnliches zu tun. Er denkt nach. Das hatte er bislang noch nie getan, sondern war immer nur seinen vagen und für ihn an sich bedeutungslosen Impulsen gefolgt. Doch sein einziges Problem, das er tatsächlich hat, ist die Langeweile. Er hat ein Ich. Vage, verblasen, aber es ist da. Und dieses Ich steht vor der unlösbaren Aufgabe, mit der Ewigkeit fertig zu werden. Sie ist nicht zu füllen. Die Ödnis seines Daseins ist nicht auszuhalten. Man könnte sich in einen Berg verwandeln, um dann langsam zu erodieren. Aber so richtig sexy klingt das auch nicht. Eigentlich will er mit den Menschen spielen. Wenn sie so verzweifelt sind, das gefällt ihm. Auch wenn er nicht versteht warum, aber er fühlt, dass diese Verzweiflung noch immer besser und erstrebenswerter ist als die ewige Nutzlosigkeit der Götter. Wenn sie nur nicht immer gleich aussterben würden. Dann wären sie noch viel unterhaltsamer.
    Er würde ihnen also etwas geben, das sie im Dasein hält. Nur was? Hatte er nicht schon alles versucht? Hatte er in die Büchse der Allesgeberin nicht auch längst die Ekstase, den Taumel und die Lust gepackt? Das hatte zwar dafür gesorgt, dass die Menschen sich in einem wilden Spektakel der Lust zu Tode brachten, aber die verfluchte Vernünftigkeit, die Prometheus ihnen eingebaut hatte, sorgte dennoch immer dafür, dass sie keine Nachkommen zeugten. Als Zeus dann noch den Hass und die Verantwortungslosigkeit und die Mordlust dazugab, zeugten zwar einige, aber die Kinder hatten in der Ego-Gesellschaft, die sich jetzt gebildet hatte, keine Chance, Teenager zu werden. Also was tun? Es musste etwas sein, das rational und irrational zugleich wäre. Etwas, das die Menschen im Leben hält und das Werden und Vergehen bejahen lässt, sogar dann, wenn alle vernünftigen Argumente dagegen sprechen.
    Schließlich kommt er auf den rettenden Gedanken und packt die Hoffnung in die Büchse.
    Das Ergebnis: Die Menschheit bleibt und gedeiht, obwohl sie leidet und stirbt, von Geburt an. Sein Meisterstück. Jetzt wird er sich an ihnen erfreuen und lernen, wie es ist, im Jetzt zu sein und die Ewigkeit einen Augenblick zu vergessen.
    Die Menschen jedoch werden ebenfalls kreativ. Um ihr Los auszuhalten, erfinden sie etwas, das die Götter niemals verstehen werden. Etwas, das vielleicht nicht völlig losgelöst von der Biologie, aber dennoch nur locker verbunden mit deren Zwängen ist. Etwas, das einen über die Leidenschaften, die Götter und das Schicksal stellt und dabei doch immer die Endlichkeit und Grausamkeit des Daseins bejaht:
    Den Humor.
    » What are days for?
    To wake us up
    To put between the endless nights…«
    Laurie Anderson

Dank
    Vielen Dank für wertvolle Gespräche voll von Hinweisen und Inspirationen, für das Abhören von endlosen Monologen, für gute Witze und das Bewahrtwerden vor schlechten: an Prof. Harald Lesch, Prof. Harald Welzer, Fritz Glunk, Felix Zeltner, Michael Rieser, Anette Kunstmann. Besonderer Dank geht an Britta Egetemeier, die dem Wortschwall Struktur verlieh, und freilich Dagmar, Dagmar, Dagmar… für alles.
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