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Morgen letzter Tag!

Morgen letzter Tag!

Titel: Morgen letzter Tag!
Autoren: C Süß
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Götter der Griechen hatten nichts Besseres zu tun, als sich unablässig gegenseitig zu begatten, zu betrügen oder sich mit Gebirgen zu bewerfen. Diese völlig irrationale Ader, die die Griechen ihren Göttern angedichtet hatten, sollte wohl erklären, warum sich die Welt um sie herum ständig so wahnsinnig verhielt. Warum ist mein Vetter bei einem Erdbeben umgekommen, wo er doch an sich ein netter Kerl war? Warum ist meine Schwester von einem Blitz erschlagen worden, als sie Schafe hüten war? Da man noch kein Konzept von sich verschiebenden Kontinentalplatten und Elektrizität hatte, musste man alle unerklärlichen Phänomene auf die Götter schieben. Ob Sturmkatastrophe, verhagelte Ernte, Steinschlag auf der Ziegenalm, Erektionsschwäche oder Blindheit nach Ouzo-Genuss. Alles Launen von Göttern, die einfach machten, was ihnen gerade in den Sinn kam. Manchmal waren sie auch gnädig, dann hatte man Glück. Aber manchmal eben nicht. Warum genau man sie erzürnt hatte, wusste man nicht, aber man merkte es immer. Die Griechen als Erfinder der Logik konnten sich eben keinen gütigen und allmächtigen Gott vorstellen, der aber dennoch Unheil zulässt, was einem dann anschließend als Mysterium verkauft wird. Sie stellten sich die Götter gleich als therapie-bedürftige Soziopathen vor, die aber leider mit zu viel Macht ausgestattet waren.
    Prometheus jedoch gehört nicht zu den verrückten Göttern, er steht für Rationalität, denn auch die gibt es nun mal. Als Gegenbild zu den irren Göttern entwirft er die vernünftigen Menschen. Die sind zwar wie die Götter unsterblich, aber stehen in der Hierarchie deutlich unter ihnen. Sie haben keine weltenerschaffenden magischen Kräfte, aber sie sind sehr zufrieden mit sich, denn sie kennen auch keine Sexualität. Die bräuchten auch die Götter logischerweise nicht, weil sie ja unsterblich sind, und wer unsterblich ist, muss sich nicht fortpflanzen, weil ja niemand stirbt. Sex und Tod sind die Motoren der Entwicklung in der Evolution. Aber von Darwin hatten die Griechen noch nichts gehört, deswegen ließen sie die Götter auch hauptsächlich von den Impulsen durchbeuteln, die sie selbst tagtäglich durchbeutelten. Aber die Geschöpfe von Prometheus sind geschlechtslos. Oder genauer, sie sind beidgeschlechtlich. Mann/Frau-Kugelwesen mit vier Armen und vier Beinen. Sozusagen rundum zufrieden. Um seine Kreaturen nun doch ein wenig upzugraden, stibitzt Prometheus das Feuer vom Sonnenwagen seines Vetters Helios. Das gefällt Zeus, der neben göttlicher Libido auch mit göttlicher Paranoia ausgestattet ist, überhaupt nicht. Die Menschen, die Prometheus da gemacht hat, sind ihm unheimlich. Deswegen beschließt er, sie zu schwächen, und schickt ihnen Pandora, die » Allesgeberin«, nebst ihrer berühmten Büchse. Man kennt die Geschichte: Die Büchse wird geöffnet, und heraus flattern alle Übel, die die Menschheit bis heute kennt, Tod, Leid, Verzweiflung, Krieg, Eifersucht, Bürokratie, Keuchhusten, Infotainment, SUV s und Völkermord. Doch zuallerletzt entfliegt noch die Hoffnung der Büchse der Pandora.
    So, ist die Hoffnung nun das Gute in all dem Schlechten oder sogar das Schlechteste vom Schlechten? Bevor wir das entscheiden, falls das überhaupt in dieser Klarheit möglich ist, sehen wir uns den Mythos noch einmal genauer an.
    Da stimmt doch was nicht.
    Warum sollten die prometheischen Menschen, diese öden Vulkanier, die Büchse überhaupt aufgemacht haben?
    Ist es denn rational, die Schachtel des Bösen der » Allesgeberin« zu öffnen? Ist es rational, alles zu wollen?
    Tatsächlich wollen die Prometheus-Menschen überhaupt nichts. Sie haben alles. Nichts fehlt. Sie sind wunschlos. Nicht glücklich allerdings. Aber wunschlos. Ihr Zustand ist eine Abstraktion. Es gibt nichts, was sie antreiben könnte. Sie müssen sich nicht fortpflanzen, also sind ihnen die damit verbundenen Gefühle fremd. Sie sterben auch nicht, also kennen sie keine Ängste oder Neurosen, mit denen sie umzugehen hätten. Tatsächlich können sie überhaupt keine Gefühle haben, ebenso wenig wie die Götter. Denn alle unsere Empfindungen beziehen sich auf Sex oder Tod; auf unsere Endlichkeit. Wir empfinden Essen als lustvoll, weil es uns erhält. Wir empfinden das meiste, was uns erhält, als lustvoll, weil Erhaltung einen wesentlichen Teil unseres biologischen Grundprogramms darstellt. Sicher, Spinat und Vollkornbrot mögen die Ausnahme bilden. Gleichwohl– es gibt auch Dinge, die uns nicht
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