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Morgaine 1 - Das Tor von Ivrel

Morgaine 1 - Das Tor von Ivrel

Titel: Morgaine 1 - Das Tor von Ivrel
Autoren: C.J. Cherryh
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sich Vanye aus dem Griff und begann die Treppe hinaufzulaufen. Dann blickte er zurück. Roh zögerte, lief dann in die andere Richtung, verschwand auf der sicheren Treppe nach unten, ein Gespenst in Grün, Erij blickte links und rechts, als sei er unentschlossen, und eilte schließlich auf die nach oben führende Treppe zu, mit wildem Blick, das Langschwert auf Vanye gerichtet.
    »Thiye ist tot«, sagte Erij. »Er ist tot. Dein Eid gegenüber der Hexe ist erledigt. Jetzt halte sie auf!«
    Die Erkenntnis traf Vanye wie ein Hammerschlag: hilflos starrte er Erij an, dessen Forderung zu Recht bestand, und versuchte sich darüber klarzuwerden, bei wem seine Loyalität wirklich lag. Im nächsten Moment schüttelte er alles von sich ab und schob das Nachdenken auf: zunächst gebot es seine Pflicht gegenüber beiden, daß er so schnell wie möglich Morgaine erreichte.
    Er machte kehrt und nahm immer zwei Stufen auf einmal, bis er schweratmend einen weiteren ähnlichen Saal erreichte.
    Hier sah er sich Morgaine gegenüber, wie Roh schon gesagt hatte, durchaus lebendig, die tödliche schwarze Waffe in der Hand.
    »Liyo!«
rief er, riß die leere Hand hoch, als könne das jeden Schaden abwenden, und warf ihr mit der anderen
Wechselbalg
zu Füßen.
    »Nein!« rief Erij zornig, verzichtete aber auf weitere Einwände, als Morgaine mit eleganter Bewegung die Waffe vom Boden aufnahm, ohne die schwarze Waffe von den beiden Männern abzuwenden. Endlich senkte sie sie.
    »Vanye«, sagte Morgaine. »Gut gemacht.«
    Und sie trat zu ihnen und ging die Treppe hinab, die sie eben erst erklommen hatten, langsam, Vanye als sicheren Schutz hinter sich wissend; plötzlich erkannte er, was sie so vorsichtig suchte.
    »Thiye ist tot«, sagte er.
    Ihre grauen Augen blickten überraschend gequält. »Dein Werk?«
    »Nein, Roh.«
    »Nicht Roh«, sagte sie. »Thiye hat mich befreit – es war seine einzige Hoffnung, Liell zu besiegen und am Leben zu bleiben. Er gab mir die kleine Chance. Wenn möglich, hätte ich ihn gerettet. Ist Roh dort unten?«
    »Er ist fortgelaufen«, antwortete Vanye. »Er sagte, du wolltest den Palast zerstören.« Plötzlich kam ihm ein schrecklicher Verdacht. »Es war nicht Roh, ja?«
    »Nein«, sagte Morgaine. »Roh ist auf Ivrel gestorben, an deiner Stelle.«
    Und sie lief die Treppe hinab, zögerte nur kurz an der Biegung und erreichte den schrecklichen
qujalin-
Saal.
    Der riesige Raum war leer bis auf Thiyes Leiche, um die sich das Blut ausbreitete.
    Morgaine eilte los, ihre Schritte hallten auf dem Boden, Vanye folgte ihr, seinerseits gefolgt von Erij, was ihm in diesem Augenblick aber gleichgültig war. Zorn erfüllte ihn über Liells spöttischen Verrat an ihm; außerdem Angst wegen der Pläne, die Morgaine mit den unbekannten Kräften haben mochte.
    Morgaine erreichte das Ende des Saals, wo sich eine mächtige Doppelsäule aus Lichtern erhob. Ihre Hand ließ die Klinge einen Moment lang auf einem Vorsprung liegen, während sie zwischen den Lichtern ein sicheres, geübtes Muster beschrieb. Lärm hallte von den Mauern wider, Stimmen plapperten gespenstisch in unbekannten Sprachen, Lichtimpulse liefen an den Säulen auf und nieder und begannen in zunehmender Erregung zu pulsieren.
    Sie machte der Erscheinung mit einer knappen Handbewegung ein Ende und lehnte sich mit gesenktem Kopf gegen die Barriere, wie jemand, der einen tödlichen Stoß hatte einstecken müssen.
    Dann machte sie kehrt und hob den Kopf, die Augen ernst auf Vanye gerichtet.
    »Du mußt mit deinem Bruder schleunigst hier fort«, sagte sie. »In einem Punkt hat Liell die Wahrheit gesagt: die Burg wird vernichtet. Die Maschine ist auf eine Weise blockiert, daß ich sie nicht bedienen kann. In der Zeit, die ein Reiter bis Ivrel braucht, wird sich Ra-hjemur in Schutt verwandeln. Du bist deines Eides ledig. Du hast deine Pflicht getan. Leb wohl.«
    Mit diesen Worten eilte sie an ihm vorbei durch den langen Saal auf die Treppe zu.
    »Liyo!«
rief er, und sie blieb stehen. »Wohin willst du?«
    »Er hat das Tor zu einem bestimmten Ort hin geöffnet, und ich folge ihm. Mir bleibt nicht viel Zeit: er hat einen großen Vorsprung und sicher eben nur soviel Zeit gelassen, wie er für ausreichend hält. Aber er ist zaghaft, unser Liell, ich hoffe, daß er die Zeit andererseits zu groß bemessen hat, daß er auf zuviel Sicherheit gegangen ist.«
    Damit wandte sie sich erneut ab und eilte davon, beschleunigte ihre Schritte, immer mehr, bis sie rannte.
    Vanye wollte
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