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Mordswald - Hamburgkrimi

Mordswald - Hamburgkrimi

Titel: Mordswald - Hamburgkrimi
Autoren: M. C. Poets
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helle Parkettboden
unter ihren Füßen knarzte leise.
    "Sie sollten jetzt besser gehen", sagte Katja
Ansmann gerade, als Lina das Wohnzimmer betrat. "Sie sehen ja, das Kind
wird unruhig."
    Lina wollte noch etwas sagen, aber Max war bereits
aufgestanden.
    "Ja, natürlich, das verstehen wir. Sind Sie sicher, dass
Sie allein zurechtkommen? Haben Sie eine Freundin, die Sie anrufen
können?"
    Katja Ansmann nickte stumm und begleitete sie zur Tür.
"Danke, ich komme schon zurecht."

 
    Als sie wieder im Auto saßen, griff Lina nach dem Pappbecher
mit dem Kaffee, der inzwischen natürlich lauwarm war. Sie nahm trotzdem einen
Schluck und verzog das Gesicht. Als sie den Kopf kreisen ließ, knackte es
vernehmlich. Max sah sie an. "Mal wieder zu viel geturnt?"
    Lina verzog das Gesicht. Sie war gestern endlich einmal
wieder beim Kickboxen gewesen, was ihr Kollege so respektlos "Turnen"
nannte. Sie seufzte. "Früher habe ich mehr vertragen."
    Max lachte. "Tu nicht so, als wärst du steinalt. Mit
neunundzwanzig gehst du gerade eben als erwachsen durch." Dabei sah sie
sogar noch jünger aus, Anfang zwanzig vielleicht, wie er nicht zum ersten Mal
feststellte. "Und, was denkst du?"
    "Sie machte auf mich nicht den Eindruck einer trauernden
Witwe."
    Max sagte nichts. Er hatte Menschen schreien hören, sobald
sie die schlechte Nachricht hörten, hatte sie still weinen oder stumm
zusammenbrechen sehen. Manche saßen da wie versteinert, andere kochten Kaffee,
als hätten sie gerade Besuch von alten Bekannten bekommen, die sie lange nicht
gesehen hatten. Ab und zu kam es auch vor, dass jemand lachte, aus
Verlegenheit, Unglauben und ja, auch vor Erleichterung. Die Reaktion von Frau
Ansmann lag seiner Erfahrung nach vollkommen im Rahmen des Üblichen, trotzdem
verstand er, was Lina meinte. Ein flüchtiger Eindruck, der Hauch eines Gefühls,
dass hier etwas nicht so war, wie es sein sollte. "Irgendwas Interessantes
in der Wohnung entdeckt?"
    Lina zuckte die Achseln. "Frau Ansmann hat Schuhgröße 41
und ein Faible für edle Klamotten. Die scheinen Geld zu haben. Riesenwohnung,
überall Parkett, teure Möbel. Philip Birkner hat ein Arbeitszimmer, das gut
auch als zweites Wohn- und Schlafzimmer durchgehen könnte." Sie schwieg
und nahm den letzten Schluck Kaffee. "Wie viel verdient man eigentlich so
als Softwareentwickler und Unternehmensberaterin?"
    Max blinkte und bog links ab, nachdem der den Gegenverkehr
vorbeigelassen hatte. "Mehr als wir."
    "Ach nee. Aber genug, um so eine Wohnung zu
finanzieren?"
    Er zuckte die Achseln. "Vielleicht hat einer von beiden
reiche Eltern. Oder geerbt. Oder im Lotto gewonnen. Ich weiß, dass du keine
Karrierefrauen magst, aber allein die Tatsache, dass Katja Ansmann Geld hat,
macht sie noch nicht zur Verdächtigen."
    "Ich habe gar nichts gegen Karrierefrauen, aber …"
    "Lina, es ist noch zu früh, um irgendwelche
Spekulationen anzustellen. Werd erst mal richtig wach."
    Womit Max nicht ganz unrecht hatte. Früh morgens befand sich
Lina oft in einem Zustand der Scheinwachheit, in dem sie zwar herumlief und in
ganzen Sätzen sprechen konnte, aber die Hälfte von dem, was sie sagte, hatte
weder Hand noch Fuß. Also schwieg sie, rollte den Pappbecher zusammen und
schaute aus dem Fenster.

 
    Von Philip Birkners Eltern stammte das Geld für die Wohnung
jedenfalls nicht, so viel war ihr klar, sobald sie vor dem für Hamburg so
typischen Rotklinker-Genossenschaftsbau im Stadtteil Wandsbek standen. Die
Wohnung im ersten Stock war zwar frisch renoviert und überraschend großzügig
geschnitten, doch mit dem hochherrschaftlichen Domizil ihres Sohnes in
Rothenbaum hatte sie etwa so viel Ähnlichkeit wie ein VW Golf mit einem Porsche.
    Die Eltern waren beide zu Hause. Der Vater, im Rentenalter
oder kurz davor, sah krank aus und saß auf dem Sofa, ein aufgeschlagenes Buch
neben sich. Frau Birkner, eine zierliche Frau in einem einfachen, hellen
Sommerkleid, bot dem Besuch einen Kaffee an, den Lina und Max höflich
ablehnten.
    Philips Mutter schlug sich die Hände vors Gesicht, als sie
vom Tod ihres Sohnes erfuhr, der Vater starrte Max mit weit aufgerissenen Augen
an, bis er schließlich den Kopf hängen ließ. Mit seiner ruhigen Stimme erzählte
Max ihnen das Nötigste: Niendorfer Gehege, letzte Nacht, ein Schlag auf den
Kopf, nein, er habe vermutlich nicht gelitten, obwohl er das noch gar nicht
wissen konnte, aber warum sollte er den Eltern den letzten Trost verwehren, den
es noch gab? Wie sich herausstellte, wussten
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