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Mordsucht

Mordsucht

Titel: Mordsucht
Autoren: Moe Teratos
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Leider war er schon tot. Er vergammelte auf dem Zentralfriedhof und schmorte hoffentlich in der Hölle.
    In mir herrschte Uneinigkeit. Die eine Seite verurteilte Hans' Taten, hielt ihn für einen Verrückten und wünschte ihm endlose Schmerzen im Fegefeuer. Die andere Seite hatte Mitleid mit dem Mann, den das Leben mit Füßen getreten hatte. Was wäre aus mir geworden, wenn ich dasselbe durchgemacht hätte wie er? Wäre ich so, wie ich heute bin, oder ein ganz anderer Ratz?
    Wegen all der schrecklichen Dinge, die ich seinen Aufzeichnungen entnehmen konnte, hielt sich mein Abscheu auf Hans in Grenzen. Vielmehr richtete sich meine Wut auch gegen unsere Gesellschaft. In Zeiten von Smartphones, Cybermobbing und dem ständigen Vernetztsein mit Menschen auf der ganzen Welt – die einem nicht immer nur Gutes wollten – befürchtete ich, dass die nächste Generation Serienkiller und Amokläufer gerade heranwuchs. Vielleicht war es für Hans die beste Lösung gewesen, das Leben zu beenden, welches er so gehasst hatte.
    Was mich zum nächsten Kandidaten kommen ließ. Wie gerne würde ich Gordon Schmidt, den Pädophilen, umbringen. Ihm die Eier zerquetschen, sie abschneiden und sie ihm in das dreckige Maul stopfen. Sollte er doch an seinem eigenen Fleisch ersticken.
    Unser Techniker Alex hatte über den gelöschten Account von LittleBaby4 dessen wahre Identität herausgefunden. Mein Chef Schroer hatte nach Bekanntgabe des Namens samt Adresse keine Sekunde gezögert und dem Schwein die Bude gestürmt. Den entführten Jungen konnte die Soko leider nur noch tot bergen.
    Was fand sich in Gordons Vergangenheit? Misshandlung und Verachtung im Elternhaus wie bei Hans? Fehlanzeige. Hänseleien der Mitschüler und Arbeitskollegen? Totale Fehlanzeige. Nein, was den werten Herrn Kindermörder antrieb, war der Wunsch nach Jugend. Als Anfänger auf dem Gebiet hatte er Hans um Hilfe gebeten. Gordons Einstiegsalter betrug satte sechzig Jahre. Ein Mann, im Geiste jung, dessen Körper aber mehr und mehr verfiel.
    Es war wie bei Hans: Unzufrieden sein mit dem Leben, einen Ausweg suchen, einem Wahn verfallen, Menschen töten, sie fressen und danach jammern, wenn es nicht funktioniert. Gott im Himmel! Wie konnte man nur so abartig sein?
    Hans gab Gordon damals den Tipp, das Herz seines ersten Opfers zu essen. Darin stecke die meiste Lebenskraft und die sei bei Kindern bedeutend höher als bei einem Erwachsenen. Warum er sie vorher sexuell missbrauchte und sie quälte, behielt Gordon für sich. Ein schmutziges Geheimnis, welches er mit einem gierigen Lächeln auf den Lippen mit ins Grab nehmen würde. Die Antwort, weshalb er zum Schluss ihre Augen ausstach, gab uns die Korrespondenz zwischen Hans und Gordon im Forum. Gordon hatte das Gefühl, die Kinder starrten ihn anklagend an, als sie starben – was verständlicherweise wohl der Wahrheit entsprach. Er fühlte sich unwohl und Hans gab ihm den genialen Rat, die Augäpfel vorher zu entfernen, dann wäre das Problem im Nu Vergangenheit.
    Eine Frage beantwortete er uns noch beim Verhör, auf die wir in Hans' Unterlagen keine Antwort fanden. Weshalb die Opfer leben mussten, während ihnen die Organe oder Körperteile entfernt wurden? Unter den Kannibalen im Forum galt gemeinhin die Auffassung, dass so lange wie möglich die Energie des Spenders durch das begehrte Stück fließen musste.
    Wenn es saftig und warm ist, das Herz womöglich noch in deiner Hand schlägt, verzehre es umgehend, damit der Zauber wirken kann.
    Bullshit! Dämliche Idioten!
    Meine Hände zitterten leicht, als ich die Katzen kraulte und mir vorstellte, wie ich Gordon den Brustkorb öffnete und ihm das Herz aus der Brust riss. Dann würde er am eigenen Leib spüren, welch Qualen die Kinder erleiden mussten.
    Ich wünschte mir den elektrischen Stuhl, die Todesspritze oder noch besser: den Scheiterhaufen für kranke Gesellen wie ihn herbei. Doch diese Wünsche würden nicht in Erfüllung gehen.
    Das Verfahren gegen Gordon war bereits eröffnet worden und ich hoffte, dass er nie wieder ein freier Mann sein würde. Zu der Hoffnung kam eine Gewissheit, die mich lächeln ließ. Andere Gefangene im Knast hielten nicht viel von Pädophilen und Kindermördern. Ich würde mehr als einmal die Daumen drücken, dass einer der Insassen Gordon zu Tode quälte. Meiner Ansicht nach hätte dieser dann einen Orden verdient  …
    Was gab es noch, worüber ich mir den Kopf zerbrechen konnte, bevor ich zum Schlimmsten überging? Kalle Meyer zum
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