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Mordsmöwen

Mordsmöwen

Titel: Mordsmöwen
Autoren: Sine Beerwald
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Stock. Das Mietshaus lag an der vierspurigen Ausfallstraße Richtung Laboe, und das Kieler Stadtzentrum war weit weg. Es war eine der ehemaligen Wohnungen für Werftarbeiter, bis es mit den Howaldtswerken bergab ging und die Betriebswohnungen an einen amerikanischen Immobilienkonzern verkauft wurden.
    Der Name »Markus Peters« fand sich auf einem kleinen handgeschriebenen Zettel am Briefkasten. An der Klingel und an der Wohnungstür stand nur »Dörte Schneider« in verschnörkelter Schreibschrift auf einem Emailleschild.
    Nachdem Malbek die Dienstmarke vor den Türspion gehalten hatte, klapperte es hinter der Tür. Es dauerte, bis sie die Türkette gelöst hatte. Zögernd öffnete sie die Tür. Ihre Augen lagen tief in den Höhlen, der Ausschnitt des T-Shirts zeigte ihre durchsichtige Haut, die sich über den Schulterknochen spannte. Die Augen waren schwarz ummalt, die Mascara war verschmiert, und ihre halblangen schwarzen Haare waren fettig. Ihre Hände zitterten.
    Harder sah Malbek mit aufgeblasenen Backen an, als sie ins Wohnzimmer voranging. Vielleicht wollte sie ausgehen. Zur Feier oder zur Trauer des Tages.
    Die Luft war stickig, und neben süßlichem Parfüm erfüllte der saure Geruch von Erbrochenem und kaltem Zigarettenqualm die Luft. Malbek hatte das Gefühl, eine heiße Kröte mit Drei-Tage-Bart im Mund zu haben, würgte mit einem erstickten Laut, stolperte zum Wohnzimmerfenster und riss es auf.
    »Herr Kriminalhauptkommissar Malbek wollte sich vergewissern, ob sich eine verdächtige Person noch auf der anderen Straßenseite befindet«, sagte Harder geistesgegenwärtig. Er wusste von der Synästhesie seines Chefs, einer Übersensibilität, die der Nase Augen gab. Die Nasenaugen lieferten Bilder aus dem Unterbewusstsein, die meist sehr skurril waren.
    Dörte Schneider sah ängstlich zwischen Malbek und Harder hin und her. Das gleichmäßige Rauschen von der stark befahrenen Straße erfüllte das Wohnzimmer.
    »Na, Herr Kriminalhauptkommissar, alles okay?«, fragte Harder.
    »Ja, war wohl doch nur ein harmloser Passant.« Er wandte sich zu Dörte Schneider: »Kein Grund zur Sorge, Frau Schneider. Falscher Alarm.«
    Das Wohnzimmer wirkte im Gegensatz zur Bewohnerin sehr aufgeräumt. Eine Wasserpfeife und Bambusschnitzereien standen in wohlgeordneter Dekorationspose auf dem ansonsten leeren Regal neben einer farbenfrohen Sitzgruppe. Ein Konzertposter einer Punkgruppe hing darüber. Auf dem Sofa lagen eine Rolle Küchenpapier und ein Lifestyle-Magazin. Davor stand ein Küchenabfalleimer.
    Sie griff nach einer Zigarettenpackung.
    »Frau Schneider, ich bitte Sie, nicht zu rauchen. Ich bin Rauchallergiker«, sagte Malbek freundlich. »Ich denke, wir sind auch bald mit den wichtigsten Fragen durch. Wir müssen zunächst klären, ob Ihr Freund mit dem unbekannten Toten vom Kanal identisch ist. Verstehen Sie, was ich meine?«
    Sie starrte ihn gequält an und riss, ohne den Blick von ihm zu wenden, ein Stück Küchenpapier von der Rolle.
    »Hat Ihr Freund die gleiche Marke geraucht?« Sie nickte. Es war eine aufgeweichte Packung vom Duft der großen weiten Welt gewesen, die sie bei ihm gefunden hatten.
    »Wissen Sie noch, welche Kleidungsstücke er trug?«
    »Ich … er hatte ja einiges mit. Ich weiß nicht, was er so anhatte. Ich meine, gestern. Oder vorgestern, er hatte ja einiges mit, also er hatte … ein schwarzes Sweatshirt mit braunen Ärmeln und Kapuze, eine schwarze Windjacke, eine schwarze …« Sie starrte Malbek erschrocken an, schluchzte laut auf, nickte mehrfach, beugte sich vor, wischte mit dem Küchenpapier wieder an den Augen herum und warf das Papier in den bereitstehenden Kücheneimer. Sie riss das nächste Küchenpapier von der Rolle und zerdrückte es.
    Tränen oder eine Spur von Tränenflüssigkeit war in ihrem Gesicht nicht zu entdecken. Nur Wimperntusche, die sorgfältig um die Augen und auf den Wangen verschmiert war.
    Malbeks Handy summte.
    »Einen Moment. Vehrs ist dran.« Er bedeutete Harder mit einem Nicken, die Befragung fortzuführen, ging in den Wohnungsflur. Es war eine gute Gelegenheit, sich unbemerkt in der Wohnung umzusehen.
    »Okay, schieß los!«, sagte Malbek.
    »Der Diakon vom Seemannsheim Holtenau hat angerufen. Er hat einen ihm bekannten Seemann namens Markus Peters vorgestern Abend bei sich im Heim gesehen. Er kennt ihn, weil er öfter nach Urlaub oder Versetzung auf ein anderes Schiff seiner Reederei dort im Seemannsheim gewartet hat.«
    »Und? War mehr aus dem Diakon
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