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Mordsfreunde

Titel: Mordsfreunde
Autoren: Nele Neuhaus
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Fiedler die Polizei abhängte und verschwand. Die einsetzende Dunkelheit stellte ein weiteres Problem dar, aber noch konnte die Besatzung des Polizeihubschraubers mühelos verfolgen, wohin der Touareg fuhr, und informierte die Kollegen am Boden. Via Funk wurde beratschlagt, was zu tun war, während Tarek am Opel-Zoo vorbei Richtung Oberursel raste. Die Beamten des SEK lösten die Streifenwagen bei der Verfolgung ab, auch Bodenstein ließ sich weiter zurückfallen. Alle hofften, dass der junge Mann nicht in die Innenstadt von Oberursel fahren würde, denn es war bereits eine Sperrung der B455 kurz vor dem Tunnel am Beginn der A661 in Vorbereitung. Doch als hätte Tarek die Falle geahnt, bog er rechts auf die K771 in Richtung Oberursel ab.
    »Was hat der Mistkerl vor?«, knurrte Bodenstein. Im Auto herrschte angespanntes Schweigen. Die Verfolgungsjagd zog sich durch Oberursel, vorbei an Stierstadt, quer durch Oberhöchstadt. Trotz der späten Stunde herrschte auf den Straßen viel Verkehr. Das war gefährlich, denn Tarek hielt an keiner einzigen roten Ampel an, verursachte dadurch in Oberhöchstadt einen Auffahrunfall und hängte das SEK beinahe ab, als er in Kronberg das rote Signallicht am Bahnübergang unbeachtetließ. Doch auch der Fahrer des SEK schaffte es noch unter den sich senkenden Bahnschranken hindurchzurasen. Funken stoben und der Auspuff riss ab, als das Auto auf der Bodenwelle vor den Gleisen aufsetzte, aber das war das kleinere Übel. An der Kronberger Kreuzung bog Tarek nach links ab Richtung Schwalbach. Er war so schnell, dass er ins Schleudern und von der Straße geriet. Nur dank der technischen Ausstattung des gestohlenen Touareg behielt er im letzten Augenblick die Kontrolle über das schwere Fahrzeug. Zwar blieben von einem mobilen Spargelverkaufsstand nur noch Trümmer übrig, aber verletzt wurde niemand. Mit beinahe hundertsechzig Stundenkilometern raste er die L3005 hinunter, überholte drei andere Autos, zwang einen aus Niederhöchstadt kommenden Kleinbus zu einer Vollbremsung und bog nach rechts auf die L3014 ab.
    »Zielperson fährt Richtung Bad Soden«, knarzte die Stimme des Beamten im Hubschrauber über Funk. »Nein! Er biegt ins Gewerbegebiet ab. Kronberger Hang. Da kommt er nicht mehr raus!«
    »Was will er da wohl?«, fragte sich Bodenstein.
    »Ich glaube, er fährt zur Firma von Jos Vater«, sagte Antonia, »die ist gleich da drüben. Zweite Straße rechts.«
    Bodenstein gab Antonias Verdacht an alle Einsatzkräfte weiter, er selbst bog gerade rechtzeitig in die Stichstraße ein, um zu sehen, wie Tarek mit dem Geländewagen über den vom Gewitterregen aufgeweichten Rasen pflügte und direkt auf die gläserne Front des futuristisch anmutenden Gebäudes zuhielt.
    »Ach du Scheiße!«, stieß er hervor und bremste, als ihm klar wurde, was der junge Mann vorhatte. Das zwei Tonnen schwere Auto schoss über den gepflasterten Vorplatz, beschleunigte noch einmal mächtig und krachte mit aufheulendem Motor in die Glasfassade, wie eines der entführtenFlugzeuge am 11. September in die Türme des World Trade Center.
     
    Die Dunkelheit wurde von den Scheinwerfern der Feuerwehr und vom Zucken der Blaulichter erhellt. Eine Stunde dauerte es, bis die Schwalbacher Feuerwehrleute unter Bergen von verbogenem Stahl und zersplittertem Glas an das völlig demolierte Auto gelangten und den jungen Mann herausschweißen konnten. Die Fahrgastzelle hatte den Aufprall fast unversehrt überstanden, nur der Motorblock war weit in das Innere des Fahrzeugs gepresst worden.
    »Er lebt«, teilte der Einsatzleiter der Feuerwehr Bodenstein und Pia Kirchhoff mit, »ist sogar bei Bewusstsein. Unglaublich.«
    »Der große Abgang ist ihm nicht gelungen«, sagte Bodenstein bitter. »Dafür hätte er sich einen Benziner mit vollem Tank aussuchen müssen, keinen Diesel.«
    Endlich hatten die Sanitäter mit Hilfe der Feuerwehrleute den schwerverletzten jungen Mann aus den Trümmern geborgen. Die Eingangshalle glich einem Schlachtfeld, ein Pfeiler war beschädigt und wurde notdürftig abgestützt, um die Statik des Gebäudes nicht zu gefährden.
    »Was ist mit ihm?«, erkundigte sich Bodenstein bei dem Notarzt, der sich die blutverschmierten Latexhandschuhe auszog. »Wird er überleben?«
    »Seine Beine sind völlig zerschmettert«, antwortete der Notarzt. »Ich vermute, die Wirbelsäule ist gebrochen. Falls er das überlebt, wird er sich an ein anderes Leben gewöhnen müssen.«
    »Das muss er auf jeden Fall. Ist er
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