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Mordrausch

Mordrausch

Titel: Mordrausch
Autoren: John Sandford
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lauschte, ohne etwas zu hören. Wahrscheinlich schneite es. Er hatte den Architekten bei der Planung des Hauses gebeten, die Schlafzimmersuite am nördlichen Ende gut von den anderen Räumen zu isolieren, und Weather ein Babyphone besorgt, damit sie Sam hörte, wenn er in der Nacht aufwachte. Lucas lauschte noch einmal: Es war alles ruhig. Inzwischen kümmerte sich bereits die Haushälterin um Sam.
    Steh auf.
    Lucas schlüpfte aus dem Bett, legte sich auf den Boden, machte ein paar Liegestütze und Kniebeugen und seine täglichen Übungen mit den beiden Zwölf-Kilo-Hanteln. Im Bad putzte er sich die Zähne und rasierte sich, bevor er sich im Spiegel betrachtete. Gar nicht so schlecht, dachte er, nach einer Menge harter Jahre. Aber je näher der fünfzigste Geburtstag rückte, desto mühevoller gestaltete es sich, die Muskulatur zu trainieren.
    Er hatte volle, von grauen Strähnen durchzogene dunkle Haare. Sein Gesicht war nach drei Monaten düsterem Winter in Minnesota sehr bleich, so dass die Narben und Dellen von fünfzehn Jahren Hockey und einem Vierteljahrhundert bei der Polizei ebenso deutlich hervortraten wie seine Wangenknochen und seine Adlernase. Den Winterspeck hatte er durch regelmäßiges Basketballspielen unter Kontrolle gehalten, und er rauchte nicht. Was das Nikotin anrichten konnte, sah er an Leuten wie Del.
    Lucas stand gerade mit Weathers Waschgel eingeseift unter der Dusche, als diese aus dem Schlafzimmer rief: »Bist du da drin?«
    »Augenblick …«, rief er erstaunt zurück. Er hatte sie erst am Abend zurückerwartet. Lucas brauste sich ab und stieg aus der Dusche. Weather stand an der Tür.
    Sie nahm ein Handtuch und reichte es ihm. »Die Operation ist abgeblasen worden, weil bei einem Überfall auf die Krankenhausapotheke ein Mann ermordet und der gesamte Medikamentenvorrat gestohlen wurde.«
    »Wie bitte?«, fragte Lucas, der gerade begann, sich abzutrocknen.
    »Mm, du riechst nach Frühlingsregen«, bemerkte Weather.
    »Was?«
    »Es waren Unmengen Presseleute da, sämtliche Kabelsender. Gabe musste sich hinstellen und ihnen sagen, dass das Krankenhaus überfallen worden und Don Peterson durch Tritte zu Tode gekommen war.«
    Lucas hob die Hände. »Moment, Moment. Ich zieh mich an, dann will ich die ganze Geschichte hören.«
    »Gott, das ist der drittschrecklichste Tag meines Lebens«, stöhnte Weather und gab ihm einen Klaps auf den nackten Hintern, als er an ihr vorbeiging.
    Lucas schlüpfte in seine Boxershorts und ein T-Shirt. »Jetzt noch mal ganz von vorn.«
    »Okay. Die Krankenhausapotheke ist ausgeraubt worden, einer der Angestellten seinen Verletzungen erlegen. Rate mal, wer die Ermittlungen für Minneapolis leitet.«
    Er zuckte mit den Schultern. »Wer?«
    »Deine alte Freundin Titsy.«
    »Weather … bitte erzähl weiter«, drängte Lucas sie.
    Sie setzte sich aufs Bett, während er sich vollständig ankleidete. »Okay. Ich war pünktlich da …«
    Die Brüder Lyle und Joe Mack sowie Mikey Haines, Shooter Chapman und Honey Bee Brown saßen im hinteren Teil der Cherries Bar am Highway 13 vor einem alten Röhrenfernseher, der wackelig auf einem Plastikstuhl stand und dessen Kabel in eine Steckdose darüber führte. In dem Raum roch es säuerlich nach leeren Bierflaschen und feuchter Pappe. Drei Nylontaschen voller Medikamente lagen auf dem Boden hinter ihnen.
    »Ihr Idioten«, sagte Lyle Mack.
    »Was hätten wir denn tun sollen? Der Typ wollte die Bullen rufen«, erwiderte Chapman. Haines, der den Krankenhausangestellten getreten hatte, hielt den Mund.
    »Ihr wärt in der Lage, sogar einen feuchten Traum zu verderben«, stellte Honey Bee kaugummikauend fest.
    Der vor Angst schwitzende Lyle Mack dachte: Zu viele Zeugen. Zu viele Leute wussten, dass Joe Mack, Haines und Chapman die Krankenhausapotheke ausgeraubt hatten. Er und Honey Bee, die drei anderen und alle, denen sie es möglicherweise erzählt hatten, dazu der Arzt und vielleicht noch der Kumpel des Arztes, wer der auch immer sein mochte.
    »Was war mit der Frau in dem Audi?«, fragte Lyle Mack.
    »Sie ist reingekommen, als wir rausgefahren sind. Unter Umständen bringt sie uns gar nicht mit der Sache in Verbindung«, antwortete Joe Mack. »Ich glaube, sie hat mich angeschaut, aber wer weiß? Sie war durch unsere Scheinwerfer geblendet. Sie ist blond und eher klein. Könnte eine Krankenschwester sein.«
    »Sie hat dich voll gesehen, Mann«, sagte Haines, der versuchte, die Vorwürfe von sich selbst fernzuhalten. Himmel, er
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