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Mordrausch

Mordrausch

Titel: Mordrausch
Autoren: John Sandford
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bewegen und Ellen sich nach rechts zurückdreht.«
    Die Sechser-Vene teilten sich die Zwillinge. Sie würden sie auf Ellens Seite abklemmen und versuchen, sie in die Fünfer-Vene von Sara einzupflanzen, damit das Blut aus Saras Gehirn besser abfließen konnte. Die Venen waren von den Radiologen aufgrund der bildgebenden Verfahren nummeriert worden.
    »Was schlagt ihr vor?«, fragte Maret. Als er Weather bemerkte, sagte er: »Du siehst hinreißend aus heute Morgen.«
    »Ich weiß«, erwiderte sie, um ihn zum Lachen zu bringen.
    Dansk sagte mit mürrischer Miene: »Ich schlage vor, dass wir ein paar Keile aus dem unteren Teil der Matte herausschneiden, mit denen wir die Kinder im Bedarfsfall stützen.«
    »Kann nicht eine Schwester sie halten?«, erkundigte sich Maret.
    »Es wird möglicherweise Stunden dauern.«
    »Weißt du, wie viel diese körpergerechte Matte gekostet hat?«, fragte Maret.
    »Ungefähr ein Neuntausendstel deines Jahresgehalts«, antwortete Dansk.
    Maret zuckte die Achseln. »Gut, dann schneiden wir also ein paar Keile heraus. Warum nicht? Wenn wir sie brauchen, haben wir sie, und wenn nicht, ist auch nichts verloren.«
    »Daran hätten wir früher denken können«, meinte Rick Hanson, der Chirurg, der die Trennung des Schädelknochens vornehmen würde. Er wirkte nervös; er hatte ein halbes Dutzend kleiner Sägen für diese Operation ersonnen und würde im Blickpunkt des Interesses stehen. So, wie die Schädel der Zwillinge zusammengewachsen waren, bildeten sie ein komplexes dreidimensionales Puzzle, von dem er immer nur ein paar Stücke gleichzeitig entfernen konnte.
    »Wir sind aufgeregt«, sagte Maret. »Das ist ganz normal.« Maret war der Teamleiter, weil er die meiste Erfahrung besaß. Er hatte bereits zwei ähnliche Trennungen vorgenommen, eine in Frankreich, die andere in Miami. Von den insgesamt vier Kindern hatten zwei überlebt, eines bei jeder Operation. Wenn er davon erzählte, redete er hauptsächlich über die Kleinen, die gestorben waren.
    Zwei weitere Ärzte betraten den Raum. Es waren alle nur erdenklichen Fachrichtungen vertreten: Anästhesisten, Radiologen, Neuro-, Gefäß- und plastische Chirurgen, Kardiologen und ein auf kraniofaziale Rekonstruktion spezialisierter Professor. Dazu kamen zwanzig Krankenschwestern und Hygienetechniker.
    Weather sagte zu Dansk, dem Neurochirurgen: »Wenn du die Keile rausschneiden willst, solltest du allmählich anfangen. Sie müssen den Raum noch sterilisieren.«
    »In Ordnung«, erwiderte Dansk. »Das mache ich am besten mit einem Skalpell.«
    Der Zuschauerraum hinter der schrägen Glaswand begann sich zu füllen.
    Eine Schwester kam in den OP und sagte: »Können wir den Bewegungsablauf noch einmal durchexerzieren?«
    Sie wollte üben, wie man die Tische auseinanderzog, sobald die Zwillinge getrennt waren, damit man sie zur Anpassung der zuvor entnommenen Knochenstreifen in separate Operationsbereiche schieben konnte.
    »Als Erstes überprüfen wir die Verbindung …«, begann Maret.
    Es ging los! Weather spürte, wie sich Aufregung und Spannung aufzubauen begannen. Obwohl sie fast jeden Tag operierte, war dies eine für sie neue Situation.
    Vergiss nicht, noch aufs Klo zu gehen, dachte sie.
    Die Raynes-Zwillinge wiesen das seltene, komplexe medizinische Phänomen des Kraniopagus auf, das bei lediglich einem Prozent aller zusammengewachsenen Zwillinge vorkommt, weshalb die Erfahrungen mit der Trennung begrenzt waren. Sara litt zudem unter einem Fehler der Herzscheidewand, was Blutstaus verursachte.
    Der für solche Doppelfehlbildungen bevorzugte Operationstyp konnte sich über mehrere Monate hinziehen. Der kritischste Teil war dabei die stufenweise Trennung des breiten und verästelten Systems von Blutgefäßen. Es wurde mit jedem Schritt weiter isoliert, damit die Körper neue Gefäße herausbildeten.
    Im Fall der Raynes-Zwillinge fürchteten die Chirurgen, dass eine sich lang hinziehende Serie von Operationen Sara schwächen und töten könnte, was auch eine Gefahr für die stärkere Ellen darstellte, wenn Saras Zustand sich rapide verschlechterte.
    Bei den Raynes-Zwillingen war der zusammengewachsene Bereich relativ klein – das Loch, das nach der Trennung im Schädel der Babys zurückbleiben würde, wäre im Durchmesser nicht größer als eine Orange. Das bedeutete, dass die Trennung in einer einzigen Operation möglich war und als am aussichtsreichsten für die Rettung beider Mädchen erachtet wurde.
    Nach geglückter Trennung würde
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