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Mordrausch

Mordrausch

Titel: Mordrausch
Autoren: John Sandford
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gegen einen Baum fuhr und zum Stehen kam.
    Jemand schrie: »Raus, raus, raus …«
    Jemand anders brüllte: »Vorsicht, Vorsicht, Vorsicht …«
    Eine Stimme, ganz nahe: »Raus, du Scheißkerl. Raus … Hände hoch …«
    Die Tür wurde aufgerissen. Cappy zischte mit blutigem Mund: »Viel Spaß.« Dann schloss er die Augen und zählte: »Zwei-drei …«
    Der Mann von der St.-Paul-Park-Polizei richtete seine Schrotflinte ins Innere des Wagens. Lucas rannte zu ihm, rief »Vorsicht!«, packte den Polizisten am Kragen und zerrte ihn vom Truck weg. Und schon ging die Handgranate los.
    Plötzlich war es still.
    Zehn, fünfzehn Sekunden lang nichts, nur der Schnee, als hätte sich der Film im Projektor verheddert.
    Dann lief er weiter, in voller Geschwindigkeit, jedoch ruckelnd. Shrake kam herbeigerannt.
    »Alles in Ordnung?«, fragte er.
    Lucas und der Polizist standen auf. Der Polizist sagte mit kreidebleichem Gesicht zu Lucas: »Mann, das wäre fast ins Auge gegangen.«
    Die Handgranate war auf Cappys Schoß explodiert und hatte ihn ins Jenseits befördert.
    Eine Sekunde später ging eine weitere Handgranate los, fast einen Häuserblock entfernt, und eine Frau begann zu schreien.

DREIUNDZWANZIG
    W eather schlief für ihre Verhältnisse lange, bis sechs Uhr – es waren einfach drei Daiquiris zu viel gewesen. Als sie aufwachte, galt ihr erster Gedanke den Raynes-Zwillingen. Erst dann merkte sie, dass sie allein war. Sie drehte sich zu Lucas’ Seite und sah, dass er die Nacht nicht in ihrem Bett verbracht hatte.
    Sie streckte sich. Virgil hätte sie sicher geweckt, wenn etwas Schlimmes passiert wäre. Weather schlug das Oberbett zurück, zog einen Morgenmantel an und ging nach einem kurzen Besuch im Bad nach unten, den Geschmack von Bacardi-Rum und Crest-Zahnpasta auf der Zunge.
    Virgil lag auf der Couch und sah sich die Morgenshow von Channel Three an. Er setzte sich auf, als sie das Wohnzimmer betrat.
    »Wo ist Lucas?«, fragte sie.
    »In St. Paul Park. Alles okay, obwohl es eine Schießerei mit unserem Skinhead Caprice M. Garner gegeben hat. Er ist tot, hat sich selbst mit einer Handgranate in die Luft gejagt.«
    »Nein!« Sie starrte den Bildschirm an, als könnte der Virgils Worte widerlegen, doch es lief eine harmlose Sendung, die die Freuden des Züchtens von Wintertomaten im Keller pries.
    »War Lucas im Fernsehen?«
    »Er hält sich im Hintergrund. Marcy erledigt die Medienarbeit.«
    »Das gefällt der ehrgeizigen Hexe sicher«, stellte Weather fest.
    Sie ging wieder nach oben, duschte, zog Jeans und Pullover an und wählte Lucas’ Nummer. Als er sich meldete, fragte sie: »Wann kommst du nach Hause?«
    »Es ist so weit alles in Ordnung«, erklärte er.
    »Das weiß ich. Virgil hat dich im Fernsehen gesehen. Ihr habt es also geschafft.«
    »Die Sache mit dem Doc ist noch nicht geklärt. Ich würde gern mit dem Mann reden, der dir im Aufzug begegnet ist.«
    »Vielleicht habe ich mich getäuscht …«
    »Meinst du wirklich? Der tote Arzt, Shaheen, war bloß zwei Zentimeter größer als du. Glaubst du, das wäre dir entgangen, und du hättest ihn für größer gehalten?«
    »Eher nicht.«
    »Dann haben wir …«
    »Lass mich jemanden anrufen. Wann kommst du nach Hause?«, fragte sie erneut.
    »Es war ein ziemliches Chaos heute Nacht. Ich habe einen der Schüsse abgegeben; wir müssen gemeinsam die Berichte erstellen. Es wird noch eine Weile dauern.«
    »Wie fühlst du dich?«
    »Geht so. Garner wurde bei der Schießerei verletzt und wäre durchgekommen, wenn er nicht selber die Handgranate gezündet hätte.«
    Weather rief im Krankenhaus an und erfuhr von einer Schwester, dass der Zustand der Raynes-Zwillinge stabil sei.
    »Die Eltern sind noch da. Sie haben nicht viel geschlafen.«
    »Ich bin bald bei ihnen«, versprach Weather. »Ist Gabe da?«
    »Er schläft im OP.«
    »Sagen Sie ihm, dass ich vor zehn komme. Aber wecken Sie ihn nicht eigens auf.«
    Die folgenden Stunden verbrachte sie damit, die Kinder für die Schule fertig zu machen, mit der Haushälterin zu sprechen und fernzusehen.
    Bilder von einer panischen Frau, die der Killer als Geisel genommen hatte, wurden ständig wiederholt. Er hatte ihr eine entsicherte Handgranate zwischen die Oberschenkel geklemmt. Der Reporter erklärte, wie eine Handgranate funktionierte, und dass die Frau zehn Minuten auf dem Boden gelegen habe, bis es ihr gelungen sei, die Hände freizubekommen. Dann habe sie das Klebeband von ihren Knöcheln gelöst und die
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