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Mordrausch

Mordrausch

Titel: Mordrausch
Autoren: John Sandford
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Er ging zum Bett und zog das Laken herunter.
    »Wir hatten ein Problem«, teilte der Chef der St.-Paul-Park-Polizisten Lucas und Marcy mit.
    Sie aßen Twinkies und tranken Kaffee auf einer Bank.
    »Was war los?«, erkundigte sich Marcy.
    »Ein Typ hat beobachtet, wie unser SWAT-Mann abgelöst wurde, sein Verandalicht eingeschaltet und die beiden angebrüllt. Sie haben ihn beruhigt, doch … es ist passiert.«
    »Hat sich oben was getan?«
    »Nein. Aber wir wissen ja nicht, ob er wirklich da oben ist. Das glauben wir nur.«
    Marcy runzelte die Stirn. »Der Schnee dämpft alle Geräusche«, sagte sie zu Lucas.
    »Ja. Trotzdem …«
    Cappy schnitt einen Schlitz in das Laken und stülpte es sich über den Kopf, so dass er ganz in Weiß gehüllt war. »Wenn niemand da draußen ist, werde ich mir wie ein Idiot vorkommen«, sagte er laut.
    Doch, da draußen ist jemand, dachte er.
    Er befand sich im Keller, hatte sich die Treppe hinuntergeschlichen, vorbei an Mrs. Wilsons Schlafzimmertür. Hier unten war es finsterer als in einem Kohlensack. Neben der Waschmaschine stand ein Stuhl …
    Er schob ihn unters Kellerfenster, das vermutlich seit Jahren nicht geöffnet worden war. Obwohl Mrs. Wilson nicht sonderlich gut hörte, gab er sich Mühe, leise zu sein, damit er sie nicht weckte.
    Er stieg auf den Stuhl, tastete mit der Hand den Rahmen ab, bis er den Riegel fand, und versuchte, ihn zurückzuschieben. Aber das Fenster ging nicht auf. Mit einem Messer lockerte er die Ränder, zuerst die eine Seite, dann die andere, bis es sich endlich öffnen ließ. Eine Minute später wehten ihm kalte Luft und Schnee entgegen.
    Der Schnee reichte bis zum oberen Rand des Fensters. Er kletterte auf den Trockner, zog die Handschuhe an, drückte das Fenster auf und wand sich hindurch. Leicht war das nicht mit seiner dicken Kleidung: Er blieb hängen. Er schob mit Füßen und Händen, und schließlich gelang es ihm, die Beine durchs Fenster zu ziehen. Nun lag er flach auf dem Bauch, durch das Laken bedeckt, in mehr als dreißig Zentimeter hohem Schnee.
    Er begann, in der Dunkelheit fast unsichtbar, wie ein Wurm zum hinteren Ende des Grundstücks zu kriechen.
    »Wenn er tatsächlich oben ist, und ich kann mir nicht vorstellen, dass die alte Lady im ersten Stock schläft«, sagte Lucas, »könnten Sie an der Seite reingehen. Da sieht er wegen dem Dach nichts.«
    »Ja, das könnten wir«, pflichtete ihm Nelson bei. »Aber wenn er sich unten aufhält, schaut er vielleicht aus einem Fenster, und unser Mann ist verloren.«
    Nelsons Funkgerät begann zu knistern. »Ja?«, meldete er sich, lauschte und fragte: »Kannst du rübergehen? Okay. Bleib, wo du bist. Ich versetze alle in Alarmbereitschaft. Wir sind in einer Minute bei dir … Sicher, dass das kein Hund war? Okay.«
    An Lucas, Marcy und den Leiter der St.-Paul-Park-Polizei gewandt, sagte er: »Billy Harris meint, dass gerade jemand oder etwas am Zaun hinter Ann Wilsons Garten gewesen sein könnte. Er hat die Bewegung nicht gesehen, nur gehört.«
    »Wie ist er aus dem Haus entkommen?«, wollte Marcy wissen.
    »Keine Ahnung.«
    »Schauen wir nach«, schlug Lucas vor. »Ein paar Männer sollen uns begleiten.«
    Sie bewegten sich, durch den Schnee behindert, zu fünft im leichten Trab um den Block herum. Nelson warnte Harris am Ende des zweiten Blocks vor: »Vorsicht, wir nähern uns.«
    Sie joggten hintereinander, tasteten sich an Hecken und Mülltonnen vorbei; das einzige Licht stammte von Straßenlaternen, von denen es zwischen den dicht beieinanderstehenden älteren Häusern, hohen Bäumen und Büschen nicht sonderlich viele gab. Harris wartete hinter der Garage eines Nachbarn.
    »Da drüben«, sagte er. »Auf der anderen Seite des Gartens. Es war etwas Großes.«
    Sie sahen das hintere Fenster des Zimmers im ersten Stock, ein dunkles Rechteck in dem dunklen Haus.
    »Ich gehe rüber«, sagte Lucas. »Um das Gebäude herum und über den Zaun. Johnny, informieren Sie Ihre Leute, dass ich unterwegs bin.«
    Er schlüpfte nach links und tastete sich im Schutz einer Hecke hinter dem Nachbarhaus entlang. Sobald er den Garten durchquert hatte, drückte er sich neben dem Zaun durch die Hecke in Ann Wilsons Garten. Unwahrscheinlich, dass man ihn hier sehen konnte, denn er selbst war nicht in der Lage, das Fenster zu erkennen. Doch wenn Cappy sich im Freien aufhielt und ihnen mit einer Schrotflinte auflauerte …
    Lucas nahm all seinen Mut zusammen und begann, am Zaun entlangzukriechen. Nach fünfzehn
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