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Mordlast

Mordlast

Titel: Mordlast
Autoren: Alexander Guzewicz
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haben viele unterschiedliche Spuren am Tatort gefunden. Aber die Auswertung wird dauern.«
    »Wie lange?«
    »Mindestens zwei Wochen.«
    »Haben wir irgendeinen anderen Anhaltspunkt?«
    Werner hob die Hand. Er hatte die ganze Zeit über schweigend in der Ecke gesessen und beobachtet.
    Sicher geht es bei ihm in der Abteilung zivilisierter zu, dachte Ólafur Davídsson.
    »Wir können Ihnen vielleicht helfen. Sie brauchen doch Vergleichsspuren, um Mitarbeiter vom Bezirksamt ausschließen zu können?« Er sah Rach an, der stumm mit dem Kopf nickte. »Ich könnte die Kollegen fragen, ob sie bereit wären, ihre Fingerabdrücke bei Ihnen abzugeben, und vielleicht die Bauleute auch.«
    »Das ist eine gute Idee«, sagte Rach.
    »Die Einzige bis jetzt«, sagte Engbers. Er stand auf und verließ den Raum.
     
    Die Luft in Engbers Büro roch abgestanden, aber nicht muffig. Davídsson war ihm dorthin gefolgt und es war ihm vorgekommen, als würde er dem Teufel in die Hölle folgen.
    Engbers saß hinter seinem Schreibtisch aus den 60er-Jahren und hatte die Beine hochgelegt. Neben seinen Füßen surrte ein Computer, der die einzige Neuanschaffung innerhalb der letzten Jahre sein mochte. Davídsson konnte jedenfalls nichts anderes entdecken, was danach aussah.
    »Was haben wir über Bernd Propstmeyer?«
    »Sie haben beim BKA doch alle Datenbanken zur Verfügung, die wir auch haben. Sehen Sie also gefälligst selbst nach.«
    »Hat er Verwandte?«
    »Nein.«
    »Was heißt das?« Davídssons Stimme wurde schärfer.
    »Dass er keine Verwandten hat.« Engbers warf ihm einen kurzen Blick zu.
    »Haben wir Zugang zu seiner Wohnung?«
    »Rach hat die Schlüssel. Wenden Sie sich an ihn, wenn Sie in die Wohnung müssen.«
    Davídsson schwieg und Engbers ebenfalls.
    »Ich weiß jetzt, was dieser Unsinn von gestern bedeutet. Die Geschichte mit den Münzen. Es hat etwas mit den alten Griechen zu tun.«
    Engbers grinste zum ersten Mal.
    »In der griechischen Mythologie gab es einen Fluss namens Styx, der die Grenze zwischen der Welt der Lebenden und dem Totenreich darstellte. Die Seelen der Toten wurden von Charon, dem Fährmann, über den Styx geschifft, der das Totenreich neunmal umfloss. Damit Charon die Toten in das Reich von Pluto schiffte, wurde er mit einer Münze bezahlt, die man der Überlieferung nach unter die Zunge des Toten legte.«
    Engbers sah Davídsson wieder an.
    »Sie haben es falsch gemacht. Sie haben zwei Münzen verwendet und sie auf die Stirn gelegt. Ich weiß nicht, ob Charon damit einverstanden war.«
    »Ich glaube, Sie müssten eine ganze Stange Zigaretten rauchen, um wieder normal zu werden«, sagte Ólafur Davídsson, bevor er den Raum verließ.
     
    »Was haben Sie da eigentlich gemacht, in dem Schwerbelastungskörper?« Davídsson sah zu Werner hinüber, der direkt neben ihm saß. Er hatte ihm wieder angeboten, ihn ein Stück mitzunehmen. Aber dieses Mal ging es zur Arbeit, zum Bezirksamt.
    »Ich wollte mir den Baufortschritt ansehen.«
    »Und?«
    »Es könnte besser laufen, aber das ist wohl bei jeder Baustelle so. Das heute ist aber bei euch nicht normal, oder?«
    Davídsson lachte. »Ich hoffe nicht. Ich kenne Engbers aber auch erst seit gestern.«
    »Mhm.«
    »Warum hat man den Schwerbelastungskörper nicht einfach abgerissen?« Davídsson wollte das Thema wieder wechseln.
    »Ja, das ist eine gute Frage. Eigentlich sollte der Schwerbelastungskörper überhaupt nur zwanzig Tage stehen. Deshalb auch der schlechte Beton im oberen Drittel, der fast nur noch aus Sand besteht. Aber damals wollte man im Rahmen der Stadtplanung von Germania das gesamte Straßenland um vierzehn Meter anheben, und damit wäre der Schwerbelastungskörper einfach darunter verschwunden. Schließlich kam der Krieg und danach lag er zu dicht am Wohngebiet und konnte deshalb nicht gesprengt werden.«
    »Ich verstehe. Und warum jetzt die aufwendige Sanierung?«
    »Weil er ein Schandfleck für die Bewohner ist, die um das Bauwerk herum wohnen. Es gab immer wieder Ärger deswegen. Angefangen bei den Kleingärtnern über die Bewohner vom Hochhaus bis hin zu den anderen Anwohnern wollen alle, dass das verwilderte Grundstück mit dem Betonklotz möglichst ganz verschwindet. Da das Bauwerk aber unter Denkmalschutz steht und ein Abtragen fast genauso teuer kommen würde wie die Sanierung und die Sprengung durch das Hochhaus noch unmöglicher geworden ist, haben wir uns für diese Maßnahme entschieden.«
    »Warum wurde das Bauwerk dann überhaupt unter
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