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Mordlast

Mordlast

Titel: Mordlast
Autoren: Alexander Guzewicz
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Denkmalschutz gestellt? Gab es da nicht Proteste von den Anwohnern?«
    Werner räusperte sich ein paarmal, bevor er antwortete. »1995 hat man zum ersten Mal wirklich das Denkmalschutzgesetz in Berlin durchgesetzt. Davor gab es das Gesetz zwar, aber keiner hat sich darum gekümmert. 1995 hat sich dann eine Planungskommission Gedanken darüber gemacht, welche Gebäude ihrer Meinung nach schützenswert sind. Der Schwerbelastungskörper war damals dabei und wurde deshalb auch unter Denkmalschutz gestellt.«
    »Also das übliche Verfahren?« Davídsson lenkte den Saab in eine Parklücke vor dem Bezirksamt und stellte den Motor ab.
    »Ja und nein. Die Kommission hat auf sämtliche Gutachten verzichtet und damit das ganze Verfahren um Jahre verkürzt. Damals dachte man, dass man alle Unterlagen nachträglich zusammenbringen könnte und es jetzt erst einmal wichtig sei, die Bauwerke zu schützen.« Werner schnallte sich ab und drehte sich zur Rücksitzbank, wo seine braune Ledertasche lag.
    »Danke fürs Mitnehmen«, sagte er, nachdem er die Tasche hervorgeholt hatte. Sein Kopf war von der Anstrengung rot angeschwollen, aber die Farbe verflog genauso schnell wieder, wie sie gekommen war.
    »Sind Sie der Einzige, der sich um das Objekt kümmert?«
    »Das hört sich schon fast ein bisschen nach einer Verdächtigung an«, stellte Werner fest, aber sein Gesicht blieb jetzt blass.
    »Sie haben vorhin angeboten, Ihre daktyloskopischen Spuren freiwillig als Vergleichsspuren abzugeben«, entgegnete Davídsson, der Werner nicht verunsichern wollte.
    »Es gibt viele, die auf dem Gelände herumlaufen. Die Bauleute natürlich, die Besucher der Führungen vielleicht und die Mitarbeiter vom Verein.« Werner sagte ›Ver-Rhein‹. Davídsson brauchte ein paar Sekunden, bis sich das Bild vor seinem inneren Auge von einem Fluss in eine Kleingartenanlage verwandelt hatte.
    »Die Kleingärtner?«
    Werner lachte kehlig auf, als ob Davídsson einen Scherz gemacht hätte. Es klang fast wie ein plötzliches Gewitter.
    »Der Berliner Denkmalverein. Die Mitarbeiter von dem Verein kümmern sich um Führungen und ein bisschen auch um die Bauwerke.«
    »Was sind das für Leute?«
    »Normaler als dieser Engbers auf jeden Fall. Ich gebe Ihnen die Adresse vom Vorsitzenden des Vereins. Am besten, Sie sprechen direkt mit ihm.«
    Rudolf Werner stieg aus dem Saab und reichte Davídsson eine Visitenkarte.
    »Herr Werner, eine Frage noch. Wahrscheinlich wurde sie Ihnen auch schon von meinen uniformierten Kollegen gestellt.« Er bemerkte einen aufmerksamen Blick in Werners Augen, der sich jetzt durch die halb geöffnete Tür zu ihm ins Auto beugte. Sein Kopf lief wieder rot an. »Sie haben diesen Bernd Propstmeyer nicht gekannt, oder?«
    Werner schüttelte seinen roten Kopf, ohne zu überlegen.
    »Ich habe den Mann noch nie zuvor gesehen oder seinen Namen irgendwo gehört oder gelesen.«
     
    Ólafur Davídsson stand in der engen Küche und braute sich einen Kaffee mit seiner Macchinetta. Es war eine spezielle Melange, die er jedes Mal aufs Neue von seinem Kaffeekontor mischen ließ. Er hatte lange gebraucht, bis er diese Komposition der verschiedenen Bohnen aus Mexiko, Indonesien und Kenia gefunden hatte. Das Geheimnis war das Mischungsverhältnis und der Mahlgrad.
    Kaffee war nicht nur ein Getränk, es war ein Genussmittel.
    Ein Kollege vom Personenschutz kam mit seiner Kunststofftasse in die enge Teeküche. Davídsson kannte ihn nur flüchtig. Die Personenschützer hatten ihre Büros auf der anderen Seite des Flures. Die Teeküche war so etwas wie eine Grenze zwischen den Abteilungen auf dem Stockwerk, die für die meisten nur eine Abkürzung war, die praktischerweise genau in der Mitte verlief. Der Kollege hängte zwei Teebeutel in seine Tasse und stellte den Wasserkocher an.
    »Dein Boss hat dich vorhin gesucht«, sagte er, nachdem der Tee fertig war.
    Davídsson nahm die Kaffeetasse und ging in das Büro seines Chefs.
    Hans-Jürgen Wittkampf stand vor einem der großen Fenster in seinem Büro und sah auf die darunterliegende Straße.
    Davídsson hatte ihn noch nie da stehen sehen. Vielleicht ist das Gespräch ernster, als ich vermutet habe, dachte er, als er sanft gegen die offen stehende Tür klopfte.
    »Ah, Davídsson«, begrüßte er ihn, ohne sich dabei zu ihm umzudrehen. Er beobachtete über das Fenster, wie Davídsson sich auf einen Stuhl an dem runden Besprechungstisch setzte. Dann setzte auch er sich.
    »Ein gewisser Kriminalhauptkommissar
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