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Mordlast

Mordlast

Titel: Mordlast
Autoren: Alexander Guzewicz
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Straße ›Am Treptower Park‹ Richtung Tegel.
    An der nächsten Ampel, an der er anhalten musste, sah er, was passiert war. Während des Wendemanövers war die Schale mit dem Ketchup umgekippt. Die rote klebrige Masse hatte sich während der Fahrt im ganzen Fußraum verteilt. Er fluchte laut, während er an der nächsten Tankstelle anhielt und die Flecken mit ein paar Papiertüchern beseitigte. Der Geruch nach Curry und Ketchup würde ihm allerdings noch einige Tage erhalten bleiben.
    Ich muss den Wagen heute Abend unbedingt waschen, dachte er, als er sich wieder in den Stadtverkehr einfädelte.
    Wenn er jetzt zu viel Zeit verstreichen ließ, konnte das erhebliche Folgen für seine Arbeit haben. Er hatte schon oft erlebt, dass ein übereifriger Kommissar bereits alle Spuren beseitigen ließ, bevor er am Tatort eintraf. Damit konnte er sich praktisch kein eigenes Bild machen, sondern musste sich auf ein paar Tatortfotos und den Bericht verlassen.
    Meistens musste jedoch irgendein Anfänger diese Tatortberichte schreiben, die dann im Stakkatostil völlig unbrauchbare Beschreibungen lieferten.
    Ólafur Davídsson beschleunigte seinen Saab. Er hatte schon genug Zeit verloren.
     
    Der Kriminalanalyst hielt endlich vor dem grauen Betonklotz. Er war mehrmals daran vorbeigefahren, ohne ihn zu sehen. Er war zweimal bis ans Ende der General-Pape-Straße gefahren, vorbei am S-Bahnhof ›Südkreuz‹, bis er auf einer Kreuzung stand und der Straßenname verschwunden war. Irgendwann hatte er bei einer Spedition in einem Hinterhof nach dem Schwerbelastungskörper gefragt. Der grauhaarige Mann mit dem Gesichtsausdruck eines Clowns hatte ihn nur fragend angesehen.
    Er wusste selbst nichts über das Bauwerk, das er suchte, und hatte es daher nicht umschreiben können. Der Mann hatte ihm schließlich gesagt, dass es einen Betonklotz am Anfang der Straße gab.
    Davídsson war noch einmal zurück an den Anfang der General-Pape-Straße gefahren und stand jetzt vor einem pilzförmigen Gebäude aus Beton.
    Das muss es sein, dachte er, obwohl er nirgendwo ein anderes Auto entdecken konnte, das zum Ermittlungsteam gehören konnte. Er sah keine Polizeiwagen, keine stummen Blaulichter und keinen Lieferwagen der Spurensicherung. Aber er konnte unmöglich der Erste am Tatort sein.
    Das Areal war weiträumig mit einem neuen Militärzaun abgeschirmt. Auf der anderen Seite des Metallzauns hinter einem Tor stand ein Schild: ›Zutritt für Unbefugte verboten‹. Er betätigte die Klinke und die Tür glitt nahezu geräuschlos zur Seite.
    Erst als er sich dem Klotz näherte, der jetzt einen riesigen Schatten auf ihn warf, hörte er Stimmen. Er konnte nur einzelne Worte verstehen, aber nicht deren Sinn.
    Der Boden war grau und matschig von den Regengüssen der letzten Tage. Er ärgerte sich, dass er seine teuren Schuhe anhatte, die er sich gerade erst vor einem Tag gekauft hatte. Schwarze Ledersneakers.
    Er ging an einer Grube vorbei, in der drei Betonquader lagen. Es sah beinahe so aus, als seien sie einfach so vom Himmel heruntergefallen. Jedenfalls konnte sich Ólafur Davídsson den Sinn dieser Betonbrocken nicht erklären, genauso wenig wie den dieses Bauwerks.
    Davídsson ging über einen schmalen befestigten Weg zu der einzigen Tür, die in das Innere des Pilzes führte. Jetzt hörte er die typischen Geräusche eines Tatortes. Er hörte das Piepen einer Digitalkamera, bevor sie auslöste, und die Schuhe der Spurensicherer, über die sie Plastiküberzieher gestülpt hatten, um keine eigenen Fußspuren zu hinterlassen. Es war ein ganz eigenes Geräusch, wenn man damit über den Boden lief. Ein leichtes Knistern oder Rascheln.
    Die Metalltür gab nicht nach, als er sie öffnen wollte. Sie war großflächig mit Rost überzogen, wirkte aber trotzdem noch sehr stabil, und das Schloss war das einer modernen Schließanlage.
    »Sie müssen durch das Fenster hereinklettern«, hörte er eine Stimme durch die Tür. Sie klang verzerrt, aber Davídsson konnte es trotzdem verstehen.
    Er kletterte eine kleine matschige Anhöhe herauf und sah dann Löcher in einer gemauerten Wand. Hier waren einmal Fenster gewesen, jetzt gab es nur noch ausgerissene Reste davon, an denen man erkennen konnte, dass es auch einmal Gitterstäbe gegeben haben musste.
    Ólafur Davídsson sah die Männer in ihren Schutzanzügen. Sie standen in einer Ecke des Raumes und schienen mit ihrer Arbeit fertig zu sein. Er duckte sich unter dem Mauerwerk hindurch auf einen Tisch, von dem er
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