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Mordgier

Mordgier

Titel: Mordgier
Autoren: Jonathan Kellerman
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er mit Dr. Rick Silverman zusammenlebte, dem Chefarzt der Unfallambulanz.
    Größere Zimmer und besseres Essen halfen da nicht, wo es zählte. Er bekam hohes Fieber, und irgendwann war es um seine Nierenfunktion nicht gut bestellt. Am Ende kriegte er die Kurve und fing an, sich über die Unterbringung und die einundzwanzigjährige Schauspielerin in der Ecksuite auf seinem Gang zu beschweren. Ihre offizielle Diagnose war »Erschöpfung«. Der Chef der Entzugsabteilung des Krankenhauses war praktisch bei ihr eingezogen.
    Zwei Paparazzi hatten es bis auf den Flur geschafft, wo sie von einem der privaten Sicherheitsmänner des Starlets ohne viel Federlesens rausgeschmissen wurden.
    Ich sagte: »Wenn sie kein Bild von ihr kriegen, geben sie sich vielleicht mit dir zufrieden.«
    »Oh, klar, People und Us können ohne Nahaufnahmen von der weiten arktischen Tundra meines VIP-Arschs keinen Auflagenkrieg überstehen.«
    Er rappelte sich aus dem Bett hoch, stapfte auf den Flur hinaus und funkelte den Mietcop, der neben seiner Tür herumstand, wütend an. Der Typ zog Leine.
    »Aufdringliches Arschloch.«
    Definitiv auf dem Weg der Besserung.
    *
    Nach der Entlassung tat er so, als wäre alles prima. Rick und Robin und ich und alle anderen, die ihn kannten, taten so, als ob wir die Steifheit und den Energieverlust nicht bemerkten. Der Arzt des Departments bestand darauf, dass er einige Zeit aussetzte, und sein Captain wollte nicht mit sich reden lassen.
    Milo und Rick hatten seit Monaten von einem Urlaub in den Tropen geredet, aber als die Zeit näher rückte, ließ Milos Stimmung vermuten, er müsse bald eine Gefängnisstrafe antreten.
    Er schickte mir eine einzige Ansichtskarte: riesenhafte samoanische Sumoringer, die auf weißem Sand rangelten.
    A:
    Habe eine tolle bla bla bla gähn gähn gähn. So sehen hier die Einheimischen aus. Noch ein paar hawaiianische Feste, und ich kann meinen Vertrag als Dressman vergessen. Primitivste Grüße M.
    Jetzt leerte er sein zweites Glas Bier und sagte: »Warum grinst du so?«
    »War mir nicht klar, dass ich grinse.«
    »Ich bin gelernter Beobachter. Du hast gegrinst.«
    Ich zuckte die Achseln.
    »Es ist das Hemd, stimmt’s?«
    »Das Hemd ist toll.«
    »Dein Glück, dass es hier keinen Lügendetektor gibt. Was hast du, gefällt dir die authentische Insel-Couture nicht?«
    »Elefanten auf Oahu?«
    »Dr. Kleinlich.« Er rollte Viskose zwischen Wurstfingern. »Wenn ich eins aufgetrieben hätte, auf dem Freud einen Mahi-mahi analysiert, hätte ich’s dir mitgebracht.«
    »Die Macadamianüsse waren prima.«
    »Yeah, yeah.« Er strich sich schwarze Haare aus der Stirn, bestellte noch ein Bier und trank es schnell leer. Leuchtend grüne Augen blickten nach unten auf den Highway. Seine Lider senkten sich halb.
    »Alles in Ordnung?«
    »Morgen fange ich wieder an zu arbeiten, diese Freizeitnummer machte mich langsam wahnsinnig. Das Problem ist nur, sobald ich ins Büro komme, hab ich nichts zu tun. Überhaupt keine neuen Fälle - geschweige denn ein interessanter.«
    »Woher weißt du das?«
    »Ich habe dem Captain gestern eine E-Mail geschickt.«
    »Es herrscht Stille in West L.A.«, sagte ich.
    »Die Ruhe vor dem Sturm oder schlimmer.«
    »Was könnte schlimmer sein?«
    »Kein Sturm.«
    *
    Er bestand darauf zu bezahlen und griff gerade nach seiner Brieftasche, als sein Handy schrillte. Ich nutzte die Gelegenheit, dem Kellner meine Kreditkarte zu geben.
    »Raffiniert.« Er ging ran, hörte zu. »Okay, Sean, warum nicht? Aber wenn ein echtes Verbrechen passiert, werden die Karten neu gemischt.«
    Als wir hinausgingen, fragte ich: »Hat Sean ein falsches Verbrechen?«
    »Autodiebstahl in Brentwood. Ein sichergestelltes gestohlenes Auto.« Wie für viele Detectives im Morddezernat liegt für ihn alles, was unterhalb vom Verlust eines Menschenlebens rangiert, auf einer Ebene mit dem unachtsamen Überqueren einer Straße.
    »Warum hat er dich angerufen?«
    »Er glaubt, es könnte mehr sein, weil auf einem der Sitze Blut ist.«
    »Das klingt nach mehr.«
    »Kein Eimer, Alex. Vielleicht ein Löffel.«
    »Wessen Blut?«
    »Das ist das große Supergeheimnis. Der unverschämte Knabe will meinen Sachverstand anzapfen. Niemand hat ihm gesagt, dass ich bis morgen freihabe.«
    Ich hielt den Mund. Wenn er so ist, ist Ironie verschwendet.
    *
    Sean Binchy wartete vor einem vanillefarbenen Haus und trug den üblichen dunklen Anzug, blaues Hemd und passende Krawatte und die blitzblanken Doc Martens. Er ist ein
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