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Mord zur Geisterstunde

Mord zur Geisterstunde

Titel: Mord zur Geisterstunde
Autoren: Aufbau
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Theatre Royal neben dem Pub Garrick’s Head schienen schwächer zu leuchten, als hätte diese Nachricht sie genauso entmutigt wie Honey.
    In der breiten Gasse neben dem Haupteingang des Pubs hatte sich eine kleine Gruppe von Menschen versammelt. Die Stadtführerin für den Gespensterspaziergang, ein schmales Ding mit strähnigem Haar und bleichem Teint, lächelte der Gruppe nervös zu. Sie schien in noch schlechterer Verfassung zu sein als alle anderen. Es sah ganz so aus, als würde dieses arme, nasse Hühnchen vom schlechten Wetter langsam weggespült. Der Regen prasselte auf ihren rosa Schirm, prallte vom Stoff ab und sprühte in alle Richtungen.
    Mit einem Kopfschütteln vertrieb Honey jeden Gedanken an warme Betten und heiße Getränke. Sie schaltete auf einen Gesichtsausdruck um, den man beinahe als aufmerksam hätte durchgehen lassen können. Die Stadtführerin begann mit ihrem Vortrag.
    |8| »Ich heiße Pamela Windsor, und ich mache das hier noch nicht lange. Bitten haben Sie also Geduld mit mir. Leider waren unsere erfahreneren Gästeführer heute Abend alle unabkömmlich. Ich hoffe auf Ihr Verständnis.«
    Wasser triefte von Honeys Kapuze, während sie nickte. Klar hatte sie Verständnis. Warum waren sie nicht alle ebenso vernünftig gewesen und zu Hause geblieben?
    »Würden Sie mir jetzt bitte Ihre Namen sagen«, fuhr die unglückselige junge Dame fort. »Sie bekommen dann von mir ein Schildchen, das Sie bitte anheften, damit ich weiß, wer Sie alle sind. Ich möchte nämlich einen Artikel über heute Abend schreiben – wenn auch nur für eine Lokalzeitung, müssen Sie wissen.« Sie lachte nervös. Keiner hatte etwas dagegen einzuwenden.
    Pamela notierte sämtliche Einzelheiten auf einem aufgeweichten Blatt Papier, das an einem Klemmbrett festgemacht war. Der Regenguss verwandelte es zusehends in Papiermaché, und die Tinte verlief bereits, aber Pamela hielt tapfer durch. Volle Punktzahl für Ausdauer!
    Die Mitglieder der Gruppe nannten nacheinander ihre Namen. Die meisten waren unter Kapuzen oder Regenschirmen oder sogar beidem verborgen.
    Während Mary Jane sich vor Begeisterung beinahe überschlug, schaute sich Honey die übrigen Spaziergänger an und betete, dass alle, die Stöcke oder Gehhilfen brauchten, zu Hause geblieben waren.
    Außer Mary Jane und ihr bestand die Gruppe noch aus vier Männern plus dazugehörigen Ehefrauen. Zwei der Paare waren Amerikaner, eines kam aus Deutschland und das vierte aus Schweden. Dann waren noch zwei Australierinnen mittleren Alters dabei, die zusammenzugehören schienen. Sie kicherten wie Schulmädchen. Sie waren als Letzte aus der Bar des Garrick’s Head aufgetaucht. Ein zarter Hauch von Gin umwehte sie. Neben ihnen stand ein junger Mann mit einem grünen Regencape, der mit einem Akzent sprach, den Honey nicht recht einordnen konnte.
    Hurra, keine Spur von einem Rollator! Honeys Freude sollte jedoch nur kurz sein. Ein Taxi fuhr heran. Die vordere Beifahrertür |9| ging auf. Ein Regenschirm wurde aufgespannt, hinter dem eine Dame ehrwürdigen Alters mit flachen Gesundheitsschuhen und Spazierstock auftauchte.
    Das Taxi fuhr fort, und die roten Rücklichter verschwammen im Regendunst. Die alte Dame drängelte sich in die Mitte der Gruppe.
    »Ich bin
Lady
Templeton-Jones.«
    Mit diesen Worten reckte sie der jungen Stadtführerin ihre Faust mit der Gebühr für den Spaziergang entgegen.
    »Hi. Ich bin Hamilton George«, erwiderte einer der Amerikaner und streckte ihr die Hand hin. »Nennen Sie mich Hal. Und wie nennen wir Sie?«
    »Lady!«
    Honey wechselte einen überraschten Blick mit Mary Jane, soweit das möglich war, wenn man unter einer Plastikkapuze hervor jemanden anschaute, der unter einer anderen Plastikkapuze verborgen war.
    »Habe ich da einen Akzent aus dem Mittleren Westen vernommen?«, zischte Honey aus dem Mundwinkel.
    »O ja, Mittlerer Westen der USA. Wahrhaftig, Gottes Garten ist groß«, murmelte Mary Jane zurück.
    Das war er wirklich. Bath war ein Mekka für Touristen aus aller Welt. Die meisten kamen der Atmosphäre wegen, wollten auf Jane Austens Spuren wandeln, durch die Römischen Bäder spazieren und sich in lüsternen Bildern vorstellen, dass hier irgendwann einmal ein Zenturio nackt im schwefeligen Wasser gebadet hatte – so etwa als Gladiator im Stil von Russell Crowe.
    Nun teilte die Stadtführerin die Namensschildchen aus. »Da mit ich mich dran erinnern kann, wer Sie alle sind«, erklärte sie zum wiederholten Male.
    Obwohl das
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