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Mord zur Geisterstunde

Mord zur Geisterstunde

Titel: Mord zur Geisterstunde
Autoren: Aufbau
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rasch auf denWeg zu dem Laden, in dessen Schaufenster die Kerze flackerte.
    Ehe sie am Türgriff drehte, warf sie noch einen raschen Blick über die Schulter. Eine einsame Frauengestalt ging zur Hauptstraße hinunter, ganz darauf konzentriert, nicht auf den glitschigen Pflastersteinen auszurutschen. Ansonsten war die Gasse menschenleer.
    Mylady schob die Tür auf und trat in die Dunkelheit hinein. Im Laden roch es nach Spinnweben und Staub. Die Kerze im Fenster trug nicht sonderlich zur besseren Sicht bei. Lady Templeton-Jones tastete mit dem Stock, um zu erkunden, was vor ihr war, machte ein paar Schritte vorwärts und blinzelte in die Finsternis. Über ihr knarrte ein Dielenbrett. Sie schaute hoch. Jede andere hätte es mit der Angst zu tun bekommen. Sie jedoch nicht. Der Zweck ihres Besuchs verbot jede Furcht, die sie vielleicht empfunden hätte. Außerdem war es eine Frage der Ehre.
    »Ich muss mit Ihnen reden«, rief sie. »Aber vielleicht wird Ihnen nicht gefallen, was ich zu sagen habe.«
    Ihre Stimme klang in ihren eigenen Ohren laut und deutlich, wurde aber immer schwächer, während sie von den getünchten Wänden widerhallte.
    Wieder knarrte eine Diele. Hinter ihr flackerte die Kerze. Der Laden stand leer, und zwar schon eine ganze Weile. Der Strom war abgestellt, daher die Kerze. Warum hatte sie nicht daran gedacht, eine Taschenlampe mitzubringen?
    »Also los«, ermunterte sie sich selbst leise. Sie war fest entschlossen, die Sache durchzuziehen.
    Sie glaubte in der Ecke den Umriss einer Tür auszumachen und |18| ging in diese Richtung. Sie tastete mit dem Stock am Fußboden entlang. Da war ein Absatz – nein – eine Treppe! Die Tür führte zu einer Wendeltreppe und in die tintenschwarze Dunkelheit. Lady Templeton-Jones hielt inne, einen Fuß auf der untersten Stufe, die Hand um den Griff ihres Spazierstocks geklammert – wenn es sein musste, konnte er auch als Waffe dienen.
    »He! Sind Sie da oben?«
    Vielleicht gab es da noch eine Tür. Vielleicht hatte sie nicht laut genug gerufen. Sie hatte nur die Dielen knarren hören, keine Stimme vernommen.
    Sie setzte den Fuß auf die zweite Stufe, beugte sich vor, verrenkte den Kopf und die Schultern, um den oberen Teil der Treppe sehen zu können. Sie konnte einen schwachen Lichtschein ausmachen, der aber sofort wieder verschwunden war. Möglicherweise hatte die Person, mit der sie sich treffen wollte, eine Tür geöffnet und gleich wieder geschlossen.
    Gerade wollte sie noch einmal rufen, als sie spürte, wie etwas an ihrem Gesicht entlangstrich. Spinnweben! Spinnen!
    Seit ihrer Kindheit hatte sie eine Heidenangst vor Spinnen. Die Panik übermannte sie. Nun setzte sie den Stock, mit dem sie ihren Weg ertastet hatte, als Hiebwaffe ein. Dabei verlor sie kurz das Gleichgewicht, schwankte zurück, dann wieder vor. Sie holte erneut Schwung, stieg nun schneller die Treppe hinauf. Ihr Atem kam in raschen Stößen. Ihre Lungen ächzten und pfiffen.
    Es konnte nicht mehr weit sein! Sie musste oben an der Treppe angekommen sein, zumindest kurz davor.
    Wieder strich etwas sanft über ihre Brust. Sie nahm weiter Stufe um Stufe, den Stock vor sich ausgestreckt.
    Diesmal hörte sie, wie eine Tür ins Schloss fiel. Dann wurde die Dunkelheit erhellt.
    Sie hatte ihr Ziel erreicht. Es hatte sich alles gelohnt! Mit letztem Schwung erklomm sie den oberen Treppenabsatz. Was immer ihre Brust umfangen hatte, zog sich jetzt um ihren Hals zu. Sie vernahm noch ein letztes leises Ächzen, ihren eigenen gepressten Atem, als ihr die Luft abgewürgt wurde.

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    So schnell, wie ihre völlig durchweichten Turnschuhe es ihr erlaubten, patschte Honey durch die Pfützen. Wahrscheinlich endete dieser Spaziergang dort, wo er begonnen hatte. Diese Vermutung erwies sich als korrekt. Gerade eben hatten sich die anderen Gespensterspaziergänger wieder vor dem Theatre Royal versammelt.
    »Irgendwas gesehen?«, erkundigte sich jemand.
    »Nein … ha, ha, ha … Überhaupt nichts.« Selbst in ihren Ohren klang das Lachen gezwungen und wenig überzeugend.
    Die triefnassen Gespensterjäger trollten sich ins Garrick’s Head. Sofort begannen ihre nassen Sachen zu dampfen und verwandelten die Lounge Bar in eine chinesische Wäscherei.
    Die Australierinnen waren als Erste an der Theke. Honey folgte ihnen auf dem Fuße. Neben ihr drängelte sich Mary Jane vor.
    »Hab rein gar nichts gesehen oder gehört«, sagte sie betrübt. »Ich hätte wirklich irgendein Zeichen erwartet. Hast du was
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