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Mord ohne Leiche

Mord ohne Leiche

Titel: Mord ohne Leiche
Autoren: Marcia Muller
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sprechen gekommen.«
    Ich antwortete nicht. Dank Amy bestand
keine Notwendigkeit mehr, sich zu verstellen.
    »Und ich vermute«, fügte er hinzu, »Sie
wollen Ihre Kenntnisse der Polizei weitergeben — genau wie Tracy Kostakos.«
    »War das ihr Plan gewesen?«
    »Sie haben Erpressung vermutet?«
    »Sie hatte ihre Methoden, zu bekommen,
was sie wollte.«
    »Erpressung gehörte nicht dazu. Das
Mädchen bekam einen ungeheueren Hang zur Moral, wenn es um Kriminelles ging.
Vor ihrem Tod hat Marc über eine Woche lang versucht, sie zum Stillhalten zu
überreden. Aber an diesem letzten Abend dachte sie, Jay hätte sich von ihr
abgewandt. Ihren Gang zur Polizei betrachtete sie als noble Geste zu Jays
Schutz — die ihn vielleicht dazu bewegen würde, ihr ihre zügellose Promiskuität
zu verzeihen.«
    Schweigend beobachtete ich Soriano.
Seine Blicke schossen durch den Raum, fixierten zuerst mich, dann Emmons, dann
Amy. In einer der Furchen an seinem Mundwinkel hatte es zu zucken angefangen.
Es zuckte, setzte aus, zuckte wieder. Emmons wirkte wie erstarrt, als ich ihn
ansah. Auch Amy hatte die Situation schließlich erfaßt. Ihre Augen waren
angstgeweitet. Sie lehnte an einem alten Klavier an der Wand hinter Marcs
Sessel.
    Die seltsame Stille flößte mir sogar
Mut ein. Ich sah Soriano mit Bedacht direkt in die Augen und versuchte, seinen
nächsten Schritt zu erraten. Nur Panik war in ihnen zu erkennen, aber keine
Spur von Reue oder Abscheu vor seinem eigenen Vorhaben.
    Ich dachte: Das ist der widerlichste
Mensch, dem ich je begegnet bin. Ich weigere mich, von der Hand dieses Mannes
zu sterben.
    Ich sagte: »Sie haben gar nicht nach
Ihrer Frau gefragt. Ob sie zu denen zählt, die im Club ums Leben gekommen
sind.«
    »War sie dabei?« Er sagte es fast
abwesend.
    »Ja.«
    Ich hatte gehofft, ihm mit dieser Lüge
irgendeine Reaktion zu entlocken. Doch Soriano sagte bloß: »Zu dumm.«
    Diese eiskalten Worte bewirkten, was
seiner offensichtlichen geistigen Verwirrung und der darin liegenden Bedrohung
meines Lebens nicht gelungen war — meine Ruhe zu erschüttern. Und so ergriff
mich nun eine ebenso eiskalte Wut.
    Ich wartete, bis ich mit täuschend
ruhiger Stimme sagen konnte: »So wenig hat sie Ihnen bedeutet?«
    »Die Frau war ein dummes Stück. Wie die
da vorne.« Sein Kinn ruckte in Amys Richtung. »Und wie der Dummkopf da im
Sessel. Einsame Spitze, dieser Marc. Ich bin froh, daß ich seine Schnitzer
jetzt nicht mehr ausbügeln muß. Der Idiot konnte nicht einmal verhindern, daß
Kathys Wagen überall mit Blut beschmiert wurde, als er die Leiche dieser
Kostakos hineinpackte. Ich mußte einen verdammten Haufen Geld hinlegen, um
meinen Assistenten zu überreden, ihn als gestohlen zu melden.«
    Zuerst dachte ich, ich hätte ihn falsch
verstanden. Aber das war nicht der Fall. Ich kniff die Augen zusammen, bis
meine Vision verschwamm. Als ich sie wieder öffnete, war mir alles klar.
    Ich sah Emmons an. »Sie haben
sie umgebracht.«
    Er saß einfach da, mit halboffenem
Mund.
    Soriano sagte: »Haben Sie gedacht, ich wäre es gewesen?«
    »Jetzt nicht mehr.« Er wußte nicht, daß
sie im Wagen erschossen worden war. Auch nicht, daß Emmons ihre Leiche nicht
mit dem Auto zu dem Boot hätte bringen können, in dem er sie versteckt hatte.
Soriano hatte keinen Grund, in diesem Punkt auch noch zu lügen — schon gar
nicht in Anbetracht der anderen Toten, die er auf dem Gewissen hatte. »Wieviel
hat er Ihnen über den Mord erzählt?« fragte ich.
    »Er wirkte ziemlich verwirrt, als er
danach zu uns kam. Vielleicht hat er mit Kathy über Einzelheiten gesprochen.
Ich jedenfalls wollte nicht mehr wissen als nötig.«
    Noch immer saß Emmons unbeweglich da.
Er atmete leicht zischend durch die geöffneten Lippen. Amy stand reglos vor dem
Klavier, die Hände vor den Mund gepreßt.
    »Warum?« fragte ich ihn. »Warum?«
    Nach einer Weile schüttelte er den
Kopf, als erwache er aus einer Trance. Er sah auf mich, dann auf die Waffe in
Sorianos Hand. Schließlich ließ er einen Seufzer hören, der fast wie ein Wimmern
klang. »Sie wollte, daß wir zu den Cops gingen. Als sie in der betreffenden
Nacht meine Wohnung verlassen hatte, rief ich Rob im Club an. Er versprach mir
sofort einen Platz im Programm, wenn ich sie zum Schweigen brächte. Also fuhr
ich hierher und sprach noch einmal mit ihr, aber sie wollte nicht auf mich
hören. Sie wollte mich im Stich lassen, und deswegen...«
    »Woher hatten Sie die Waffe?«
    »Die hatte ich zu Hause.«
    »War
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