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Mord mit Schnucke: Heidekrimi (German Edition)

Mord mit Schnucke: Heidekrimi (German Edition)

Titel: Mord mit Schnucke: Heidekrimi (German Edition)
Autoren: Brigitte Kanitz
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kostet’s das Dreifache.«
    Dafür kommen die Gäule dort vermutlich auch lebend an, dachte Hanna bei sich. Erneut lehnte sie das Angebot ab. »Ich muss wirklich mit dem Auto dorthin. Es ist wichtig.«
    »Keine Touristin?«
    »Nein. Ich bin die neue Kommissarin für Hasellöhne und die umliegenden Orte.«
    Die Augen des alten Mannes blitzten auf einmal regelrecht lebendig auf. So viel Temperament hätte sie ihm gar nicht zugetraut. »Brauchen wir nicht. Karl Överbeck soll wiederkommen.«
    Hanna starrte ihn an. Offenbar hatte sie es hier mit einem hundertjährigen Geisteskranken zu tun.
    »Mein Vorgänger ist vor drei Wochen gestorben. Haben Sie das nicht gewusst?«
    Der Alte würdigte sie keines Blickes mehr. Er schnalzte mit der Zunge, und die beiden dunkelbraunen Klappergerüste setzten sich schnaufend in Bewegung. Im Zeitlupentempo rollte die Kutsche am Verbotsschild vorbei und in die Heide hinein. Eine riesige Staubwolke entstand, als die asphaltierte Straße in einen breiten Feldweg überging.
    Hanna stand da und überlegte für einen Moment ernsthaft, der Kutsche hinterherzulaufen und aufzuspringen. Irgendwie musste sie ja an ihr Ziel gelangen.
    Stattdessen ging sie zum Wagen zurück. Kaiser Napoleon hatte sich auf seinem Weg nach Elba auch nicht so erniedrigt.
    Es musste einen anderen Weg geben.
    Sie stieg in den Hochofen ein, wendete und fuhr zurück, während der wieder eingeschaltete Hansdieter vor sich hin meckerte. »An der nächsten Kreuzung vollziehen Sie eine U-Kehre. An der nächsten Kreuzung … In hundert Metern rechts in die Hermann-Löns-Straße einbiegen, in weiteren fünfzig Metern …«
    »Ach, halt die Klappe.« Hanna gab es auf und stellte das Navi endgültig aus. Hansdieter legte es darauf an, sie mitsamt den nicht mehr ganz astreinen Abgaswerten ihres alten Golfs durch weite Flächen voller Heidekraut zu jagen. Vielleicht half ihr ja die gute alte Landkarte weiter. Während sie langsam die Straße zwischen Undeloh und Sahrendorf zurückfuhr, warf sie einen Blick drauf. Aha. Hier war sie selbst gerade, dort unten Wilsede mitten im Naturpark, und weiter südlich von ihrem Standort, nahe Sudermühlen, lag Hasellöhne. Okay, dachte Hanna, versuchen wir es hintenherum.
    Zwei Stunden später erreichte sie nach mehrmaligem Verfahren, Nachfragen und neuerlichem Verfahren den Ort, der ihre neue Wirkungsstätte werden sollte.
    Den Ort ihrer Verbannung.
    Wenigstens fand sie sofort Haus Nummer 36, wo eine Wohnung im ersten Stock auf sie wartete. Die Hitze in ihrem Golf wurde schon wieder unerträglich. Ein Fachwerkhaus, hatte in der Beschreibung gestanden. Was an sich in einem Heidedorf nichts Besonderes war. Reetgedeckt. Auch nicht gerade exklusiv. Mit einem knapp zwanzig Meter hohen Wacholderbaum im Vorgarten. Der war allerdings einzigartig.
    Hanna hatte Wacholder immer für einen Busch gehalten, aber sie verstand auch nicht viel von Botanik. Sie war Großstädterin durch und durch. In Hamburg-Wilhelmsburg geboren, in Hamburg-Harburg aufgewachsen, hatte sie mehr als zehn Jahre lang bei der Polizei in Hamburg-Altona in Dienst gestanden. Im Großstadtdschungel fand sie sich zurecht, weite Grünflächen oder dichte Wälder waren nicht so ihr Ding. Jedenfalls stand dieser Riesenbaum vor der Hausnummer sechsunddreißig und sah ein bisschen aus wie eine Zypresse aus der Toskana, die sich verlaufen hatte.
    Hanna parkte am Straßenrand, stieg aus, ignorierte ein leichtes Schwindelgefühl und ging auf die Haustür zu. Noch bevor sie am Riesenwacholder vorbei war, wurde die Tür von innen aufgerissen.
    »Da sind Sie ja endlich! Ich warte schon seit Stunden auf Sie! Wollte schon die Polizei rufen!«
    Hanna blieb abrupt stehen. Wo war sie hier gelandet? In einem Dorf der verrückten Alten?
    Die Frau vor ihr sah aus wie die unwesentlich jüngere Schwester des durchgeknallten Kutschers. Das mochte an dem ebenso speckigen uralten Filzhut auf ihrem Kopf liegen – oder daran, dass Hanna dringend ein Glas Wasser brauchte.
    »Frau Pleschke?«, erkundigte sie sich vorsichtig und zwinkerte gegen die bunten Sterne vor ihren Augen an. Sie hatte sich unter ihrer Vermieterin jemand anderes vorgestellt. Eine junge Frau, vielleicht Anfang dreißig wie sie selbst, die ihr in ihrer Verbannung eine tröstende Freundin werden konnte. Reines Wunschdenken, wurde ihr jetzt klar.
    »Die bin ich. Höchstpersönlich. Was machen Sie denn da? Sie wollen doch wohl nicht umkippen?«
    »Selbstverständlich nicht«, erwiderte Hanna
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