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Mord mit Schnucke: Heidekrimi (German Edition)

Mord mit Schnucke: Heidekrimi (German Edition)

Titel: Mord mit Schnucke: Heidekrimi (German Edition)
Autoren: Brigitte Kanitz
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dabei. »Mit Ehrgeiz und Pflichtbewusstsein allein kommt man im Leben nicht weit.«
    Hanna war nicht sicher, ob sie richtig verstanden hatte, und zog es vor, darüber hinwegzugehen.
    »Und Hendrik, der Mistkerl, hat mich fleißig betrogen, wenn ich Doppelschichten geleistet habe. Als ich es herausfand, hat er behauptet, er könne nichts dafür, wenn sich ihm die Frauen an den Hals würfen. Und so was nach fünf Jahren Beziehung, in der er mir regelmäßig seine ewige Liebe geschworen hat.«
    Luise machte eine müde Handbewegung. »Hab noch keinen Mann erlebt, der einer Versuchung widerstehen könnte. Damals, in den Fünfzigern in Berlin, hat mich auch mal einer betrogen. Ha, dem hab ich’s aber heimgezahlt …« Sie brach ab. »Die Geschichten einer alten Frau interessieren dich bestimmt nicht.«
    Eigentlich schon, dachte Hanna, wollte aber nicht genauso neugierig erscheinen wie Luise. Daher fragte sie nur: »Berlin? Du bist gar nicht von hier?«
    Luise kicherte, was Hanna auf einmal wieder angenehm fand. Angenehmer als diesen mitleidsvollen Blick. »Ich lebe seit vierzig Jahren in Hasellöhne, aber für manche Leute hier bin ich immer noch die Zugereiste.«
    »Super. Dann habe ich so ungefähr im Jahr zweitausendfünfzig die Chance, von den Einwohnern akzeptiert zu werden?«
    »Nur kein Pessimismus. Könnte auch schon zweitausendvierzig passieren.«
    Sie brachen beide in Gelächter aus, stießen an und tranken.
    Es fühlte sich gut an, eine Verbündete zu haben.
    Nach einer Weile erzählte Hanna weiter. »Ich habe dann von einem Kollegen in Stade gehört, der nach Hamburg wechseln wollte und einen Tauschpartner suchte.«
    »Einen Tauschpartner?«, hakte Luise nach. »Ist das was Unanständiges?«
    Hanna musste lachen. »Quatsch. Aber man kann sich im Polizeidienst nicht einfach von einem Bundesland ins andere versetzen lassen. Dazu braucht man jemanden, mit dem man die Stelle tauscht.«
    Luise wirkte enttäuscht und goss sich noch einen Schnaps ein.
    »Ich dachte, das wäre die Chance für meine Karriere«, fuhr Hanna fort. »Und ich konnte gleichzeitig Abstand von Hendrik gewinnen.«
    Während sie sprach, fühlte sie sich auf einmal beobachtet. Sie warf einen schnellen Blick aus dem Fenster, aber sie sah nur den Schatten des Riesenwacholders. Wirklich? Seit wann sprang ein Baumschatten davon, wenn sie nur den Kopf wandte? Zu viel Schnaps, entschied Hanna und hielt die Hand über das Glas, als Luise schon wieder zur Flasche griff.
    »Lieber nicht. Ich habe heute noch nichts Richtiges gegessen.«
    »Dachte ich mir, Schätzchen. Im Ofen schmort schon ein feiner Hase mit Wacholderbeeren.«
    Irgendwie konnte Hanna das Wort Wacholder nicht mehr hören.
    »Wunderbar«, sagte sie trotzdem artig.
    »Und wie war es dann in Stade?«
    »Grässlich! Einfach grässlich!«
    »So schlimm?«
    »Schlimmer.« Hanna schloss kurz die Augen und erinnerte sich an ihren ersten Tag auf der Dienststelle. Die Begrüßung durch die neuen Kollegen, ein wenig zurückhaltend, aber freundlich. Der Handschlag von Polizeioberrat Ehling, die heftige Schwingung, die plötzlich Hannas Haut erfasste. Sie wollte sich einbilden, da sei nichts, verdrängte tagelang ihre böse Ahnung. Bis Ehling eines Abends zur Sache kam.
    »Einer der Kerle da wollte dir an die Wäsche«, mutmaßte Luise.
    Hanna riss überrascht die Augen auf. »Woher weißt du das?«
    Luises Blick wurde weich. »Steht dir ins Gesicht geschrieben.«
    »Er hat mir meine Beförderung in Aussicht gestellt«, murmelte Hanna.
    »Unter der Bedingung, dass du ein bisschen nett zu ihm bist.«
    »Hm.«
    Luise legte ihre Stirn in tausend Falten. »Und wie hast du reagiert? Nein, warte, lass mich raten. Ich kenne dich ja schon seit zwei Stunden, da ist es nicht besonders schwer. Du hast ihn angezeigt.«
    »Ich … war kurz davor.« Die zweite Möglichkeit, nämlich ihre Waffe zu ziehen und den verheirateten Familienvater über den Haufen zu schießen, hatte Hanna nur ganz kurz in Erwägung gezogen.
    Sie überlegte, wie sich wohl ihr sagenhafter Vorgänger in Hasellöhne verhalten hätte, sofern er eine Frau gewesen wäre. Vermutlich hätte Karl Överbeck die schießende Variante gewählt.
    »Aber?«, hakte Luise nach.
    Hanna senkte den Kopf. »Ich war zu feige. Mir war klar, dass ich für alle Zeiten bei sämtlichen Kollegen in Deutschland als Nestbeschmutzer gelten würde. Wenn ich Ehling angezeigt hätte, dann hätte ich mir auch gleich einen neuen Job suchen können. Als Nachtwächterin oder
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