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Mord mit kleinen Fehlern

Titel: Mord mit kleinen Fehlern
Autoren: Lisa Scott
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fächerförmig angeordneten Hochglanzmagazinen, bildeten eine veritable Oase nach der Hitze und dem Gedränge draußen.
    Der Feiertagsverkehr hatte bereits eingesetzt, und Anne hatte vor dem Gerichtsgebäude kein Taxi bekommen, weshalb sie in ihren Blahniks fünfundzwanzig Häuserblocks weit gehen musste, was sie als eine unnötig grausame Bestrafung empfand. Mit einem Seufzer kickte sie sich die Pumps von den Füßen. Sie stopfte die Schuhe in ihren Aktenkoffer und stapfte barfuß zur Empfangstheke, die ebenfalls verlassen war. Die Empfangssekretärin hatte wohl früh Schluss gemacht, und in der ganzen Lobby war keine Menschenseele zu sehen. Es herrschte Stille, mit Ausnahme des Gelächters in einem der weiter hinten liegenden Büros. Anne wusste auf Anhieb, wem die Stimmen gehörten.
    Anne nahm das Klemmbrett zur Hand, das auf der Empfangstheke lag, und sah sich die Liste derer an, die sich ein und wieder ausgetragen hatten. Bennie Rosato hatte sich für den ganzen Tag wegen Außenterminen abgemeldet, und Anne atmete erleichtert auf. Wegen der Eingabe mit dem nackten Mann wäre sie ganz schön in Erklärungsnot geraten. Das Telefon auf der Empfangstheke klingelte, und Anne nahm den Hörer ab.  »Rosato und Partner«, meldete sie sich.
    Der Anrufer war ein Mann. »Hier sind die Daily News. Ist Anne Murphy zu sprechen? Wir haben ein paar Fragen an sie wegen ... «
    »Tut mir Leid, ich bin nicht da.« Anne warf den Hörer auf die Gabel. Als das Telefon erneut klingelte, tat sie so, als wäre es reine Hintergrundmusik. Sie legte das Klemmbrett zur Seite und ging die rosa Benachrichtigungszettel durch, suchte sich die heraus, die sie betrafen, nahm dann ihre Briefe und die großen FedEx-Umschläge aus dem schwarzen Schuber, auf dem ihr Name stand, und marschierte damit zu ihrem Büro.
    Das Sonnenlicht ergoss sich durch das Fenster hinter ihrem Stuhl, und ihr übervoller Schreibtisch badete in einem allzu weißen Gleißen. Die Staubkörnchen tanzten in der Luft, als die erhitzte Anne ihr Büro betrat. Ihr Schreibtisch stand vor der linken Wand, und darüber befanden sich Bücherregale aus Holz, gefüllt mit juristischen Fachbüchern und dicken Gesetzessammlungen, ein paar Krimis aus dem Juristenmilieu und abgelaufenen Neiman-Marcus-Katalogen voller Kleider, die sie eigentlich verdient hätte, sich aber noch nicht leisten konnte. In ihrem Büro gab es keine Fotos, und außer ihren Diplomen von der Universität Berkeley und der juristischen Fakultät von Stanford hing nichts an ihren Wänden.
    Anne ließ die Handtasche und den Aktenkoffer auf einen Hocker fallen, warf die Post und die Notizzettel auf den Schreibtisch, ging zu ihrem Stuhl und setzte sich. Das Gelächter war jetzt lauter, da sie näher an seiner Quelle saß. Es gehörte zu den beiden älteren Partnerinnen, Mary DiNunzio und Judy Carrier. Sie hingen mal wieder in Marys Büro herum, das ihnen quasi als Clubhaus diente.
    Anne ging ihre Nachrichten durch, aber sie war nicht mit dem Herzen dabei. Sie konnte einfach nicht still sitzen. Ihre Füße vibrierten angesichts ihres Sieges. Auf dem Weg ins Büro hatte sie Gil über Handy angerufen und ihm den Sieg berichten wollen, er hatte sich nicht gemeldet, also hatte sie nur eine Nachricht hinterlassen. Anne hatte auch ihm vorab nichts von dem nackten Mann erzählt; sie wollte, dass er im Falle ihrer Verhaftung alles glaubhaft abstreiten konnte. Doch jetzt hatte sich alles zum Guten gewendet. Sie hatte gewonnen!
    Anne war nach Feiern zumute. Sie hörte wieder das Lachen. Vielleicht konnte sie Mary und Judy zu einem Drink einladen. Das hatte sie zwar noch nie getan, aber warum eigentlich nicht? Sie hatte an diesem Abend nichts weiter geplant als einen Besuch im Fitness-Studio, und da würde sie nur zu gern einmal schwänzen. Anne trainierte viel, um den Stress abzuarbeiten, aber sie hasste das Training so sehr, dass es ihr neuen Stress verursachte.
    Anne stand auf und spazierte barfuß den Flur entlang in Richtung Gelächter. Die Unbekümmertheit des Lachens war ansteckend, und ihr eigenes Lächeln wuchs beträchtlich, als sie sich dem Büro von Mary näherte und sich zur Tür hineinlehnte. »Was ist denn so lustig, Mädels? «, fragte sie.
    Das Lachen hörte abrupt auf, als ob jemand einen Schalter umgelegt hätte.
    »Ach, nichts«, entgegnete Judy Carrier, die auf Marys Kommode saß. Aber ihre porzellanblauen Augen glänzten feucht vor Lachen, und ihre ungeschminkten Lippen verrieten noch letzte Spuren eines
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