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Mord ist schlecht fürs Geschäft

Mord ist schlecht fürs Geschäft

Titel: Mord ist schlecht fürs Geschäft
Autoren: Aufbau
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und ganz nah am Fluss lag.
    »Nimmst du ein Taxi?«, kreischte eine ihrer Freundinnen, die an der Bordsteinkante entlangtorkelte und sich verzweifelt an ihrem Freund festklammerte, der nur weg wollte, um sie in irgendeinem Ladeneingang zu bumsen.
    »Das soll wohl ’n Witz sein? Bin sowieso schon pleite!« Der prasselnde Regen überdeckte die gebrüllte Antwort.
    Was immer ihre Freundin zurückschrie, ging auch im Gepladder unter. Das Mädchen und der junge Mann verschwanden in der Dunkelheit zwischen den hohen Gebäuden.
    Loretta zog sich den Jackenkragen ums Gesicht, so gut sie konnte. Die Jacke war aus Plastik, schwarz und glänzend. Der Regen trommelte darauf, ehe er in kleinen Wasserfällen herabrann wie von einem Dach. Die Regenjacke war kurz, ihr Rock noch kürzer, die schwarze Strumpfhose von den Oberschenkeln an patschnass. Das nasse Haar klebte ihr in Strähnen im Gesicht, und das Wasser triefte ihr von den Augenbrauen.
    Der Lärm vorbeifahrender Autos überdeckte das Geräusch ihrer Doc Martens, mit denen sie über das glänzende Pflaster stapfte. Wie der Strahl eines Leuchtturms streiften Autoscheinwerfer durch den prasselnden Regen.
    Nachdem Loretta die North Parade verlassen hatte, wurden die Straßenlaternen und die Scheinwerfer seltener. Rechts von ihr lag der Park. Sie wollte die Straße bei »Bog Island« überqueren, |37| einer uralten viktorianischen Toilettenanlage, die ein Witzbold einmal zum Nachtklub umgebaut hatte. Während sie den Kopf gegen den peitschenden Regen senkte, verfluchte sie die stürmische Regennacht. Ihre Schritte hallten von den Wänden der engen Gässchen wider. Manchmal schien es ihr, als sei eine ganze Armee hinter ihr her – mindestens eine Person, vielleicht mehrere. Sie bibberte in ihrer Jacke und rammte die Hände noch tiefer in die Taschen, war froh, als sie endlich die Reihe der Häuser aus der Regency-Zeit erreicht hatte.
    Ringsum waren die alten Fenster mit den quadratischen Scheiben fest verschlossen, die Vorhänge zugezogen. Nun flitzten immer weniger Autos vorbei, denn die meisten vernünftigen Menschen waren längst zu Hause, lagen neben einem warmen anderen Menschen im kuscheligen Bett. Sogar die Ladeneingänge waren verlassen, knutschende Pärchen vom peitschenden Regen vertrieben, die Fummeleien unerfahrener Hände auf ein andermal verschoben.
    Hohle Echos, einsame Straßenlaternen und strömender Regen: die Nässe und die Dunkelheit hatten die Nacht erobert. Inzwischen trommelte der Regen so heftig und laut, dass sie ihre eigenen Schritte nicht mehr hören konnte. Auch die des Mannes nicht.
    Ein Schatten wurde lebendig. Sie schrak zusammen, als er vor ihr auftauchte. Dann erkannte sie ihn.
    »Du!«
    Mervyn Herberts Augen saßen tief in ihren Höhlen. Seine Zähne waren gelblich. »Eklige Nacht.«
    Loretta war keineswegs erfreut, ihn zu sehen. »Mervyn, hör auf, mir immer nachzuspionieren.«
    Er griff mit der Hand in die Hosentasche und zog eine Zwanzigpfundnote hervor. »Da. Kannst du wahrscheinlich brauchen.«
    Sie zögerte, und ihr Blick wanderte zwischen seinem Gesicht und dem Geld hin und her. Sie schnappte sich den Schein und stopfte ihn in die Tasche.
    |38| »Dachte ich mir doch, dass du was brauchst. Hast immer was für einen Pfundschein übriggehabt, was, Mädel?«
    Sie widersprach ihm nicht, wies ihn nicht darauf hin, dass es längst keine Pfundscheine mehr gab, nur noch Münzen. Geld kam ihr immer gelegen.
    »Ich bin mit dem Auto da.« Er grinste breit. »Komm schon, Süße. Ich tu doch nur meine Pflicht als liebender Papa.«
    »Du bist nicht mein Papa!« Ihr Aufschrei hallte zwischen den Häusern wider.
    Das Licht einer Straßenlaterne fiel auf Mervyns Pferdezähne, als er sie anlächelte. »Aber wir sind trotzdem eine Familie. Und es ist eine schreckliche Nacht.«
    Der Regen triefte Loretta in die Augen und rann ihr den Nacken hinunter. Sie fragte sich, ob sie heute mit ihm fertig werden würde. Der Regen wurde schlimmer, Blitze erhellten den Himmel. O ja! O ja! Ganz sicher würde sie das.
    »In Ordnung.«
    Sie bibberte immer noch, als sie sich auf dem Beifahrersitz des fünf Jahre alten Fords, ihres »Familienautos«, niederließ. Familie! Das war vielleicht ein Witz! Ihre Mutter erzählte jedem, der es hören wollte, sie sei praktisch noch ein Kind gewesen, als sie geheiratet hatte. Sie konnte es förmlich hören: »Meine Loretta ist siebzehn. Ich weiß, ich sehe gar nicht alt genug aus, aber ich war bei ihrer Geburt noch sehr jung. Gerade
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