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Mord in Wien: Wahre Kriminalfälle (German Edition)

Mord in Wien: Wahre Kriminalfälle (German Edition)

Titel: Mord in Wien: Wahre Kriminalfälle (German Edition)
Autoren: Helga Schimmer
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gegriffen und Fleissner damit so heftig auf den Kopf geschlagen, dass das Glas zersprungen sei. Weil der Mann stark geblutet und kein Lebenszeichen mehr gezeigt habe, sei sie, Pospischil, nur mehr von einem Gedanken getrieben worden: „Ich muss ihn verschwinden lassen.“
    Diese Version des Tathergangs erscheint den Ermittlern jedoch mehr als fragwürdig, denn die gerichtsmedizinischen Untersuchungen offenbaren, dass Fleissner aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes und seiner starken Alkoholisierung zu einem derart massiven Angriff kaum in der Lage gewesen sein kann. Außerdem weist der Schädel des Toten keine Knochenfrakturen auf – die Hiebe mit der Whiskyflasche haben Fleissner lediglich bewusstlos gemacht. Anstatt Hilfe zu holen, hat sich Gerda Pospischil bewusst zum Mord entschlossen: Das gebrochene Zungenbeinhorn belegt eine Tötung durch Erdrosseln.
    Bis zur völligen Erschöpfung hebt Pospischil in den folgenden drei Tagen das Grab im Hof aus, schleift den Toten hinein, übergießt ihn mit Benzin und zündet ihn an. Danach schaufelt sie das Grab wieder zu und verlegt darauf die neuen Rasenziegel. Nach eigenen Angaben führt die Taxilenkerin die körperliche Schwerstarbeit ohne einen Komplizen aus – es gelingt nicht, ihr das Gegenteil zu beweisen. Pospischils Ehemann jedenfalls hat für die mutmaßliche Tatzeit ein Alibi.
    Brutal wie ein sizilianischer Mafioso
    Was bei der Obduktion unumstößlich zutage tritt, ist die für Mitteleuropa einzigartige Mordmethode: die Garrotte. Mit diesem aus einem Halsring und einer Würgeschraube bestehenden Instrument wurden bis 1974 in Spanien zum Tode Verurteilte hingerichtet. In einer früheren Variante legte der Henker dem Delinquenten von hinten eine Drahtschlinge um den Hals und drehte sie mit Hilfe eines Stocks zu. Dabei wird die Atemluft langsam abgeschnürt – ein qualvoller Tod. Weil man mit einer Garrotte einen Menschen überraschend strangulieren kann, ohne dass er Laute von sich gibt, war die Tötungsart bei den Meuchelmorden der Cosa Nostra beliebt. Auch Kriminelle in Paris-Montmatre und im Hafenviertel von Marseille wandten die Methode bis in die Anfänge des 20. Jahrhunderts häufig an.
    Gerda Pospischil verleiht der Garrotte eine weiblich-wienerische Note: Sie legt dem bewusstlosen Gernot Fleissner ein Elektrokabel um den Hals und benützt statt des Stocks einen Kochlöffel und einen Pfannenwender – einen „Schmarrnschupfer“, wie man auf gut Österreichisch sagt. Noch in der Gerichtsverhandlung gibt sie sich verstockt und leugnet beharrlich, die 300.000 Schilling von Gernot Fleissners Sparbuch abgehoben zu haben. Pospischil verschwindet für die nächsten 20 Jahre hinter Gittern – buchstäblich, denn zu ihrem Ehemann und ihren Kindern hat sie jeglichen Kontakt abgebrochen.
    Geschäftsmodell: Meuchelmord
    Als Anfang der 1880er-Jahre in Wien einige politisch motivierte Attentate verübt wurden, richtete die Polizei ihr Hauptaugenmerk auf die Urheber dieser Anschläge: anarchistische Fanatiker. Andere Anzeigen wurden weit weniger beachtet als üblich. So konnte ein skrupelloser Verbrecher unbemerkt sein „Geschäftsmodell“ perfektionieren – eine Profession, die vermutlich rund 50 Frauen und Mädchen das Leben kostete.
    Der Lebensweg des Serienmörders aus finanziellem Kalkül beginnt 1849: Im mährischen Teschen wird er als Sohn des ehrenwerten Kreisgerichtsrat Schenk geboren. Hugo, so sein Name, wird mit Sorgfalt erzogen und zum Universitätsstudium bestimmt, bringt es jedoch nur bis zur vierten Klasse Gymnasium. Nach dem frühen Tod des Vaters kommt der schlechte Charakter des Sprösslings auffallend rasch zum Durchbruch. Zwar schafft Hugo noch den Abschluss an der militärtechnischen Artillerieschule und dient anschließend im 71. Infanterieregiment. Dort wiegen seine Verfehlungen aber so schwer, dass man ihn als Reservefeldwebel beurlaubt.
    Zu dieser Zeit – 1870, um genau zu sein – hat der mittlerweile 21-Jährige bereits verschiedene Betrügereien begangen. Das Olmützer Kreisgericht verurteilt ihn zu fünfjährigem schweren Kerker, wovon er allerdings nur zwei Jahre in der Strafanstalt Mürau verbüßt. Wegen guter Führung begnadigt, schlägt Hugo Schenk sich in der Folge als Reisender, Händler und Hadernsammler (Ankäufer von Lumpen für die Papierherstellung) durch, bis er sich im Frühjahr 1881 in der Hauptstadt der Donaumonarchie niederlässt. Nun fasst er endgültig den Entschluss, seinen Lebensunterhalt auf
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