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Mord in Wien: Wahre Kriminalfälle (German Edition)

Mord in Wien: Wahre Kriminalfälle (German Edition)

Titel: Mord in Wien: Wahre Kriminalfälle (German Edition)
Autoren: Helga Schimmer
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verbrecherische Weise zu bestreiten.
    Obwohl verheiratet, gibt Schenk eine Annonce im „Neuen Wiener Tagblatt“ auf, in der er sich heiratswilligen Frauen als Beamter mit stattlichem Jahresgehalt anpreist. Es meldet sich unter anderem eine gewisse Therese Berger, die dem Hochstapler prompt auf den Leim geht: Welch ein feiner Mann ihr Zukünftiger doch ist! 32, schlanke Gestalt, sanftes Gesicht, schmucker Schnurrbart. Und zu allem Überfluss verfasst der Verehrer rührselige Gedichte! Als Kostprobe dieser Reim, 1875 in der „Mährischen Illustrierten Zeitung“ veröffentlicht:
    Wonnige Stunden im Lenze!
    Sonniger duftiger Mai!
    Tage der blühenden Kränze,
    Seid ihr für ewig vorbei?
    Aber auch Aphorismen fließen dem Hobbypoeten aus der Feder:
    Des Weibes Reiz, er ist vergänglich,
    Für Geld allein bleibt man empfänglich.
    Derart derbe Sinnsprüche, die seine wahren Absichten offenbaren, verschweigt Schenk Therese Berger freilich. Die junge Frau erliegt seinen Schmeicheleien und vertraut ihm ihre gesamten Ersparnisse an, worauf der Galan sich auf Nimmerwiedersehen verflüchtigt. Aber Therese, keineswegs naiv, erstattet Anzeige, die zu Schenks Verhaftung und neuerlicher Verurteilung wegen Betrugs führt.
    Unternehmensgründung
    Die kommenden zwei Jahre in der Strafanstalt Stein an der Donau verfehlen ihre läuternde Wirkung allerdings völlig, denn Hugo trifft dort den 23-jährigen böhmischen Schlossergehilfen Karl Schlossarek, der wegen Diebstahls einsitzt. Die beiden schließen innige Freundschaft und verabreden, künftig gemeinsam zu agieren. Der früher entlassene Schlossarek wird auf Empfehlung Schenks der Intimus von dessen jüngerem Bruder Karl, einem bis dato unbescholtenen Kanzleidiener der Kaiserin-Elisabeth-Westbahn. Hugo stößt im März 1883, aus Stein nach Wien zurückkehrend, als Kopf des Unternehmens hinzu.
    Beim Willkommensschmaus präsentiert der ausgefuchste Stratege den angehenden Kompagnons sein Geschäftsprojekt: In jenen Tagen geben etliche junge Männer, die in der Donaumetropole ihr Glück versuchen wollen, Zeitungsinserate auf, in welchen sie gegen Zahlung einer Kaution um die Vermittlung eines guten Postens ersuchen. Ebendiese Kaution – meist die gesamten Ersparnisse der Hoffnungsfrohen – gelte es abzustauben. Für den Erfolg des Unternehmens, so Hugo weiter, sei es jedoch unumgänglich, die Opfer an einen einsamen Ort zu locken und zu töten, damit sie nicht wie Therese Berger Strafanzeige erstatten können. Denn ein weiteres Mal ins Gefängnis gehe er, Hugo, mit Sicherheit nicht.
    Schenks Bruder Karl meldet daraufhin Bedenken an: Mit Mord will er nichts zu tun haben. Hugo aber hält an seinem Plan fest, er beschafft sich Waffen, Gift und Betäubungsmittel, und der Bruder willigt schließlich ein, die Rolle des Boten und Aufpassers zu spielen.
    Wenige Tage später findet das Trio durch eifriges Zeitungslesen den ersten „Kunden“. Hugo Schenk schickt Karl Schlossarek zum Müllergehilfen Franz Podpera, der Verkäufer in einer Mehlhandlung werden will. Schlossarek ist mit seinem deftigen Gehaben und dem starken böhmischen Akzent genau der Richtige für die Anwerbung eines einfachen Arbeiters. Er gibt sich als Maschinist einer Dampfmühle im mährischen Sternberg aus und lobt die dortigen Arbeitsbedingungen über den grünen Klee. Podpera schluckt den Köder, sendet ein Sparkassenbuch mit der Kaution postlagernd nach Sternberg und besteigt mit Schlossarek die Nordbahn. Ebenfalls im Zug sitzt Hugo Schenk, der die Durchführung des Unternehmens überwacht.
    Die Reise endet planmäßig bereits in Rohatec, wo Schlossarek den arglosen Müllergehilfen in einen Hinterhalt lockt und ihm von hinten einen Revolver ans Genick setzt. Geistesgegenwärtig fährt Podpera herum und ringt um sein Leben. Schlossarek, der erkennt, dass ihm der kräftige Landbursche überlegen ist, ergreift die Flucht. Schnellstmöglich fährt er mit Schenk nach Wien zurück, die in Sternberg postlagernde Kaution muss als Verlust abgeschrieben werden.
    Von diesem Fehlschlag unbeeindruckt wickeln Schenk & Co nur zwei Wochen später, im April 1883, das nächste „Geschäft“ ab. Dabei geht man um einiges professioneller vor: Der Kutscher Franz Bauer, dem gegenüber Schlossarek sich als Agent eines Wäschegeschäftsbesitzers ausgibt, soll die Kaution gleich in bar mitbringen. An einer einsamen Stelle im Weidlingauer Wald überredet der Agent den Jobanwärter zu einem stärkenden Schnaps, der mit einem
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