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Mord in Thingvellir

Mord in Thingvellir

Titel: Mord in Thingvellir
Autoren: Stella Blómkvist
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Geldanlage des Jahres. Im Nachhinein jedenfalls. Aber wenn es den Eigentümern von Zuchtvogel gelungen wäre, den Konkurs abzuwenden, hätte der Schuldbrief mir locker bis zu sechzig Prozent Zinsen eingebracht. Also ging ich das Risiko ein.
    Aber es ist wohl nicht immer möglich, auf dem Markt der Schuldner Kohle zu machen.
    Nach der Besprechung gehe ich beim dänischen Sandwichrestaurant Jómfrú an der Laekjargata vorbei. Eile an den mit Bildern behängten Wänden vorbei. Und an den vielen kleinen Tischen mit karierten Tischdecken. Bis auf die geflieste Terrasse hinter dem Haus. Suche mir dort einen Platz im hellen Sonnenschein. Ich genieße einen brennend heißen Espresso und ein kunstvoll belegtes Brot à la Kopenhagen.
    Tausend Kalorien in jedem Bissen?
    Ist mir aber egal. Pfeife auf das unterbewusste Nörgeln der eingebauten Fettpolizei und erlaube mir, die wunderbaren Gaumenfreuden vollends zu genießen.
    Blättere dabei die DV durch. Die Überschriften sind riesig und spektakulär. Wie immer, seit der jüngste Retter aus der Wirtschaft das Blatt wiederbelebt hat, nachdem die vorigen Besitzer in den finanziellen und politischen Ruin geschlittert sind.
    Der Leichenfund in Thingvellir ist immer noch die größte Nachricht.
    Die Zeitung behauptet, dass die Ermittlungen in dem Fall so gut wie gar nicht vorankommen. Hreggvidur, der Bezirksverwalter von Selfoss, leite die Untersuchungen des Falles, aber er habe keine Erfahrung mit Ermittlungen in schwierigen Mordfällen. Und lehnt es strikt ab, den Medien Informationen zum Mord zu geben. Wahrscheinlich deshalb, weil er selbst nichts weiß.
    Die DV zitiert einen namentlich nicht genannten Informanten, dass der Bezirksverwalter immer noch nicht die geringste Ahnung habe, wie die Frau heißt, die im Ertränkungspfuhl gefunden wurde. Er wisse ebenfalls nicht, wann oder wie die Frau gestorben sei.
    Ich erlaube mir ein Grinsen.
    Das Durcheinander bei den Goldjungs überrascht mich schon lange nicht mehr.
    Ein paar Seiten weiter hinten ist in der Zeitung ein großes Foto von ein paar Typen im Lederdress von den »Schnecken«, dem Motorradverein der isländischen Republik.
    Diese schwarz gekleideten Ritter der Landstraße sehen wirklich Furcht einflößend aus. Aber grinsen breit.
    Unter dem Foto steht geschrieben:
     
    Justizminister zur Ehrenschnecke gekürt
     
    In dem Artikel wird berichtet, dass Grímur Rögnvaldsson, Justizminister, am vergangenen Wochenende in feierlichem Rahmen zur Ehrenschnecke des Vereins ernannt wurde. Der Minister besitzt seit seiner Jugend ein Motorrad und benutzt es immer noch ab und zu, obwohl er sich meistens in einer glänzend polierten Limousine seines Ministeriums durch die Stadt kutschieren lässt.
    »Es macht ganz besonderen Spaß, Motorrad zu fahren und wieder dieses gute, alte Feeling zu spüren, als wäre man jung«, wird Grímur in der Zeitung zitiert.
    Jung und lüstern. Sagt das Grinsen in dem genießerischen Gesicht.
    Er ist einer der jüngsten Minister des Landes. Knapp über vierzig. Mit dunklem, gelocktem Haar und einem rundlichen Gesicht.
    Momentan werden fast täglich Fotos von Grímur in irgendeinem Medium veröffentlicht. Er scheint besonders geschickt darin zu sein, immer da aufzutauchen, wo das Scheinwerferlicht am hellsten ist. Und ist ohne Halt in Richtung politischer Sternenhimmel unterwegs. Möchte Parteivorsitzender und Ministerpräsident werden. Sagen jene, die die Karriereambitionen der Politiker verfolgen.
    Auf dem Heimweg gehe ich bei meinem Anlageberater vorbei.
    Im letzten Jahr habe ich es aufgegeben, mich selbst um Kauf und Verkauf in- und ausländischer Aktien zu kümmern. Das kostet zu viel Zeit. Treffe daher meinen Broker einmal in der Woche, um den neuesten Stand meines gesammelten Eigentums durchzugehen. Und überlasse ihm die Handarbeit.
    Der Kerl findet, dass ich manchmal zu leichtsinnig bin, was meine Geldanlagen angeht. Er fordert mich immer wieder auf, mich mehr in Geduld zu üben. Und auf langsamer steigende, aber sichere Gewinne zu warten.
    In gewissem Sinn hat er natürlich Recht. Aber es liegt mir einfach nicht, vorsichtig auf der Schnellstraße des Gewinneinstreichens herumzutuckern.
    Nicht mehr.
    Die Vorfälle der letzten Jahre haben langsam, aber sicher meine Einstellung geändert. Haben mir gezeigt, wie vergänglich das Leben ist.
    Heute noch lebendig. Morgen schon tot.
    »Uff!«
    Auch jetzt fährt mir bisweilen noch ein unheimlicher Schauer über den Rücken, wenn ich an die Augenblicke
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