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Mord in Thingvellir

Mord in Thingvellir

Titel: Mord in Thingvellir
Autoren: Stella Blómkvist
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nett wäre, kleine Füße die Treppe in meinem roten Reihenhaus hoch- und runtertippeln zu hören.
    Diese merkwürdige und abwegige Idee hat sich irgendwie bei mir eingeschlichen. Völlig instinktiv. Als ich eigentlich über etwas völlig anderes und wesentlich Schlaueres hätte nachdenken sollen.
    Aber natürlich hole ich mich gleich wieder auf den Boden der Tatsachen zurück.
    Ich? Ein Kind bekommen?
    Völliger Blödsinn!
    Warum sollte ich auch ein Kind aufziehen, das möglicherweise bis über beide Ohren im Drogensumpf enden könnte? Wie Fjóla?
    Verdammt, warum springe ich bloß immer auf junge Opfer an? Unter anderen Umständen hätte ich mich nie darauf eingelassen, Andrés zu helfen, seine Tochter aus dem Schweinestall zu holen.
    Er kam zu mir ins Büro. Direkt von der Straße. Völlig verzweifelt. Und flehte mich an, ihm zu helfen.
    Andrés erzählte mir ohne Umschweife seine Geschichte. Eine Geschichte von Alkoholismus und Drogenkonsum. Und ließ nichts aus.
    Er war in den Westfjorden mit Seefahrt und Wochenendbesäufnis aufgewachsen. Wo der Kampf ums tägliche Brot an die Fischerei gebunden war. Wo die Politikusse Quoten für die Schätze des Meeres vergaben. Quoten, die sich in den Händen weniger bündelten. Vor allen Dingen in den Händen von Großunternehmern, die in anderen Landesteilen saßen.
    Andrés zog in den Süden, nachdem die Quoten vergeben worden waren. Verbrachte trotzdem den Großteil des Jahres auf See. Auf großen Trawlern mit Frostanlagen. Aber trank, wenn er zwischendurch an Land war. Wo er vor gut fünfzehn Jahren Rósa traf. Und sie geheiratet hat.
    Die Eheleute tranken immer zusammen, wenn er an Land war. Immer mehr. Ohne, dass Andrés vor sich oder anderen zugeben wollte, dass er ein ernsthaftes Alkoholproblem hatte.
    Auf einer Tour gelang es Júlíus schließlich, seinen Kumpel davon zu überzeugen, dass er eine Therapie machen sollte. Aufhören sollte zu saufen.
    Andrés gelang es, sich aus dem tödlichen Griff der Alkoholkrankheit zu befreien. Aber wurde dabei auch bekehrt. Nahm Jesus als seinen Erlöser und als das Licht der Welt an und so weiter.
    Rósa reagierte ungehalten über diese grundlegende Änderung in Andrés’ Lebensanschauung. Sie versuchte, ihn wieder dazu zu bringen, mit ihr zu saufen und einen draufzumachen. Als ihr das nicht gelang, suchte sie sich einen neuen Mann, der mit ihr trinken wollte. Und noch einen.
    Das führte dazu, dass Andrés schließlich mitsamt seinem Hab und Gut aus der Hochhauswohnung im Breidholt auszog, wo die Familie ein paar Jahre gewohnt hatte. Und fuhr weiterhin den Großteil des Jahres zur See.
    Er hatte keine Möglichkeit, sich so um seine Tochter zu kümmern, wie es sich gehört hätte. Aber als er letzte Weihnachten an Land war, erfuhr er, dass Fjóla bis über beide Ohren in Drogen und Alkohol steckte, genau wie ihre Mutter. Obwohl sie da erst dreizehn Jahre alt war.
    Er besuchte Mutter und Tochter, um Fjóla wieder zur Vernunft zu bringen. Aber sie lachte ihn nur aus. Und bot ihm ein Glas Schnaps an.
    Als er vor zwei Wochen wieder an Land kam, war Fjóla von zu Hause ausgezogen. Rósa behauptete, nicht zu wissen, wo sie sich aufhielt. Das Mädchen hätte ihre eigenen Freunde und wolle nichts mehr mit ihr zu tun haben. Oder mit dem aktuellen Saufkumpan.
    Andrés bat Júlíus, ein paar Nächte lang mit ihm durch die Innenstadt zu ziehen, um Fjóla zu suchen. Sie trafen in einer der engen Altstadtstraßen auf sie, wo Pubs, Cafés und Nachtclubs um Gunst und Geld der Nachtschwärmer buhlen.
    Sie wurde von drei bulligen Typen begleitet, die sie gewissenhaft bewachten. Als wäre sie ein Hauptpreis im Lotto. Sie pöbelten Andrés an und drohten mit einer Schlägerei, wenn er das Mädchen nicht in Ruhe ließe.
    Er war ratlos. Und suchte mich auf.
    In der letzten Zeit habe ich mich vor allen Dingen auf die Sache konzentriert, die am wichtigsten ist: Mehr Scheinchen für das Stellasparschwein zu sammeln. Nicht zuletzt, indem ich Schulden von so genannten »Bisnessmännern« in Krisenstimmung kaufe und sie rigoros eintreibe.
    Es gibt keinen Grund, um pleite zu sein. Dafür ist nach dem Tod noch genug Zeit.
    Aber ich ließ die Kriminellen in Ruhe. Auch die mächtigen Rotzlöffel der Gesellschaft. Hatte erst mal mehr als genug von der Hinterzimmerwelt der Hauptstadt, wo sich das Leben um Macht und Drogen, Brutalität und Gier dreht. Und zeigte große Standhaftigkeit. Lehnte einen Fall nach dem anderen ab. Bis Andrés zu mir ins Büro kam und
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