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Mord in Thingvellir

Mord in Thingvellir

Titel: Mord in Thingvellir
Autoren: Stella Blómkvist
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besten an Informationen kommt. Und hat jahrelang unzählige Artikel für diverse Medien über isländische Kriminelle aller möglichen Couleur geschrieben. Es geschah eigentlich wie von selbst, dass er nach der Auferstehung der Zeitung und nach der Resignation der unabhängigen Nachrichtenseiten im Internet wieder in die Redaktion der DV zurückfand.
    »Ermordet für die Ehre der Väter«, lese ich aus der Zeitung vor. »Dir ist doch hoffentlich klar, dass eure Leser diesen Artikel in direktem Zusammenhang mit dem Mord im Ertränkungspfuhl bringen? Und daraus den Schluss ziehen, dass Soleens Vater sie umgebracht hat?«
    »Selbstverständlich«, antwortet Máki, »aber das macht nichts, denn die Mehrheit im Land meint ja jetzt schon zu wissen, dass der Vater das Mädchen um die Ecke gebracht hat.«
    »Gibt es denn etwas, das direkt darauf hinweist?«
    »Woher soll ich das wissen? Die Ermittlungen werden von einem Minderbemittelten geleitet, der noch nie was mit einem Mordfall zu tun gehabt hat. Hreggvidur hat keinen blassen Schimmer, zumal er ja eh nur ein politisches Rennpferd ist, das am Staatstrog gefüttert wird. Früher oder später wird es dazu kommen, dass das Büro des Staatspolizeichefs und die Polizei in Reykjavík den Fall übernehmen werden, aber bis dahin versucht die Allgemeinheit, die Lücken durch Rätselraten zu füllen, und da bietet es sich doch an, die Sache dem Vater anzuhängen.«
    »Sind das eure neuen Arbeitsregeln, dass die Leute so lange schuldig sind, bis das Gericht sie freispricht?«
    »Jetzt stell dich doch nicht so an! Wir berichten nur über Tatsachen, die sowieso bekannt und wichtig sind. Dieser Artikel basiert auf öffentlich zugänglichen Informationen, die jeder im Internet finden kann, wenn er weiß, wie eine Suchmaschine funktioniert.«
    »Aber der Zusammenhang, Máki? Findest du nicht, dass die Verbindung zu eindeutig ist? Solange ihr nichts in der Hand habt, was den Mann direkt mit dem Mord in Verbindung bringt?«
    »Nein, da können wir uns wohl nicht einigen. Außerdem kann es sehr gut sein, dass der Kerl schuldig ist, was weiß ich?«
    »Hört sich aber nicht so an.«
    »Ja ja, du weißt natürlich viel besser als ich, wie Väter mit ihren Töchtern umgehen«, antwortet Máki eingeschnappt.
    »Musst du jetzt unbedingt persönlich werden?«
    »Aber unter uns gesagt scheint das Zuhause des Mädchens wie das schlimmste Gefängnis gewesen zu sein«, fügt er hinzu. Und senkt dabei die Stimme, als ob er mir ein Staatsgeheimnis verraten würde. »Ich habe eine Freundin von ihr aufgetan, die mir dubiose Geschichten erzählt hat, wie der Vater sich Soleen gegenüber verhalten hat. Morgen bringen wir die Story.«
    Seine Worte gehen mir noch eine ganze Weile durch den Kopf, nachdem wir unser Telefonat beendet haben.
    Ein Zuhause wie ein Gefängnis? Hatten Soleen und ich das vielleicht gemeinsam? Meine Wut ist verflogen.
    Ich lege die Zeitung zur Seite. Wende mich dem Computer zu. Überprüfe den Stand der Dinge. Erledige die Aufgaben, die an der Reihe sind. Schreibe Zahlungsaufforderungen. Mahnbescheide. Klagen.
    Kümmere mich um alles Alltägliche, was die Räder des Finanzlebens am Laufen hält. Und häufe immer mehr Scheinchen im Stellasparschwein an.
    Am Nachmittag ruft Andrés an. Man hört sofort, dass er sehr niedergeschlagen ist.
    »Ich habe gerade mit Soffía von der Entzugsklinik gesprochen.«
    »Ah, und wie geht’s Fjóla?«
    »Ich, ähm, sie hat das Erste überstanden, denke ich, aber das ist nur der Anfang, ähm, das Schlimmste hat sie noch vor sich.«
    »Ich verstehe.«
    »Aber Soffía hat mir etwas anderes erzählt, was mich einfach rasend macht.«
    »Was?«
    »Fjóla hat sich ihr in den letzten Tagen anvertraut und, ähm. was sie berichtet, ist wirklich haarsträubend.«
    »Das kann dich doch kaum überrascht haben?«
    »Ich meine nicht Schnaps und Drogen, sondern, ähm, das, was sie dafür tun sollte.«
    »Hmm.«
    »Ich weiß natürlich aus eigener Erfahrung, wie es ist, knülle zu sein und aufgeputscht, da macht man alles, um an eine Flasche oder neue Tabletten zu kommen, aber Fjóla war erst dreizehn, als sie damit anfing, und diese Schweine haben sie wie eine … äh …«
    Er seufzt tief in den Hörer.
    »… und das alles wird, ähm, von diesen Schweinen organisiert wie ein Geschäft und die Polizei unternimmt rein gar nichts!«
    »Jetzt beruhige dich erstmal, Andrés«, sage ich.
    »Der Herr steh mir bei!«, ruft er. »Aber wenn ich könnte, würde ich, ähm,
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