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Mord in Tarsis

Mord in Tarsis

Titel: Mord in Tarsis
Autoren: John Maddox Roberts
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der Lanze nach Westen erstreckte.
    Unter Gemurmel stiegen die Stadträte und Häuptlinge ab und eilten zu dem großen Zelt. Die Freunde unterhielten sich mit gedämpfter Stimme, während sie ihnen folgten.
    »Dieser Mann neben Kyaga ist kein Schamane«, sagte Stunbog. »Er ist sogar stumm. Ich kenne die Anzeichen. Und seine Hände sind nicht mit Siegeln bemalt.«
    Nistur zog die Augenbrauen hoch. »Es wurde mehrfach bemerkt, daß er in Kyagas Gegenwart niemals spricht.«
    Jetzt grinste Eisenholz, bis er fast einem Haifisch ähnelte. »›Falsche Augen‹, hat Mütterchen Krötenblume gesagt. ›Er ist einer‹, hat sie gesagt!«
    »Ich gehe davon aus, daß ihr Gefasel jetzt mehr Sinn macht?« erkundigte sich Nistur.
    »Paß einfach genau auf und gib mir Deckung«, sagte Eisenholz.
    Im Zelt bauten sich der Fürst von Tarsis und seine Ratsherren auf der einen Seite auf, Kyaga und seine Häuptlinge auf der anderen. Alle starrten einander mit kaum verhohlener Feindseligkeit an. Eisenholz, Nistur, Muschelring und Stunbog gingen in die Mitte.
    »Sprecht. Und bedenkt, meine Geduld ist nicht endlos«, befahl Kyaga.
    »Meine Gerechtigkeit wird furchtbar sein, wenn ihr ein falsches Spiel mit uns treibt«, versprach der Fürst von Tarsis.
    »Nur keine Angst«, sagte Nistur, der mit großer Geste seinen Hut schwenkte. »Wir werden Euch allen ein Schauspiel liefern, das Eure höchsten Erwartungen übertreffen wird. Mein guter Freund wird jetzt zu Euch sprechen.« Er wies auf den Söldner und flüsterte: »Mach deine Sache gut!«
    »Ich bin Eisenholz, der Söldner, Sonderkommissar im Auftrag des Fürsten von Tarsis. Bei der Suche nach dem Mörder von Yalmuk Blutpfeil und Guklak habe ich folgendes herausgefunden.« Er sah sich unter ihnen um, um sicherzugehen, daß er ihre volle Aufmerksamkeit hatte. Dann wandte er sich an die Tarsianer.
    »Fürst von Tarsis, vor einigen Tagen habt Ihr die Gesandten von Kyaga Starkbogen empfangen. Häuptling Yalmuk Blutpfeil sollte die Verhandlungen im Auftrag des abwesenden Kyaga Starkbogen führen, bis Kyaga im Nomadenlager ankäme. War das so?«
    »Es war so«, bestätigte der Fürst.
    »Es war nicht so«, sagte Eisenholz. »Das ist die erste von vielen Lügen in diesem Betrugsgespinst. Kyaga war nicht abwesend; er war die ganze Zeit anwesend. Ja, er war sogar bereits schon einige Zeit vor der Ankunft der Gesandten in Tarsis!«
    Bei diesen Worten brach aufgeregtes Gemurmel aus. »Er lügt!« rief Kyaga. Eisenholz fuhr ihn an wie ein wütender Löwe.
    »Hört mich an, und dann nennt mich einen Lügner, wenn Ihr es wagt!«
    »Weiter!« rief Speerbrecher, der schon zu dieser frühen Stunde vor Trunkenheit schwankte, aber das Spektakel sichtlich genoß. »Ich will mehr hören!«
    Jetzt drehte sich Eisenholz wieder zur tarsianischen Seite um. »Und Ihr, Fürst von Tarsis, habt versucht, Zwietracht zwischen Yalmuk und Schattensprecher zu säen, um die zwei gegeneinander aufzubringen. Ihr habt Eure Geheimräte angewiesen, die Häuptlinge getrennt zu bewirten und ihre Loyalität zu Kyaga nach Möglichkeit zu untergraben.«
    Der Fürst breitete die Hände aus, um an seine Vernunft zu appellieren. »Das war doch nur Diplomatie. Welcher verantwortungsvolle Herrscher greift nicht zu solchen Mitteln?«
    »Es ist ein riskantes Spiel, denn Eure eigenen Räte haben Euch betrogen. Aber letztlich habt Ihr alle damit nur Kyaga Starkbogen in die Hände gespielt.«
    »Jetzt redest du Unsinn!« sagte der Fürst energisch.
    »Ganz und gar nicht«, widersprach Eisenholz. »Geheimrat Rukh«, er zeigte auf den Mann in der Prunkrüstung, »hat Euch berichtet, daß Guklak Kyaga fanatisch ergeben wäre, nicht wahr?«
    »Das hat er.«
    »Als wir jedoch die anderen Häuptlinge hier befragten, haben wir erfahren, daß Guklaks Loyalität nicht groß war. Im Gegenteil, er war bereit zum Überlaufen. Rukh hielt das zurück, um den Mann zu seinem eigenen Vorteil zu nutzen. Ihr persönlich wußtet von Yalmuks wankender Loyalität.«
    »Und wie soll das beweisen, daß Kyaga in der Stadt war, während ich glaubte, er wäre weit entfernt?« wollte der Fürst wissen, der Geheimrat Rukh mörderische Blicke zuwarf, der ihn seinerseits mit völlig unschuldiger Miene ansah.
    »Fürs erste…« Eisenholz schritt auf Schattensprecher zu. Bevor der Mann zurückweichen konnte, ergriff der Söldner eine Handvoll der baumelnden Amulette und zog daran. Der breite Hut fiel herunter – und mit ihm die Perücke aus wallenden Locken. Hervor kam ein
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