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Mord in Mesopotamien

Mord in Mesopotamien

Titel: Mord in Mesopotamien
Autoren: Agatha Christie
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bemerkt.»
    «Bestimmt!» sagte Coleman.
    Richard Carey hob den Kopf und blickte Poirot aus seinen tiefblauen Augen durchdringend an. «Klagen Sie mich des Mordes an, Monsieur Poirot?», fragte er, äußerlich ruhig, aber mit einem drohenden Unterton.
    Poirot verneigte sich leicht. «Bis jetzt habe ich Sie alle nur auf eine Reise mitgenommen, auf eine Reise zur Wahrheit, und ich habe lediglich eine Tatsache festgestellt: Dass jedes Mitglied der Expedition, auch Schwester Leatheran, den Mord begangen haben könnte. Dass einige von Ihnen kaum als Täter in Betracht kommen, ist von sekundärer Bedeutung.
    Zunächst habe ich also die Mittel und die Möglichkeiten geprüft, dann ging ich zum Motiv über und stellte fest, dass jeder von Ihnen ein Motiv haben könnte. »
    «Aber, Monsieur Poirot!» rief ich empört. «Ich doch nicht, ich bin doch eine Fremde. Ich bin doch gerade erst hierhergekommen.»
    « Eh bien, ma súur, und hatte sich Mrs Leidner nicht gerade davor gefürchtet? Vor einem Fremden von außerhalb?»
    «Aber… aber… Dr. Reilly kennt mich doch ganz genau, er hat mich doch für den Posten vorgeschlagen.»
    «Was wusste er wirklich von Ihnen? Nur das, was Sie ihm selbst gesagt haben. Es hat auch schon falsche Krankenschwestern gegeben.»
    «Sie können an das St.-Christopher-Krankenhaus schreiben», begann ich, «und dort…»
    «Zunächst beruhigen Sie sich einmal. Ich habe ja nicht behauptet, dass ich Ihnen jetzt misstraue, ich habe nur gesagt, dass Sie jemand anderer sein könnten, als Sie vorgeben. Es gibt viele Betrüger, die als Frau verkleidet erfolgreich gewirkt haben. Dem jungen William Bosner wäre so etwas zuzutrauen. – Ich muss nun mit brutaler Offenheit weiter vorgehen, es ist unbedingt erforderlich. Ich habe jeden Einzelnen von Ihnen genau geprüft. Um mit Dr. Leidner zu beginnen, so habe ich mich sehr bald davon überzeugt, dass die Liebe zu seiner Frau die Haupttriebfeder in seinem Leben ist. Er war ein von Kummer und Sorge um seine Frau gequälter Mann. Von Schwester Leatheran habe ich bereits gesprochen. Wäre sie ein als Krankenschwester verkleideter Mörder, so müsste sie unerhört geschickt sein; ich glaube aber, dass sie das ist, wofür wir sie halten: eine absolut zuverlässige Krankenschwester.»
    «Vielen Dank», unterbrach ich seinen Redestrom.
    «Mr und Mrs Mercado weckten sofort meine Aufmerksamkeit, weil sie beide sehr aufgeregt und unruhig waren. Zunächst zog ich Mrs Mercado in Erwägung. War sie eines Mordes fähig und wenn, aus welchen Gründen? Mrs Mercado ist von zarter Konstitution. Auf den ersten Blick scheint es nicht möglich, dass sie stark genug wäre, eine Frau wie Mrs Leidner mit einem schweren Stein umzubringen; aber wenn Mrs Leidner gekniet hätte, wäre es ihr möglich gewesen, und es gibt verschiedene Mittel, wie eine Frau eine andere dazu veranlassen kann, niederzuknien. Oh, ganz äußerliche Mittel! Eine Frau kann zum Beispiel ihr Kleid kürzen wollen und die andere bitten, den Saum abzustecken, um ihr den Gefallen zu erweisen, würde die andere, nichts Böses ahnend, niederknien.
    Aber das Motiv? Schwester Leatheran hat mir von den wütenden Blicken berichtet, mit denen Mrs Mercado Mrs Leidner bedacht hatte. Mr Mercado erlag offensichtlich Mrs Leidners Charme. Doch ich glaube nicht, dass Mrs Mercados Aversion auf purer Eifersucht beruhte. Ich bin überzeugt, dass Mrs Leidner nicht das geringste Interesse an Mr Mercado hatte – und zweifellos wusste das Mrs Mercado. Sie mag wütend auf sie gewesen sein, doch nicht in dem Maße, um sie zu ermorden. Mrs Mercado ist offensichtlich ein mütterlicher Typ, aus der Art, wie sie ihren Mann ansah, schloss ich, dass sie ihn nicht nur liebt, sondern mit allen Kräften um ihn kämpfen würde – und mehr als das, dass sie die Möglichkeit, es tatsächlich tun zu müssen, in Erwägung zog. Sie war ständig auf der Hut! Unruhig war sie seinetwegen, nicht ihretwegen. Und nachdem ich Mr Mercado beobachtet hatte, ahnte ich auch, was sie beunruhigte, und mein Verdacht bestätigte sich: Mr Mercado ist süchtig – in sehr vorgeschrittenem Stadium.
    Ich brauche Ihnen allen wahrscheinlich nicht zu sagen, dass Süchtige bald jeden Sinn für Moral verlieren, dass ein Mensch unter dem Einfluss von Drogen zu Dingen fähig ist, die ihm früher nicht im Traum eingefallen wären. Ich halte es für möglich, dass es in Mr Mercados Leben einen dunklen Punkt gab, eine unehrenhafte Handlung, ja, ein Verbrechen, das seine Frau hatte
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