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Mord in Mesopotamien

Mord in Mesopotamien

Titel: Mord in Mesopotamien
Autoren: Agatha Christie
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verschiedensten Nationalitäten, Schwester», antwortete er freundlich. «Ein englischer Architekt, ein französischer Pater aus Karthago – er ist für die Inschriften zuständig –, dann Miss Johnson, auch eine Engländerin, sozusagen das Mädchen für alles. Und ein kleiner dicker Amerikaner, der fotografiert.
    Dann das Ehepaar Mercado. Der Himmel weiß, welche Nationalität sie haben, es müssen irgendwelche Südländer sein. Sie ist noch ziemlich jung, verschlagen und katzenhaft, und sie hasst die Schöne Louise. Schließlich sind noch ein paar junge Leute dabei, das ist alles. Alles komische Vögel, aber eigentlich ganz nett, finden Sie nicht auch, Pennyman?»
    Er wandte sich an einen älteren Herrn, der nachdenklich dasaß und mit seinem Zwicker spielte. «Ja… ja… wirklich sehr nett. Jeder Einzelne. Mercado ist ein merkwürdiger Kauz…»
    «Er hat einen komischen Bart», warf Mrs Kelsey ein, «er hängt so komisch herunter.»
    Major Pennyman fuhr, ohne sich um ihre Worte zu kümmern, fort: «Die beiden jungen Burschen sind sehr nett. Der Amerikaner ist schweigsam, und der Engländer spricht ein bisschen zu viel. Sonst ist es meist umgekehrt. Leidner selbst ist ein prächtiger Mensch – bescheiden und anspruchslos. Ja, jeder Einzelne ist reizend. Aber irgendwie – vielleicht bilde ich es mir nur ein – hatte ich, wenn ich in der letzten Zeit dort war, das Gefühl, dass etwas nicht stimmt. Ich kann nicht genau sagen, was… Aber keiner von ihnen schien sich natürlich zu geben. Es herrschte eine merkwürdig gespannte Atmosphäre. Vielleicht kann ich es am besten so erklären: Jeder reichte dem andern die Butter etwas zu freundlich.»
    Errötend – denn ich drängte mich ungern in den Vordergrund – warf ich ein: «Wenn Menschen zu sehr aufeinander angewiesen sind, gehen sie einander leicht auf die Nerven. Ich kenne das aus dem Krankenhaus.»
    «Das stimmt», sagte Major Kelsey, «aber sie haben gerade erst angefangen zu arbeiten; es ist also eigentlich noch zu früh, um einander auf die Nerven zu gehen.»
    «Bei einer solchen Expeditionsgruppe ist es wahrscheinlich genau wie bei unserem Leben hier», meinte Major Pennyman. «Auch da gibt es Cliquen, Rivalitäten, Eifersüchteleien.»
    «Dieses Jahr scheinen viele Neue dabei zu sein», sagte Major Kelsey.
    «Warten Sie mal!» Der Hauptmann zählte an den Fingern ab. «Der junge Coleman ist neu, ebenso Reiter; Emmott und die Mercados waren schon voriges Jahr da; Pater Lavigny ist neu, er kam anstelle von Dr. Byrd, der krank ist und daher dieses Jahr verhindert war. Carey gehörte schon von Anfang an dazu – seit fünf Jahren –, und Miss Johnson ist mindestens ebenso lange dabei.»
    «Ich fand immer, dass sie sich in Tell Yarimjah so gut vertrugen», bemerkte Major Kelsey. «Sie kamen mir wie eine glückliche Familie vor – was überraschend ist in Anbetracht der menschlichen Natur. Bestimmt gibt Schwester Leatheran mir Recht.»
    «Ja, das stimmt. Wenn ich an die Streitigkeiten im Krankenhaus denke, die sich oft um eine Kanne Tee drehen…»
    «In einer engen Gemeinschaft neigt man dazu, kleinlich zu werden», sagte Major Pennyman. «Aber hier muss etwas anderes im Spiel sein. Leidner ist ein so freundlicher, bescheidener Mensch, taktvoll und stets darauf bedacht, dass seine Leute in guter Stimmung sind und sich miteinander vertragen. Trotzdem habe ich neulich deutlich eine Spannung bemerkt.»
    Mrs Kelsey lachte. «Und Sie wissen den Grund nicht? Das liegt doch auf der Hand.»
    «Was meinen Sie?»
    «Mrs Leidner natürlich.»
    «Ach, Mary», sagte ihr Mann, «sie ist eine entzückende Frau, nicht die Spur streitsüchtig.»
    «Das behaupte ich ja auch nicht; aber sie verursacht Streitigkeiten.»
    «Wieso?»
    «Wieso? Warum? Weil sie sich langweilt. Sie ist keine Archäologin, sie ist nur die Frau eines Archäologen. Sie langweilt sich, weil sie keine Abwechslung, keine Anregung hat, und so schafft sie sich ihr eigenes Theater und amüsiert sich damit, die Leute durcheinander zu bringen.»
    «Mag, davon hast du doch keine Ahnung; das ist pure Phantasie.»
    «Vielleicht ist es Phantasie, aber du musst zugeben, dass die Schöne Louise nicht umsonst wie die Mona Lisa aussieht. Sie mag es nicht böse meinen, aber sie ist neugierig, was passieren könnte.»
    «Sie liebt Dr. Leidner.»
    «Das schon, und ich glaube auch nicht, dass sie Unruhe stiften will, aber sie ist eine allumeuse, diese Frau.»
    «Ihr Frauen seid ja reizend zueinander», spottete Major
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