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Mord in Babelsberg

Mord in Babelsberg

Titel: Mord in Babelsberg
Autoren: Susanne Goga
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überlegte er, wie vertraulich er werden konnte. »Wir sind keine Zauberer und keine barmherzigen Samariter, sondern Polizisten, Herr Wechsler. Das sollten Sie im Kopf behalten, wenn Sie Oberkommissar werden.«
    Leo sah ihn fragend an.
    »Es kann sich nur noch um ein paar Wochen handeln«, meinte Werneburg. »Und jetzt machen Sie, dass Sie nach Hause kommen, Sie sehen furchtbar aus. Hoffentlich haben Sie Ihre Frau schonend darauf vorbereitet.«
    Clara erwartete Leo an der Haustür, nachdem er ihr telefonisch angekündigt hatte, dass er früher Feierabend machen werde. Walther ließ es sich nicht nehmen, ihn nach Hause zu fahren. Als er in der Emdener Straße anhielt und ausstieg, kam Clara ihnen entgegen und warf einen besorgten Blick auf die Beifahrerseite.
    »Wie nett, dass du mir das, was von meinem Mann übrig ist, vorbeibringst«, sagte sie trocken.
    Walther hielt Leo den Arm hin.
    »Das ist nicht dein Ernst. Ich kann allein aussteigen.«
    Clara küsste Leo auf die Wange und warf einen Blick auf seinen Arm in der Schlinge. »Na wunderbar. Du verschwindest mitten in der Nacht und kommst so zurück.«
    Walther tippte sich an den Hut und grinste. »Einen angenehmen Abend. Und nicht vergessen, morgen um acht im Calypso-Club. Jenny freut sich schon.«
    Sie winkten, als er davonfuhr. Dann traten sie in den Hausflur,doch statt zur Treppe zu gehen, schaute Leo rasch nach links und rechts und schob Clara in eine Nische. Bevor sie etwas sagen konnte, umfing er sie mit seinem gesunden Arm, und sie spürte seine Lippen auf ihren. In diesem Kuss lag mehr als Leidenschaft, er zeugte von dem beinahe verzweifelten Verlangen, die letzten beiden Wochen hinter sich zu lassen. Clara vergaß, dass sie in einem Durchgang standen, den jeden Moment ein Nachbar betreten konnte; sie spürte Leos Herzschlag durch das Hemd und seinen Mund auf ihrem, und nur das zählte.

E PILOG
    SAMSTAG, 19. JUNI 1926
    Der Calypso-Club lag in der Nähe der Friedrichstraße. Von außen wirkte er schlicht und elegant, der Name leuchtete in blauem Neon von der Fassade. Ilse hatte sich bereiterklärt, bei den Kindern zu bleiben, so dass Leo und Clara den ganzen Abend für sich hatten. Sie waren essen gegangen und warteten nun vor der Tür des Clubs auf Sonnenschein und seine Verlobte.
    Leo hatte den Tag genutzt, um auszuschlafen, und war danach mit Georg und Marie auf den Rummelplatz gegangen, da Clara noch im Laden arbeiten musste. Der Fall hatte ihn sehr berührt, er war dabei körperlich und emotional an seine Grenzen gegangen. Er war froh, dass ihn der Arzt für ein paar Tage dienstunfähig geschrieben hatte, und es machte ihm nichts aus, die Arbeit einstweilen den Kollegen zu überlassen. Sie waren dabei, die Festgenommenen zu verhören; außerdem würde Paul Delbrück mit seinen Leuten das Atelier und die Pfaueninsel durchkämmen, um mögliche Beweise zu sichern, falls die Täter ihre Geständnisse zurückzögen oder die Aussage verweigerten. Am Montag würde Leo aber trotz seiner Krankschreibung noch einmal mit Johanna Gerber sprechen. Es gab viele offene Fragen, und sie mussten damit rechnen, dass diese Männer sich die besten Anwälte Berlins nehmen würden.
    »Guten Abend, Frau Wechsler. Guten Abend, Herr Kommissar. Meine Verlobte, Esther Grünberg.«
    Jakob Sonnenschein und eine zierliche, dunkelhaarige Frauwaren zu ihnen getreten. Sie trug einen hübschen Hut und ein knielanges, dunkelrotes Seidenkleid, das wunderbar zu ihrem Haar passte.
    »Ist Herr Walther schon drinnen?«, fragte Sonnenschein.
    Leo nickte. »Er hat einen Tisch reserviert und war so nervös, dass er schon um sieben hier sein wollte.«
    Clara lachte. »Er ist mächtig verliebt, was? Und stolz. Sie spielen Violine, Fräulein Grünberg?«
    Die junge Frau wirkte ein wenig schüchtern. »Ja, in einem Kammerorchester.«
    »Sie darf ab und zu auch ein Solo spielen«, erklärte Sonnenschein und warf einen Blick auf seine Verlobte, dass einem warm ums Herz wurde. Dann wurde er wieder ernst. »Wie geht es Ihnen, Herr Kommissar?«
    »Besser. Zehn Stunden Schlaf haben Wunder gewirkt.«
    Sie waren in den Vorraum des Clubs getreten, wo eine Garderobiere ihre Mäntel und Hüte entgegennahm. Alles wirkte geschmackvoll und dezent, kein Vergleich zum Continental-Keller, auch wenn der Abend dort sehr amüsant gewesen war.
    »Da seid ihr ja.«
    Walther war aus einer Tür aufgetaucht und gab allen die Hand. »Leo, du siehst deutlich frischer aus als gestern. Was ein Tag Urlaub so ausmacht. Clara,
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