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Mord in Babelsberg

Mord in Babelsberg

Titel: Mord in Babelsberg
Autoren: Susanne Goga
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zu behalten. Mit Robert Walther war er seit langem befreundet, und Jakob Sonnenschein hatte sich in den vergangenen drei Jahren zu einem ausgezeichneten Kriminalbeamten entwickelt.
    »Wer wird dabei sein?«
    »Glauben Sie allen Ernstes, ich würde es wagen, Ihnen Walther und Sonnenschein wegzunehmen?«, fragte Gennat lächelnd. »Nachdem Sie brauchbare Ermittler aus ihnen gemacht haben?«
    »Danke, Herr Kriminalrat, ich werde mich bemühen.«
    »Das will ich hoffen. Und nun, meine Herren  – Schwarzwälder Kirsch oder Stachelbeer?«
    Viktor König warf einen Blick aus dem Fenster. Sein Sinn für Dramatik hatte eigentlich nach Fackeln verlangt, die den Weg zur Haustür säumen sollten, ein lodernder Kontrast zu den klaren, vollendet symmetrischen Linien des Gebäudes. Doch sie wären nicht zur Geltung gekommen, weil es Juni war, kurz vor der Sommersonnenwende, und die Dunkelheit erst in einigen Stunden hereinbrechen würde. Also hatte er sich für senkrechte Quader aus schwarzem Glas entschieden, die wie eine Allee abstrakter Bäume zu der weißen Villa führten. Er trat einen Schritt zurück, um die Inszenierung in Augenschein zu nehmen, und nickte zufrieden. Schwarz und Weiß, rechte Winkel, nichts Weiches oder Fließendes, ganz wie er es sich erhofft hatte. Von einem Filmregisseur erwartete man roten Plüsch und vergoldetes Louis-seize-Mobiliar, Gemälde in barocken Rahmen und orientalische Teppiche. Nichts davon würden sie hier finden. Er war ein Mann, der überraschen wollte, der alle Regeln brach, der unberechenbar blieb. Das machte seinen Erfolg und sein Charisma aus.
    Der Architekt Ludwig Mies van der Rohe hatte ganze Arbeit geleistet, obwohl es nicht leicht gewesen war, ihn zu dem Entwurf zu überreden. Er war stets sehr beschäftigt, entwarf Wohnsiedlungen in verschiedenen deutschen Städten, so demnächst in Stuttgart, und hatte gezögert, den privaten Auftrag zu übernehmen. Es hatte Königs ganzer Beredsamkeit bedurft – eine seiner Stärken, die er gewöhnlich einsetzte, um die begehrtesten Schauspieler und besten Techniker für seine Filme zu gewinnen. Letztlich hatte der Architekt zugesagt, vorausgesetzt, man ließe ihm völlig freie Hand bei der Gestaltung des Hauses und des Grundstücks in Neubabelsberg, das König vor drei Jahren während der Inflationszeit von einem bankrotten Unternehmer erworben hatte.
    König hatte sich an die Abmachung gehalten und war während der Bauzeit nicht ein einziges Mal dorthin gefahren. Er hatte Mies van der Rohe sogar erlaubt, die Innenarchitektenauszuwählen, damit das gesamte Gebäude seinen Vorstellungen entspräche. Und der Architekt hatte ihn nicht enttäuscht. Vom Mobiliar über die Vorhänge bis hin zu Porzellan und Besteck war alles wie aus einem Guss, ohne künstlich oder vorgefertigt zu wirken. Böden aus Naturstein, viel Glas, klare Linien und die vorherrschenden Farben Schwarz, Weiß und Beige mit einigen goldenen und chromfarbenen Akzenten. Die Ledersessel im Wohnzimmer hatte er sogar selbst entworfen und anfertigen lassen.
    Und heute Abend gab Viktor König hier einen Empfang, bei dem er seinen neuesten Film vorstellen wollte. Er hatte lange nach einem Thema gesucht, mit dem er an seinen letzten Erfolg Undine anknüpfen konnte, ohne ihn zu imitieren. Er gehörte nicht zu jenen Regisseuren, die einen Film nach dem anderen abdrehten, getrieben von der Schnelllebigkeit des Geschäfts und der Sensationslust der Zuschauer, die nun, da das Geld endlich wieder etwas wert war, nach immer neuen Zerstreuungen verlangten. Seine Filme waren kostspielig, weil er sich auf allen Gebieten nur mit dem Besten zufriedengab, doch die Mühe lohnte sich, denn seine Werke wurden von Kritikern und Publikum gleichermaßen gefeiert.
    »Bist du fertig, Viktor?«
    Elly stand in der Tür und sah ihn schmollend an. Er ging rasch zu ihr, wobei er mit den Fingern flüchtig über einen der schwarzen Quader strich. Sie gefielen ihm, vielleicht würde er sie behalten. Sie wirkten wie schwarze Wächter, die sein neues Heim beschützten.
    Er ergriff Ellys Hand, um sie zu beschwichtigen, und zog sie an sich. »Ihr Haus, Frau König.«
    Sie lächelte geschmeichelt. Er tätschelte ihre Wange, schaute aber an ihr vorbei ins Wohnzimmer, in dem schon weißgedeckte Tische mit Getränken bereitstanden.
    »Wirst du denn auch hier sein? Öfter als bisher, meine ich?«, fragte sie.
    Ein ewiger Streitpunkt. Er hatte Elly Pawlak vor drei Jahren geheiratet. Es war das Beste, was der jungen Frau,
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