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Mord in Babelsberg

Mord in Babelsberg

Titel: Mord in Babelsberg
Autoren: Susanne Goga
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Schwimmen zugesehen.
    Sie waren die ganze Zeit über Hand in Hand gegangen wie ein junges Paar. Clara drückte wiederholt seine Hand, als wollte sie ihm eine Botschaft übermitteln, und er wusste genau, was sie meinte. Sie waren eine Familie. Worte waren dafür nicht nötig.
    Schon jetzt freute er sich darauf, sie nach Dienstschluss zu sehen, und spürte, wie sich etwas in seinem Inneren schmerzlich und wunderbar zugleich zusammenzog. Über ihm ratterte die S-Bahn in Richtung Friedrichstraße, doch der Lärm war so vertraut, dass er Leo nicht in seinen Gedanken störte, während er sich dem gewaltigen roten Bau des Präsidiums näherte. Selbst Herbert von Malchow, der in der Eingangshalle an ihm vorbeiging und so knapp nickte, dass es auch ein nervöses Zucken des Kopfes hätte sein können, gelang es nicht, ihm diesen Montagmorgen zu verderben.
    Leo begrüßte Fräulein Meinelt und betrat sein Büro, indem schon Robert Walther und Jakob Sonnenschein warteten.
    »Freut mich, Leo, das war mehr als überfällig«, sagte Walther strahlend und schlug seinem Freund auf die Schulter, bevor er sich wieder auf den Stuhl fallen ließ. »Dann dürfte die Beförderung nicht lange auf sich warten lassen. Lass uns nach Dienstschluss einen darauf trinken.«
    »Die Runde geht auf mich«, sagte Leo. »Sind Sie dabei, Sonnenschein?«
    Er nickte. »Freut mich sehr, Herr Wechsler.«
    Leo stellte die Aktentasche neben den Schreibtisch. »Noch ist es natürlich nicht so weit. Aber wenn wir den nächsten Fall nicht vermasseln, sieht es ganz gut aus.« Dann warf er Walther einen prüfenden Blick zu. »Du grinst wie ein Honigkuchenpferd. Das kann doch nicht nur die Freude über meine beruflichen Perspektiven sein.«
    Sein Freund wurde rot.
    »Na los, raus mit der Sprache«, sagte Leo belustigt.
    »Sie heißt Jenny.«
    »Schöner Name«, meinte Leo anerkennend. »Und was hat sie sonst noch zu bieten?« Er genoss es, Robert ein bisschen aufzuziehen. Dieser hatte ihm oft genug vorgehalten, er sei zu ernst, doch heute Morgen war Leo übermütig gestimmt.
    »Sie ist Sängerin.«
    Ein Leuchten ging über Sonnenscheins Gesicht. »Oh, eine Künstlerin? Das ist ja interessant.«
    Leo grinste. »Und diese Jenny bringt dich dazu, uns einladen zu wollen? Ein Wunder von einer Frau muss das sein.«
    Walther holte tief Luft, streckte die Beine vor sich aus und verschränkte die Arme. »Dann erzähle ich eben nichts über sie.«
    »Ich würde es gerne hören«, warf Sonnenschein ein wenig schüchtern ein. »Ich liebe Musik.«
    »Tut mir leid, Sonnenschein, aber der Kollege Walther ist anscheinend beleidigt. Dann müssen wir uns wohl gedulden.« Leo tat, als suchte er etwas in den Akten auf seinem Schreibtisch, bis Walther es nicht mehr aushielt.
    »Na gut. Sie tritt demnächst im Continental-Keller in der Charlottenstraße auf.«
    »War das nicht früher die Weiße Maus?«, unterbrach ihn Leo.
    »Nein, die ist um die Ecke in der Jägerstraße. Anita Berber hat dort getanzt. Sie und ihre hübsche Freundin, du weißt schon, der Fall mit dem Maler in den Rehbergen  – Thea Pabst, so hieß sie. Jedenfalls gibt es dort donnerstags eine Talentveranstaltung, ähnlich dem ›Kabarett der Namenlosen‹. Jeder, der möchte, kann dort auftreten.«
    »Augenblick mal«, warf Leo ein. »Wirklich jeder? Egal wie untalentiert?«
    Sonnenschein sah etwas gequält drein, sagte aber nichts.
    »Es ist ein Anfang, und nicht alle sind unbegabt«, erklärte Walther eifrig. »Jenny ist ein prima Mädchen und schreibt alle Lieder selbst. Und es geht angeblich nicht so schlimm zu wie bei den ›Namenlosen‹.«
    »Was für Lieder singt sie denn?«, wollte Sonnenschein wissen. Leo, der die Liebe des Kollegen zur klassischen Musik kannte, seufzte leise. Sonnenschein hatte sogar ein Abonnement auf einen Stehplatz in der Oper.
    »Freche Chansons. Ein bisschen wie die Waldoff. Nicht ganz jugendfrei, aber die Jugend kommt ohnehin nicht ins Continental. In einem heißt es: ›Als er mein Strumpfband um seinen Rumpf wand …‹«
    Leo, der gerade Kaffee trinken wollte, verschluckte sich und musste husten, bis ihm die Tränen kamen. Dann warf er einen Blick zu Sonnenschein und lachte noch lauter. So laut, dass er das Klopfen an der Tür nicht hörte.
    Fräulein Meinelt trat ein und schaute fragend in die Runde.
    »Herr Walther hat einen Witz erzählt«, sagte Leo und wischte sich die Augen.
    »Den würde ich auch gern hören.«
    Walther räusperte sich. »Verzeihung, aber er war nicht für
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