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Mord in Babelsberg

Mord in Babelsberg

Titel: Mord in Babelsberg
Autoren: Susanne Goga
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trat er in die Dienste des Großen Kurfürsten von Brandenburg, der ihm die Pfaueninsel schenkte. Eine Insel, deren eigene Geschichte schon geheimnisvoll ist. Man hat dort Schmuckstücke aus uralter Zeit gefunden. An diesem Ort stellte Kunckel kostbares Glas her, während die Menschen in der Umgebung an Hexenwerk glaubten, weil dunkler Rauch und seltsame Gerüche ans Ufer herüberwehten.«
    Er gab Elly die Kugel zurück. »Diesem faszinierenden Mann habe ich meinen neuen Film gewidmet. Seiner Lebensreise von den Anfängen als Apotheker, dem Aufenthalt in Murano, wo er die Glasherstellung studierte, den Versuchen der Goldherstellung für den Kurfürsten von Sachsen. Sie können erahnen, welch prächtige Kulissen sich da bieten.«
    Er machte eine ausladende Bewegung mit dem Arm, als deutete er auf eine Leinwand. »Venedig  – der Hof in Dresden – die Universität Wittenberg – die unberührte Schönheit der Pfaueninsel  – Stockholm. Die prunkvollen Kostüme des 17. Jahrhunderts. Und was wäre all das ohne eine hinreißende Liebesgeschichte?« Die frei erfunden war, aber dazugehörte, denn die Menschen wollten keine Geschichten ohne Liebe sehen.
    »Die Vorführung heute Abend ist ausdrücklich für einen ausgewählten Kreis bestimmt  – für Sie. Niemand in Berlin wird diesen Film früher erleben. Für die Titelrolle habe ich Rudolf von Hagen gewinnen können. Leider kann er heute Abend nicht unter uns sein, weil er sich zurzeit noch auf der Rückreise aus den Vereinigten Staaten von Amerika befindet, wo er einen Film mit dem berühmten D. W. Griffith gedreht hat. Er wird jedoch am kommenden Mittwoch zur Premiere erwartet. Und nun habe ich das große Vergnügen, Ihnen meine Hauptdarstellerin Carla Vasary vorzustellen.«
    Applaus brandete auf, als eine zarte junge Frau mit kurzem goldbraunem Haar in die Runde lächelte. Er legte sich erst, als König die Hand hob.
    »Bevor wir uns nun der Vorführung widmen, möchte ich Ihnen meine Frau Elly vorstellen, die diesen Film mitproduziert hat.«
    Freundlicher Beifall, als Elly neben ihn trat und in die Runde nickte. »Ich bin sehr gespannt auf den Film meines Mannes und war stolz, bei den Dreharbeiten an seiner Seite zu stehen.« Sie hatte den Satz auswendig gelernt, um bei ihrem Auftritt ja nicht ins Stocken zu geraten.
    »Und jetzt folgen Sie mir bitte in den Vorführraum«, sagte Viktor König und breitete die Arme aus wie ein gütiger Monarch, der seinen Untertanen eine Audienz gewährt.
    Als Leo mit Clara das Haus verließ, fragte er unvermittelt: »Weißt du noch? Es war im Juni.« Mehr brauchte er nicht zu sagen.
    »Natürlich. Seitdem ist das mein Lieblingsmonat.«
    Er zog lächelnd die Tür hinter sich zu. Georg und Marie durften noch draußen spielen, weil es so hell und warm war, und so hatten sie Zeit für einen Spaziergang zu zweit. Als er von der Arbeit gekommen war, hatte er schwungvoll den Hut auf die Garderobe geworfen, Clara hochgehoben und im Kreis gedreht. Sie hatte ihn überrascht angesehen, als sie wieder Boden unter den Füßen hatte. »Was ist los? Gute Neuigkeiten?«
    Er hatte sie auf die Folter gespannt, in aller Ruhe die Krawatte abgenommen und den Hemdkragen aufgeknöpft. »Wie würde es dir gefallen, mit einem Oberkommissar verheiratet zu sein?«
    »Du wirst befördert?«, hatte sie geantwortet und so viel Freude wie möglich in ihre Stimme gelegt. »Das ist wunderbar, du hast es verdient. Schon längst.«
    »Gennat hat mir die Leitung einer der Reservekommissionen übertragen. Dort arbeite ich mit Robert und Sonnenschein zusammen, etwas Besseres kann mir gar nicht passieren. Im Augenblick ist so viel Bewegung im Dezernat, Gennat hat Großes vor.«
    Er hatte nicht bemerkt, dass Clara zur Seite schaute, um ihm die Freude nicht zu verderben. Sie hatte ungeduldig darauf gewartet, dass er nach Hause kam, weil sie das Gespräch nicht aufschieben wollte, doch nun fürchtete sie sich davor, seine unbeschwerte Stimmung zu zerstören.
    »Wo sind die Kinder?«, fragte Leo.
    »Im Hof nebenan. Sie spielen noch. Falls sich Georg nicht wieder in der Werkstatt herumtreibt.«
    »Dann lass uns spazieren gehen. Ich genieße es immer, meine schöne Frau auszuführen, und sei es nur um die vier Ecken.« Und so waren sie hinausgegangen.
    »Dein Lieblingsmonat? Meiner auch. Vier Jahre.« Leo blieb stehen und zog sie an sich. Als sie seine Lippen spürte, vergaß sie für einen Moment, was sie bedrückte.
    »Immer ran, bevor se dir verduftet«, rief ein Mann
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