Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Mord im Tal der Koenige - Historischer Roman

Titel: Mord im Tal der Koenige - Historischer Roman
Autoren: Cay Rademacher
Vom Netzwerk:
Tauben, von fetttriefendem Fleisch gemästeter Hyänen und von süßem ägyptischen und herben syrischen und kretischen Weinen, die in den großen Trinkschalen niemals leer geworden waren.
    Ein blinder Harfenspieler war aufgetreten, begleitet von jungen Mädchen, die Flöte, Zimbeln und Trommeln gespielt hatten. Zu ihrer Musik waren zwei Dutzend Tänzerinnen in akrobatischen Sprüngen durch den Raum gewirbelt. Sie hatten kurze Perücken getragen, breite Kragen und schmale Gürtel aus Blattgold und Glasperlen – und sonst nichts. Die drei anderen Schreiber, die neben Rechmire in der zweiten Reihe hinter der Matte ihres Herrn saßen und das Gelage ehrfurchtsvoll verfolgt hatten, wären am liebsten aufgesprungen, um mit den Tänzerinnen in einem der verschwiegenen kleineren Räume des Palastes zu verschwinden. Doch Rechmire hatte nur Augen für Baketamun.
    Sie hatte am anderen Ende der Halle im Kreise ihrer Familie gesessen, scheinbar unerreichbar fern. Sie hatte ein reich gefaltetes Gewand aus fast durchsichtigem weißen Leinen, das ihre rechte Schulter unbedeckt gelassen hatte, und einen schmalen Halskragen, Ringe, Armreifen und ein Diadem getragen – alles aus purem Gold.
    Irgendwann schien sie Rechmires sehnsuchtsvolles Starren bemerkt zu haben, denn sie drehte den Kopf zu ihm hin. Er wurde dunkelrot und senkte schamhaft das Gesicht, doch es war ihm nicht entgangen, dass sie ihm ein Lächeln geschenkt hatte. In diesem Moment war er der glücklichste Mann im Lande Kemet gewesen.
    Stunden später, als die meisten Gäste schon betrunken auf ihren Matten eingeschlafen waren, hatten sich Userhet und Mentuhotep erhoben, um die Nachtkühle am Teich eines Innenhofes zu genießen. Der Tschati hatte seinen Schreibern ein Zeichen gegeben, ihm zu folgen; auch der Hohepriester war von einigen jungen Priestern begleitet worden. Erst dann war Rechmire und den anderen klar geworden, warum ihr Herr sie mitgenommen hatte: Mentuhotep und Userhet wollten das Gelage nutzen, um unauffällig über manche Steuern zu sprechen, die zwischen ihnen strittig waren. Rechmire hatte gewusst, dass alle Steuern eigentlich dem Pharao direkt zukommen sollten, doch die beiden mächtigen Männer schienen sich darum nicht zu scheren. Sie hatten sich ziemlich schnell über ihre jeweiligen Anteile geeinigt und die Schreiber und Priester hatten Papyri hervorgeholt, um das Ergebnis zu protokollieren.
    Dabei hatte Rechmire in seiner neu entflammten Leidenschaft etwas gewagt, dass ihm hundert Stockschläge oder vielleicht gar den Tod eingebracht hätte, wäre er dabei entdeckt worden: Er hatte ein Stück Papyrus abgerissen und eilig, während die anderen Schreiber schon ihre Utensilien wieder zusammenpackten, einen alten Vers gekritzelt, den er während seiner Ausbildung einst auswendig lernen musste:
    »Trunken machen die Pflanzen des Sumpflandes.
Der Mund meiner Geliebten ist eine Lotosknospe,
ihre Brüste sind die Früchte von Mandragora,
ihre Arme sind Schlingpflanzen.
Ihre Stirn ist eine Falle aus Nadelholz.
Ich aber bin die Wildgans,
ich erblicke ihr Haar
als Vogelköder in einer Falle, die zuschlagen wird.«
    Dann hatte Rechmire auf seiner Matte gesessen, als wäre sie wie die glühenden Kohlen im Ofen des Bronzeschmiedes. Er hatte gesehen, dass sich Baketamun von den Sklaven bedienen ließ, aber niemals irgendein Wort an sie richtete; nur bei einer Dienerin hatte sie eine Ausnahme gemacht, mit ihr hatte sie sich länger, fast vertrauensvoll unterhalten – es war Shedemde. Er hatte ungeduldig gewartet, bis diese Sklavin auch zu seiner Seite des Raumes kam, um Speisen aufzutragen. Nach einer endlosen Zeit hatte er endlich Glück: Shedemde hatte sich über ihn gebeugt, um ihm aus einem großen Silberkrug syrischen Wein nachzuschenken. »Gib das Baketamun!«, hatte Rechmire atemlos geflüstert und ihr den zusammengefalteten Papyrus in die Hand gedrückt.
    Shedemde hatte sich nichts anmerken lassen. Doch wenig später stand sie hinter ihrer Herrin und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Rechmire glaubte erkennen zu können, wie seine Botschaft heimlich in ihre Hand geschoben wurde.
    Den Rest der Nacht war nichts mehr geschehen. Rechmire hatte auf seiner Matte gesessen, trunken vor Glück und vom Wein und zugleich gemartert von tausend Ängsten. Baketamun hatte sich noch eine Zeit lang mit anderen Frauen unterhalten und sich dann in ihre Gemächer zurückgezogen, ohne ihn noch eines einzigen Blickes zu würdigen.
    Doch drei Tage nach dem Fest hatte Shedemde
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher