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Mord im Tal der Koenige - Historischer Roman

Titel: Mord im Tal der Koenige - Historischer Roman
Autoren: Cay Rademacher
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Bett lag.
    Baketamun hatte ihre Augen – die etwas zu großen, runden, dunklen Augen, deren herausfordernder Blick ihn vor drei Monaten sofort verzaubert hatte – noch geschlossen, ihre weit geschwungenen Lippen lagen aufeinander und nur ein leises Zittern ihrer kleinen Nasenflügel verriet, dass sie atmete und kein Traumbild eines von Dämonen besessenen Mannes war.
    Sie trug ihre dichten, leicht gelockten Haare kurz wie alle reichen Frauen, weil sie sich in der Öffentlichkeit nie ohne Perücke zeigte. Baketamun liebte ausgefallenen Kopfschmuck, Perücken, deren breiter Fächer schwarzer Haare ihr bis fast auf den Po hinabreichte. Doch jetzt lag die Zierde, die aus dem schweren, glatten Haar ihrer Lieblingssklavin geflochten war, dort auf dem goldglänzenden Boden, wo Rechmire ihr sie gestern in seiner Leidenschaft vom Kopf gestrichen und fallen gelassen hatte. Es war die Sklavin, die die Ehre gehabt hatte, ihr Haar für die Perücke ihrer Herrin zu geben, die nun an die Tür klopfte. Es war das Zeichen für ihn zu gehen.
    Er wollte zum Abschied noch einen Blick auf seine Geliebte werfen und hob vorsichtig die Leinendecke zur Seite. Baketamun war zierlich, doch ihr Körper war schlank und kräftig wie der einer Akrobatin des Pharaos. Ihre Brüste waren klein und fest, ihre Hüfte fast jungenhaft schmal, ihre sorgfältig gepflegte Haut weiß wie Elfenbein. Sie hatte gestern Abend, als sie ihn empfing, einen kleinen duftenden Salbkegel in ihrer Perücke zergehen lassen und selbst Stunden später noch umschmeichelte ein berauschender Hauch von Lotosblüten ihre Schönheit.
    »Meine Schwester«, flüsterte Rechmire. Ein Stolz, der jedes Maß zu sprengen schien, erfüllte ihn, als er den Ehrentitel nannte, mit dem seit allen Zeiten Männer ihre Geliebten ansprachen.
    Baketamun war siebzehn Jahre alt und noch immer nicht verheiratet. Sie war die Tochter des Hohepriesters Userhet, des zweitmächtigsten Mannes im Lande Kemet. Es war ein göttliches Wunder, dass sie einen armen Schreiber wie Rechmire erwählt hatte. Und er würde den Krokodilen vorgeworfen werden, sollte er je auf ihrem Lager entdeckt werden.
    »Ich muss gehen«, murmelte Rechmire und küsste sie leicht auf den Hals.
    Baketamun hielt noch immer die Augen geschlossen, doch ihre Lippen hatten sich um eine Winzigkeit zu einem fast unmerklichen Lächeln verzogen. Plötzlich schossen ihre Arme hoch wie eine zuschnappende Falle, und ihre kleinen, erstaunlich kräftigen Hände hielten seine Hüften umklammert. Der Griff ihrer Linken blieb fest, doch nach einem Augenblick löste sie ihre Rechte und strich mit ihr über seinen Körper.
    Rechmire konnte ein leises Stöhnen nicht ganz unterdrücken. »Der Morgen graut«, keuchte er. »Shedemde klopft schon und wartet vor der Tür.«
    »Lass sie doch warten«, antwortete Baketamun und hörte nicht auf, ihn zu liebkosen. Ihre Stimme war hoch, aber fein moduliert – seit vier Jahren sang sie in Karnak im Tempelchor der Sängerinnen des Amun zu Ehren des Gottes und ihres Vater. Sie gab sich keine Mühe, leise zu sprechen.
    »Es ist sehr gefährlich«, entgegnete Rechmire, doch er spürte, wie die Leidenschaft seine Vernunft besiegte.
    »Wenn der Tod droht, verdoppelt sich der Genuss der Liebe«, flüsterte sie.
    Dann lachte Baketamun vor Lust und Triumph, als Rechmire sie nahm. Sie liebten sich kurz, aber leidenschaftlich und ignorierten das zunehmend ungeduldiger werdende Klopfen der Sklavin, die sicherlich lauschte und genau hören konnte, was im Zimmer ihrer Herrin vor sich ging.
    Als sie ihren Hunger aneinander gestillt hatten, gab Rechmire Baketamun noch einen Kuss, bevor er aus dem Bett glitt. Er trug einen kurzen Lendenschurz aus weißem, gefalteten Leinen und darüber einen zweiten, etwas längeren aus dem gleichen Stoff. Er fand seine Kleidung, zusammen mit seiner kurzen Perücke und seinen einfachen Bastsandalen, hingeworfen auf und unter dem Klappstuhl. Während er sich hastig anzog, warf er zufällig einen Blick in den Spiegel und verharrte unwillkürlich für einen Augenblick, denn außer den Reichen, die sich so viel Silber leisten konnten, war es kaum jemandem im Lande Kemet je vergönnt, sein eigenes Spiegelbild zu sehen.
    Rechmire war zwanzig Jahre alt, einen halben Kopf größer als die meisten Männer und dünn, beinahe hager. Er trug sein schwarzes Haar, wie fast alle Männer seines Ranges, fingernagelkurz geschnitten. Er hatte eine große, kräftige Hakennase, seine dunklen, mandelförmigen Augen
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