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Mord im Spiegel

Mord im Spiegel

Titel: Mord im Spiegel
Autoren: Agatha Christie
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jemand sollte Sie warnen.«
    Sie wandte sich ab. Lily starrte ihr entgeistert nach. »Na, so was – «
    Der junge Mann kam auf Lily zu und fragte: »Was hat die Alte gesagt?«
    Lily öffnete den Mund, um zu antworten – und schloss ihn wieder. Nach einer Pause sagte sie: »Sie hat mir die Zukunft gedeutet, wie eine Zigeunerin.« Nachdenklich betrachtete sie ihn.
    Miss Marple hatte nur den einen Gedanken, möglichst schnell zu verschwinden. In ihrer Eile bog sie zu unvorsichtig um eine Hausecke, stolperte über ein paar lose Steine und stürzte.
    Eine Frau kam aus einem der Häuser gerannt. »Ach, meine Gute«, rief sie, »was für ein schreckliches Missgeschick! Hoffentlich haben Sie sich nicht wehgetan?«
    Mit beinahe zu großer Hilfsbereitschaft legte sie die Arme um Miss Marple und zog sie auf die Füße.
    »Sie haben sich doch nichts gebrochen? So, das hätten wir! Sicherlich sind Sie sehr erschrocken.«
    Die Stimme war laut und freundlich. Sie gehörte einer untersetzten Frau von ungefähr vierzig Jahren, mit braunem Haar, in das sich die ersten grauen Fäden mischten, blauen Augen und einem breiten großzügigen Mund, der viel zu viele schimmernde weiße Zähne hatte, wie Miss Marple in ihrer Benommenheit schien.
    »Kommen Sie lieber hinein und ruhen Sie sich etwas aus! Ich mache uns eine Tasse Tee.«
    Miss Marple bedankte sich und ließ es zu, dass die Frau sie durch die blau gestrichene Haustür in ein kleines Zimmer voll bunt bezogener Sessel und Sofas führte.
    »Da wären wir«, sagte ihre Retterin und setzte sie in einen weichen Sessel. »Machen Sie es sich bequem, während ich den Kessel aufstelle!«
    Sie eilte aus dem Zimmer, das jetzt ruhig und friedlich wirkte. Miss Marple seufzte auf. Sie hatte sich nicht verletzt, sie war nur sehr erschrocken. In ihrem Alter sollte man einen Sturz möglichst vermeiden. Wenn sie Glück hatte, dachte sie mit schlechtem Gewissen, würde Miss Knight es nie erfahren. Zögernd bewegte sie Arme und Beine. Nichts gebrochen. Wenn sie es nur bis nachhause schaffte! Nach einer Tasse Tee würde sie sich sicherlich…
    Da kam der Tee auch schon. Kanne und Tasse standen auf einem Tablett, zusammen mit einem kleinen Teller mit vier Plätzchen.
    »Da bin ich wieder«, sagte die Frau und stellte das Tablett auf einem Tischchen neben Miss Marple ab. »Soll ich Ihnen eingießen? Nehmen Sie lieber viel Zucker?«
    »Nein, danke, keinen Zucker.«
    »Sie müssen welchen nehmen! Wegen des Schocks, verstehen Sie? Im Krieg war ich Krankenschwester. Bei Schock wirkt Zucker Wunder.« Sie warf vier Stücke in die Tasse und rührte energisch. »Trinken Sie! Dann werden Sie sich wieder wohlfühlen wie ein Fisch im Wasser.«
    Miss Marple trank gehorsam. Was für eine freundliche Person, dachte sie. An wen erinnert sie mich nur? »Sie sind sehr freundlich«, sagte sie lächelnd.
    »Ach, nicht der Rede wert. Ein kleiner Schutzengel, das bin ich. Es macht mir Freude, Leuten zu helfen.« Sie sah aus dem Fenster, weil das Gartentor klickte. »Da kommt mein Mann.« Sie ging in den Flur und rief dabei: »Arthur, wir haben Besuch.« Gleich darauf kehrte sie mit ihrem Mann zurück, der ziemlich verblüfft zu sein schien. Er war ein dünner, blasser Mann, der nicht viele Worte machte.
    »Die Dame ist gestürzt, genau draußen vor unserem Haus. Da habe ich sie natürlich hereingeholt.«
    »Ihre Frau ist sehr hilfsbereit, Mr…«
    »Mein Name ist Badcock.«
    »Mr Badcock. Ich fürchte, ich habe ihr viel Mühe gemacht.«
    »Ach, Heather ist nichts zu viel. Es macht ihr Spaß zu helfen.« Er sah Miss Marple neugierig an. »Wollten Sie jemanden besuchen?«
    »Nein, ich habe nur einen Spaziergang gemacht. Ich wohne in St. Mary Mead, im Haus hinter dem Pfarrhof. Mein Name ist Marple.«
    »Nein, so was!«, rief Heather. » Sie sind Miss Marple! Ich habe schon viel von Ihnen gehört. Sie sind die Miss Marple, die in all die Morde verwickelt war!«
    »Aber Heather!«
    »Ach, du weißt schon, was ich meine. Natürlich hat sie die Morde nicht begangen. Sie hat sie aufgeklärt. Das stimmt doch, nicht wahr?«
    Miss Marple meinte bescheiden, dass es das eine oder andere Mal der Fall gewesen sei.
    »Selbst hier im Ort sollen Leute ermordet worden sein. Erst kürzlich wurde im Bingo-Club darüber gesprochen. Ein Mord passierte sogar in ›Gossington Hall‹. Ein Haus, in dem jemand umgebracht wurde, möchte ich nicht haben. Ich hätte Angst, dass es spukt.«
    »Der Mord passierte nicht in ›Gossington Hall‹. Die Leiche
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