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Mord im Spiegel

Mord im Spiegel

Titel: Mord im Spiegel
Autoren: Agatha Christie
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so sehen, wie sie wirklich war. Sie war eine große Schauspielerin und eine schöne und sehr unglückliche Frau. Was für eine großartige Maria Stuart sie war! Ich werde sie nie vergessen.«
    Plötzlich tauchte Sergeant Tiddler am Ende der Treppe auf.
    »Sir«, sagte er, »kann ich Sie einen Augenblick sprechen?«
    Craddock wandte sich an Jason Rudd und sagte: »Ich bin sofort wieder da.« Dann schritt er auf die Treppe zu.
    »Vergiss nicht!«, rief Miss Marple hinter ihm her. »Der arme Mr Badcock hatte nichts damit zu tun. Er kam nur zu dem Fest, weil er einen Blick auf die Frau werfen wollte, mit der er einmal verheiratet gewesen war. Sicherlich hat sie ihn nicht mal erkannt. Habe ich Recht?«, fragte sie, an Jason Rudd gewandt.
    »Möglich. Marina hat ihn mir gegenüber jedenfalls nicht erwähnt. Vermutlich hat sie ihn tatsächlich nicht wiedererkannt.«
    »Das würde ich auch meinen«, sagte Miss Marple. »Jedenfalls«, fügte sie hinzu, »ist er unschuldig an ihrem Tod. Er hatte keinen Grund, sie zu töten. Bitte, vergiss das nicht!«, rief sie Craddock nach, der jetzt am Ende der Treppe angelangt war.
    »Er war nie in Gefahr, das kann ich dir versichern«, rief Craddock ihr zu, »aber als wir herausfanden, dass er Marina Greggs erster Mann gewesen war, mussten wir ihn verhören. Mach dir keine Sorgen um ihn, Tante Jane«, fügte er etwas leiser hinzu und eilte davon.
    Miss Marple wandte sich Jason Rudd zu, der wie in Trance dastand, die Augen ins Leere gerichtet.
    »Würden Sie mir erlauben, sie zu sehen?«, fragte Miss Marple.
    Er musterte sie geistesabwesend, dann nickte er. »Ja, Sie können sie sehen. Sie scheinen sie – so gut verstanden zu haben.«
    Er drehte sich um und ging davon. Miss Marple folgte ihm. Sie traten in ein großes Schlafzimmer. Rudd zog den Vorhang einen Spalt auf. Marina Gregg lag auf dem großen weißen Bett wie in einer Muschel, die Augen geschlossen, die Hände gefaltet.
    So musste Lady of Shalott in ihrem Boot gelegen haben, dachte Miss Marple, als sie nach Camelot gebracht wurde. Und dort, neben dem Bett, stand ein Mann mit einem zerfurchten, hässlichen Gesicht, der wie ein Lancelot einer späteren Zeit wirkte.
    »Es ist ein großes Glück für sie, dass sie zu viele Beruhigungsmittel nahm«, sagte Miss Marple leise. »Der Tod war der einzige Ausweg, den sie noch hatte. Ja – es ist ein großes Glück, dass sie die Tabletten nahm – oder – hat man sie ihr gegeben?«
    Ihre Blicke trafen sich, doch Rudd schwieg.
    Nach einer Weile sagte er voll Trauer: »Sie war so – so schön und musste so viel leiden.«
    Miss Marple betrachtete die stille Gestalt und sagte leise die letzten Zeilen des Gedichts: »Er sprach: ›Was für ein liebliches Gesicht. Gott in seiner Gnade gab ihr Schönheit, der Lady of Shalott.«‹
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