Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mord im Spiegel

Mord im Spiegel

Titel: Mord im Spiegel
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
Miss Marple. »Ich fühle mich sehr wohl. Ich ärgere mich nur über mich selbst, weil ich so dumm gewesen bin. Erst als mir Doktor Haydock heute Vormittag den Wink gab – wo ist eigentlich mein medizinischer Ratgeber? Ich frage mich nämlich, ob mein Gedächtnis mich nicht trügt.« Sie schob Miss Knight zur Seite und ging mit energischen Schritten zur Treppe. Sie entdeckte das gesuchte Buch in einem Regal im Wohnzimmer. Sie nahm es herunter, schlug im Inhaltsverzeichnis nach, murmelte »Seite zweihundertzehn«, schlug sie auf, las einige Augenblicke und nickte zufrieden. Dann klappte sie das Buch zu und stellte es an seinen Platz zurück.
    »Sehr seltsam«, sagte sie, »sehr seltsam! Ich glaube nicht, dass jemand daran gedacht hätte. Ich wäre selbst nicht darauf gekommen, wenn die beiden Punkte nicht so gut zusammengepasst hätten.«
    Dann schüttelte sie den Kopf, und eine kleine Falte erschien zwischen ihren Augen. »Wenn nur jemand zuverlässiger…«
    In Gedanken ging sie die verschiedenen Berichte durch, die sie über den Vorfall gehört hatte…
    Nachdenklich weiteten sich ihre Augen. Es gab noch einen Zeugen, aber taugte er etwas? Beim Pfarrer wusste man es nie. Er war ziemlich unberechenbar. Trotzdem ging sie zum Telefon und wählte. »Guten Morgen«, sagte sie, »hier spricht Miss Marple.«
    »O ja, Miss Marple – was kann ich für Sie tun?«
    »Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir helfen könnten, einen gewissen strittigen Punkt zu klären. Es handelt sich um das Wohltätigkeitsfest – als die arme Mrs Badcock starb. Soviel ich weiß, befanden Sie sich in der Nähe, als Mr und Mrs Badcock eintrafen.«
    »Ja, ja… ich ging vor ihnen, wenn ich mich nicht irre. Was für ein trauriger Tag!«
    »Ja, sehr traurig! Und soviel ich hörte, erinnerte Mrs Badcock Miss Gregg daran, dass sie sich schon früher auf den Bermudas getroffen hatten. Damals war Mrs Badcock krank gewesen und hatte nur wegen Miss Gregg das Bett verlassen.«
    »Ja, ja, ich weiß.«
    »Wissen Sie vielleicht auch noch, ob Mrs Badcock erwähnte, welche Krankheit sie hatte?«
    »Ich glaube – warten Sie mal… ja, sie hatte die Masern, nein, nicht die Masern, etwas Harmloseres – die Röteln. Manche Leute fühlen sich kaum krank. Ich erinnere mich an meine Kusine Caroline…«
    Miss Marple schnitt jede Erinnerung an Kusine Caroline ab, indem sie kurz und bündig sagte: »Vielen Dank, Sie waren sehr freundlich!«, und den Hörer auflegte.
    Ein ehrfürchtiger Ausdruck lag auf ihrem Gesicht. Eines der großen Rätsel von St. Mary Mead war die Frage, was den Pfarrer veranlasste, sich an gewisse Dinge zu erinnern – nur übertroffen von einem weit größeren Geheimnis: Was den Pfarrer veranlasse, gewisse Dinge zu vergessen.
    »Das Taxi ist da, meine Gute!«, verkündete Miss Knight, die geschäftig eingetreten war. »Es ist sehr alt und nicht besonders sauber, finde ich. Die Vorstellung, dass Sie damit wegfahren wollen, gefällt mir nicht. Sie könnten sich anstecken oder so was.«
    »Unsinn!«, sagte Miss Marple. Energisch setzte sie sich ihren Hut auf und knöpfte den Sommermantel zu. Dann ging sie zu dem wartenden Taxi hinaus.
    »Guten Morgen, Roberts«, sagte sie.
    »Guten Morgen, Miss Marple. Sie sind heute früh dran. Wohin darf ich Sie fahren?«
    »Nach ›Gossington Hall‹, bitte.«
    »Ich sollte Sie besser begleiten«, rief Miss Knight. »Es dauert nur eine Sekunde, meine Laufschuhe anzuziehen.«
    »Nein, vielen Dank!«, sagte Miss Marple fest. »Ich möchte allein hinfahren. Also los, Inch! Ich meine, Roberts!«
    Mr Roberts gab Gas und bemerkte dabei: »Ach, ›Gossington Hall‹. Viele Veränderungen hat es dort gegeben, wie überall. Die vielen neuen Siedlungen. Hätte nie gedacht, dass auch in St. Mary Mead einmal eine entstehen würde!«
    Sie erreichten »Gossington Hall«, Miss Marple stieg aus, drückte auf den Klingelknopf und fragte nach Mr Jason Rudd.
    Giuseppes Nachfolger, ein etwas gebrechlich aussehender alter Mann, äußerte Zweifel.
    »Ohne vorherige Vereinbarung«, sagte er, »wird Sie Mr Rudd kaum empfangen, Madam. Vor allem heute nicht – «
    »Ich habe keine Verabredung mit ihm«, antwortete Miss Marple, »aber ich kann warten.«
    Sie trat energisch an ihm vorbei in die Halle und setzte sich auf einen Stuhl.
    »Ich fürchte, heute Vormittag wird es unmöglich sein, Madam.«
    »In diesem Fall«, entgegnete Miss Marple, »warte ich bis zum Nachmittag.«
    Verblüfft zog sich der Butler zurück. Kurz darauf tauchte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher