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Mord im Dirnenhaus

Mord im Dirnenhaus

Titel: Mord im Dirnenhaus
Autoren: Petra Schier
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gestehen!»
    So in die Enge getrieben, wich Entgen auf ihrem Stuhl zurück, soweit es die hohe Lehne zuließ und zupfte fahrig an ihrem Kleid herum. «Ich habe niemanden getötet! Ich habe nicht … wollte nicht …» Ihr Blick flackerte von Thomasius zu Adelina und dann quer durch den Raum. Dann blickte sie zu Boden. «Ich wollte doch meinen Bruder nicht töten! Niemals hätte ich das gewollt.»
    «Aber Ihr habt es getan.»
    Entgens Kinn zuckte, als sie Adelina wieder anblickte. «Nein, nein, das war ich nicht, das war … war … ein Unfall.» Plötzlich nickte sie bekräftigend. «Jawohl, ein Unfall. Das Konfekt wollte er Elsbeth schenken. Er selbst aß niemals davon. Immer hat er es bei Euch gekauft und dann mir geschenkt. Immer, bis diese Hure daherkam. Plötzlich gab es nichts mehr für mich, nur noch für sie. Aber er mochte keine Süßigkeiten, das weiß ich bestimmt, und deshalb …»
    «Deshalb habt Ihr es vergiftet, um Elsbeth loszuwerden.» Adelina schauderte, als ihr die Zusammenhänge klar wurden. Nicht Thönnes war das Opfer gewesen, sondern die Hübschlerin! Angeekelt von solch abscheulicher Tat, trat Adelina einen Schritt zurück. «Warum,Frau Entgen? Warum musstet Ihr sie töten? Hätte es nicht einen anderen Weg gegeben, Euren Bruder zur Vernunft zu bringen?»
    «Zur Vernunft?», fuhr Entgen auf. «Er war doch wie von Sinnen! Er war ihr hörig! Die kleine Hure hatte ihn doch in ihrem Netz eingefangen wie die Spinne die Fliege. Hätte ich da einfach zusehen sollen? Zusehen, wie mein Bruder … mein geliebter Bruder», schluchzte sie, «in sein Verderben rennt? Nein, sie hatte kein Recht auf ihn. Ich habe mich so viele Jahre um ihn gekümmert, habe seinen Haushalt versorgt, war für ihn da, wie es eine Ehefrau nicht besser hätte sein können.»
    «Dann habt Ihr also wirklich …», begann Thomasius erschüttert, doch Adelinas Seitenblick ließ ihn sogleich wieder verstummen.
    «Ihr hättet sie nicht umbringen müssen», sagte sie ruhig. «Und Ihr hättet es vielleicht auch nicht versucht, auch wenn Eure Eifersucht noch so groß war. Ihr hättet Mittel und Wege gehabt, Euren Bruder von ihr abzubringen. Euer Einfluss auf ihn war doch groß genug, oder nicht? Ihr wart ihm wichtig, und er hätte vermutlich irgendwann auf Euch gehört. Aber die Familienehre stand auf dem Spiel. Denn vielleicht, nur vielleicht, hätte Elsbeth irgendwann erfahren, dass Ihr Eurem Bruder nicht nur den Haushalt besorgt habt, sondern dass Ihr ihm auch in jedweder anderen Hinsicht zu Willen wart.» Bei ihren eigenen Worten sträubten sich Adelina die Nackenhaare vor Abscheu. «Ihr habt Euch tatsächlich nicht wie eine Schwester um ihn gekümmert, sondern wie eine Ehefrau.»
    Von Entgen kam kein Widerspruch, sie sank auf ihrem Stuhl zusammen und schluchzte herzzerreißend.
    Thomasius stand wie erstarrt neben Adelina. Offenbar konnte er nicht fassen, was er da erfuhr.
    Adelina blickte ihn von der Seite an. «Das ist es, weshalb ich Euch dabeihaben wollte.»
    «Unfassbar», stieß er schließlich hervor, seine Stimme kippte vor Ekel beinahe über. «Eine Frau, die mit ihrem Bruder verkehrt, endet in den tiefsten Tiefen der Hölle!»
    «Das ist wahr», stimmte Adelina ihm zu. Sie fühlte sich mit einem Mal vollkommen ausgelaugt, doch ebenso erleichtert war sie, Entgen zu einem Geständnis gebracht zu haben. «Wir müssen jemanden zum Rathaus schicken. Die Schöffen müssen den Büttel schicken und Frau Entgen mitnehmen.»
    «Nein, nein, es war ein Unfall!», begehrte Entgen auf. «Ich wollte ihn nicht töten!»
    «Das habt ihr aber. Und dass das Gift nicht für ihn bestimmt war, macht die Sache nicht besser für Euch», fuhr Adelina sie an. «Seht Ihr nicht, wie viel Leid ihr angerichtet habt, nicht nur für Euch selbst? So dumm es von dem Ratsherrn Keppeler auch gewesen sein mag, während seiner Befragung das Konfekt von der Hübschlerin Alwina anzunehmen, er würde noch leben, wenn Ihr es nicht vergiftet hättet. Und die Hübschlerin ebenso.»
    Adelina hatte sich in rechtschaffenen Zorn geredet und fuhr noch fort: «Ihr wisst, dass es so gewesen ist. Und als Euch klar wurde, dass wir Euch auf die Spur kommen könnten, kamt Ihr in meine Apotheke und habt nochmals Konfekt gekauft und damit Euren Vetter so in Rage gebracht, dass er es mir zurückbrachte. Ihr wusstet um seinen Jähzorn.» Sie hielt inne, um Luft zu holen. Beim Gedanken an den Schrecken, den sieausgestanden hatte, pochte ihr das Herz schmerzhaft gegen die Rippen.
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