Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mord am Vesuv

Mord am Vesuv

Titel: Mord am Vesuv
Autoren: John Maddox Roberts
Vom Netzwerk:
Nähe von Indien.
    »Und nun, Praetor«, meldete sich Norbanus wieder zu Wort, »gestatte uns, dich auf eine deinem Rang angemessene Weise in die Stadt zu tragen.«
    Woraufhin sie mich zu einer offenen Sänfte geleiteten, die mit einem kurulischen Stuhl ausgestattet war, den sie kunstvoll mit einem Leopardenfell drapiert hatten. Zehn kräftige, gelbblonde Gallier hoben mich mitsamt der stattlichen Trage an und schleppten mich in die Stadt, angeführt von einer Schar hübscher junger Mädchen, die Blumen streuten. Schade eigentlich, ging es mir durch den Kopf, dass dieses Amt auf ein Jahr befristet ist.
    Wie in den meisten Munizipien Italias war es auch in Baiae üblich, die Toten entlang der Ausfallstraße zu begraben. Kurz vor dem Stadttor machten wir vor dem beeindruckendsten Grab Halt, einer imposanten Gedenkstätte aus Marmor, die so aussah, als ob sie über einem darunter liegenden, wesentlich älteren, schlichteren Grab errichtet worden wäre.
    »Dies«, verkündete Norbanus, »ist das Grab von Baios, dem Mann, der das Schiff des Odysseus gesteuert hat. Als dessen abenteuerliche Fahrten endlich ein Ende gefunden hatten, hat Baios sich hier niedergelassen und unsere Stadt gegründet.«
    Wohin meine Wege mich auch führen - jede Stadt behauptete, von einem Veteran des Trojanischen Krieges gegründet worden zu sein. Im Grunde brauchte ich Rom gar nicht zu verlassen, um diese Geschichte zu hören, schließlich behauptet man dort das Gleiche. Bestimmt gibt es für diese Geschichten einen guten Grund, wenn ich mir auch nicht vorstellen kann, welchen.
    Nach unserem Halt vor dem berühmten Grabmal passierte unsere kleine Prozession das Stadttor, das, da man nie davon ausgegangen war, die Stadt je verteidigen zu müssen, nicht mehr war als ein geschmückter Bogen. Kaum hatten wir das Tor hinter uns gelassen, badete ich in einem Meer aus duftenden Blüten, das selbst die Blumengier eines seinen Triumph feiernden Feldherrn gestillt hätte. Doch ich ermahnte mich, mir diesen pompösen Empfang nicht zu Kopf steigen zu lassen. Ich wusste genau, dass in Wahrheit kein Hahn danach krähte, ob ein römischer Beamter mehr oder weniger der Stadt einen Besuch abstattete. Mein Erscheinen bot lediglich einen willkommenen Anlass für ein festliches Gelage, und dagegen hatte ich absolut nichts einzuwenden. Ich mochte Gelage genauso gern wie jeder andere auch. Vielleicht sogar noch etwas mehr.
    Wir bahnten uns unseren Weg durch die Stadt hinunter zur Bucht. Dort angekommen, wurde ich auf einen aus etlichen nebeneinander liegenden Booten konstruierten Steg hinausgetragen. Dabei handelte es sich nicht etwa um einen einfachen, aus kleinen Booten zusammengesetzten Steg, wie ihn Legionäre errichten, um Flüsse oder Meerengen zu überwinden; die Bewohner Baiaes hatten einen unglaublich kunstvollen, frisch angestrichenen und vergoldeten Übergang konstruiert, der mit Rasen belegt und dessen Geländer mit Statuen von Tritonen und Nereiden und anderen mythologischen Seegöttern verziert war und der natürlich von dem unentbehrlichen Sonnensegel überspannt wurde, damit sich niemand auf dem Weg zu den Feierlichkeiten einen Sonnenbrand zuzog.
    Das Bankett wurde auf einer dieser künstlich angelegten Inseln ausgerichtet, von denen ich bereits erzählt habe. Die Insel bestand aus einer in der Mitte liegenden Barkasse, die so groß war, dass man auf ihr ein Wagenrennen hätte veranstalten können; daneben lagen zu allen Seiten zweistöckige Boote, sodass die eigentliche Festfläche von einer Art Galerie umgeben war. Die ganze Konstruktion war von einem riesigen Segel überspannt, das an Masten befestigt war, die doppelt so hoch waren wie gewöhnliche Schiffsmasten, und das ganze riesige Segel war - man stelle sich das vor - purpurn gefärbt!
    »So viel Purpur-Farbstoff kann es auf der ganzen Welt nicht geben«, staunte ich fassungslos. Purpur ist der teuerste Farbstoff, den es gibt. Allein der purpurfarbene Saum meiner toga praetexta ist mich so teuer zu stehen gekommen, dass ich mir dafür gut und gerne einen exquisiten Landsitz mit allen nötigen Sklaven hätte zulegen können. Als man mir die Rechnung präsentierte, hätte mich fast der Schlag getroffen.
    Aber, wie es ja immer so schön heißt: Die sündhaft hohen Kosten sorgen dafür, das niedere Gesindel aus unseren politischen Ämtern fernzuhalten.
    Ein Herold verkündete mit donnernder Stimme unsere Ankunft und stellte die ehrwürdigsten Mitglieder meines Gefolges namentlich vor. Dann wurden
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher