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Mord am Vesuv

Mord am Vesuv

Titel: Mord am Vesuv
Autoren: John Maddox Roberts
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Bewohner Baiaes nicht zu sehr von der sengenden Sonne geplagt werden, sind Straßen und Plätze mit Sonnensegeln aus kostbarstem Material überspannt. Die Straßen selbst sind mit gefärbten Steinplatten gepflastert, die von einer weiteren Sklavenschar sauber gehalten werden. Die Straßenränder sind mit Pflanzenkübeln und riesigen aus Tuff gemeißelten Vasen gesäumt, in denen schillernde Blumen und wohlriechende Sträucher gedeihen, sodass immer ein süßlicher Duft in der Luft hegt, egal aus welcher Richtung der Wind gerade kommt. Vor den zahllosen großzügigen Portiken wachsen herrliche Bäume, und über die Stadt verteilt gibt es unzählige kleine Parks und Gärten, in deren Bäumen Vogelkäfige mit exotischen Singvögeln hängen. Und für den Fall, dass man des Vogelgezwitschers überdrüssig werden sollte, gibt es in jedem Park Musikanten und Sänger, die ebenfalls von der Stadt bezahlt werden.
    Geradezu legendär sind die festlichen Gelage auf dem Wasser. An den Anlegeplätzen der Bucht ankern in endloser Reihe die Vergnügungsschiffe: von kleinen, für vier oder fünf berauschte Zecher geeigneten Gondeln bis hin zu überdachten Barkassen, auf denen mehrere hundert Gäste Platz finden. Zu herausragenden Anlässen werden etliche von diesen Schiffen in der Mitte der Bucht miteinander verbunden, damit die freien Bürger der Stadt an Bord gehen und gemeinsam feiern können, wobei es natürlich niemals an Sklaven fehlt, die die illustre Gesellschaft verwöhnen und unterhalten.
    Anders als in Rom gibt es in Baiae so gut wie keinen mittellosen Pöbel. Der größte Teil der ansässigen Bevölkerung gehört dem Stand der Equites an, und selbst die Ladenbesitzer bringen es in Baiae auf ein Vermögen, das nur unwesentlich unter dem vorgeschriebenen Mindestvermögen der Equites liegt.
    Die in Baiae lebenden Sklaven werden von allen anderen in Italia lebenden Sklaven beneidet. Selbst die Straßenkehrer leben in Behausungen, die deutlich nobler sind als die Mietskasernen, in denen etliche der freien, aber armen Bürger Roms ihr Dasein fristen.
    Catos abschließender Kommentar über Baiae war bezeichnend: »Was für eine Verschwendung von Ackerland.«
    Das allein war mir Anreiz genug, mich sofort in den Ort zu verlieben.
    Etwa eine Meile vor den Toren der Stadt wurden wir von einem Begrüßungskomitee in Empfang genommen. Alle Männer trugen weiße Togen und waren mit Blumenkränzen und den Insignien ihrer jeweiligen Ämter und Priesterschaften geschmückt. Zum Gedudel der Musikanten hatten ein paar Träger auf Sänften Bildnisse unserer Götter geschultert, und mit weißen Tuniken bekleidete Tempelsklaven schwenkten kunstvoll gearbeitete, goldene, an Ketten hängende Weihrauchfässer und erfüllten die Luft mit wohlriechendem Duft. Dazu sang ein städtischer Chor in Anlehnung an eine alte griechische Tradition Willkommenslieder.
    »Kein schlechter Empfang für einen Mann, der niemals auch nur ein einziges Stück Land von den Barbaren erobert hat«, stellte ich mit gewisser Genugtuung fest. »Ich frage mich allerdings, ob sie jeden Praetor so begrüßen oder nur diejenigen, die mit einem Mitglied der Familie Caesars verheiratet sind.«
    »Ich bin sicher, dass du diesen Empfang deiner eigenen Würde verdankst, Liebster«, versicherte mir Julia.
    Wir saßen in Begleitung von Circe und Antonia recht zusammengedrängt in Julias luxuriöser Sänfte; immerhin boten die beiden uns eine süßlich duftende Rückenlehne. Eigentlich hatte ich reiten wollen, aber Julia hatte es mir verboten. Auf dem Rücken eines Pferdes kann man unmöglich eine Toga tragen, und sie hatte darauf bestanden, dass ich bei meiner Ankunft in der Stadt meine mit einem purpurfarbenen Saum besetzte toga praetexta trug. Ein altmodischer Römer wäre natürlich zu Fuß gegangen, aber mein Respekt vor der Tradition hatte Grenzen.
    »Ehrwürdiger Praetor!«, rief der Anführer der Abordnung.
    »Ich heiße dich im Namen der ganzen Stadt herzlich willkommen! Ich bin Lucius Lucillius Norbanus, duumvir von Baiae und Vorsteher des Winzer-Collegiums.«
    »Und ich«, fuhr der Mann neben ihm fort, »bin Manius Silva, ebenfalls duumvir von Baiae und Vorsteher der Vereinigung der Parfümeure.«
    Ihrem Rang nach wurden uns alle weiteren Mitglieder des Begrüßungskomitees vorgestellt: Beamte, Priester und ausgewählte ausländische Besucher, unter ihnen ein Prinzenpaar, ein in Baiae urlaubender Gesandter aus Parthien sowie ein entthronter König aus irgendeinem Land in der
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