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Mord am Oxford-Kanal

Mord am Oxford-Kanal

Titel: Mord am Oxford-Kanal
Autoren: Colin Dexter
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Prozent Zweifel würden sich wohl heutzutage nicht mehr aus der
Welt schaffen lassen.
    Weihnachten stand vor der Tür,
und er war froh, daß er nicht nach Geschenken herumlaufen, keine Strümpfe und
auch kein Parfüm einzukaufen brauchte. Er hatte ein halbes Dutzend
Weihnachtskarten bekommen, zwei Einladungen zu feuchtfröhlichen Abenden und
eine gedruckte Karte vom John-Radcliffe-Krankenhaus:
     
     
     
     
    Weihnachtsparty
    Die Schwestern des
John-Radcliffe-Krankenhauses
    bitten um das Vergnügen Ihrer
Gesellschaft,
    und zwar am Freitag, dem 22.
Dezember
    von 8 Uhr abends bis
Mitternacht.
    Ort: Schwesternheim, Headington
Hill, Oxford.
    Tanz, tolle Erfrischungen,
Spaß!
    Wir bitten um zahlreiches
Erscheinen,
    Abendkleidung nicht
erforderlich.
    Um Antwort wird gebeten
     
     
     
    Die Karte war unterschrieben
mit «Station 7 C!», gefolgt von dem Buchstaben «X».
     
     
    Es war am Freitag, dem 15.
Dezember, eine Woche vor der Party, als Morse in der Rubrik «Todesfälle» in der Oxford Times einen ihm bekannten Namen entdeckte.
     
    DENISTON,
Margery ist am 10. Dezember in ihrem Heim in Woodstock im Alter von 78 Jahren
sanft entschlafen. Dem Wunsch der Verstorbenen gemäß wird ihr Körper der
medizinischen Forschung zur Verfügung gestellt. Etwaige Spenden werden in
Erinnerung an den verstorbenen Obersten W. E. Deniston erbeten an den British
Legion Club, Lambourn.
     
    Morse gedachte seiner einzigen
Begegnung mit diesem wunderlichen alten Mädchen und mit welchem Stolz sie über
das Buch ihres Mannes geredet hatte, ein Buch, das wider Erwarten Morses
Interesse geweckt hatte und für das er nicht einmal hatte bezahlen müssen. Kurz
entschlossen fertigte er einen Scheck über zwanzig Pfund aus und steckte ihn in
einen billigen, braunen Umschlag. Er hatte Marken für eine Zustellung erster
und zweiter Klasse zur Hand, beschloß aber, den Brief zweiter Klasse zu
schicken: schließlich ging es ja nicht um Leben oder Tod.
    Wenn es eine Beerdigung gegeben
hätte, wäre er hingegangen. Doch jetzt war er ganz froh, daß sie ihm erspart
blieb; die strengen, furchterregenden Sätze aus der Liturgie klangen in seinen
Ohren immer so, als seien sie auf ihn persönlich gemünzt, und gerade jetzt, wo
er das Gefühl hatte, dem Tod knapp entronnen zu sein, konnte er darauf gut
verzichten. Er schlug das Telefonbuch auf, um sich die Adresse des British
Legion Club in Lambourn herauszuschreiben, dann blätterte er gleich weiter zum
Buchstaben «D» und suchte den Eintrag «Deniston, W.M.», die Adresse lautete:
Church Walk 46, Woodstock. Ob es wohl noch Angehörige gab? Die Meldung in der Oxford
Times hatte eigentlich nicht danach geklungen. Morse dachte an die Sachen,
die das Ehepaar Deniston vermutlich hinterlassen hatte. Was geschah damit, wenn
es keine Erben gab? Wie jetzt etwa beim Tod von Mrs. Deniston, oder wie bei
jedem, der unverheiratet und kinderlos starb.
     
     
    Es war schier unmöglich, einen
Parkplatz zu finden, und schließlich nutzte Morse sein Privileg als Polizeibeamter
und zeigte einer ziemlich unfreundlichen Politesse seinen Ausweis, so daß sie
ihm, wenn auch sehr widerwillig, gestattete, sich etwa fünfzehn Meter vom Haus
der Denistons entfernt in eine Parkverbotszone zu stellen. Er ging das Stück
zurück, fand Church Walk Nummer46, klopfte an die Haustür und wurde sofort
eingelassen.
    Es waren zwei Personen im Haus,
ein junger Mann Mitte Zwanzig, der, wie er erklärte, von der Buchhandlung
Blackwells beauftragt worden war, den Bücherbestand des Obersten zu katalogisieren,
und ein Großneffe Denistons, sein einziger noch lebender Angehöriger, der, in
Anbetracht der gerade in letzter Zeit beträchtlich gestiegenen
Grundstückspreise in Woodstock, mit einem hübschen kleinen Vermögen rechnen
konnte.
    Morse erklärte dem Großneffen
ohne Umschweife, weshalb er gekommen sei, nämlich um nachzufragen, ob der
Oberst möglicherweise irgendwelche Unterlagen oder Notizen hinterlassen hatte,
die sich auf sein Buch Mord am Oxford-Kanal bezogen. Der Großneffe
zuckte mit den Schultern, er wisse es nicht, Morse könne sich aber, wenn er
wolle, im Arbeitszimmer umsehen. Auf dem Schreibtisch dort lag noch das
getippte Manuskript. Morse blätterte es flüchtig durch und entdeckte plötzlich
einen kurzen Brief, der mit einer Büroklammer an einer der Seiten befestigt
war. Der Brief war undatiert.
     
    Unser
lieber Daniel,
     
    wir
beide hoffen, daß es Dir gutgeht in den letzten Monaten. Wir werden im
September in Derby
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